erschienen bei denkbonus
Wutrede – Der Kommunismus kann uns ebenso wenig wie der Kapitalismus davor schützen, dass gewissenlose Strolche wichtige Machtpositionen ergattern und ergaunern. Im Gegenteil. Unsere gesellschaftlichen Systeme sind geradezu darauf ausgelegt, egoistische Scheißkerle regelrecht nach oben zu pumpen, während verantwortungsbewusste und integere Persönlichkeiten auf der Strecke bleiben. Zumeist verliert der Bessere wenn der Schlechtere zuschlägt, so lautet ein altes Sprichwort aus der Skaldendichtung und es bewahrheitet sich selbst zweitausend Jahre später immer noch.
Der Mensch glaubt fest an die Segnungen der Hierarchie und weiß ohne eine solche nicht viel mit sich anzufangen. Oft genug habe ich es selbst erlebt. Egal wie wichtig und wertvoll ein Projekt auch sein mag, ohne Befehlsgeber und Befehlsempfänger wird daraus nie etwas. Alle sitzen ratlos herum, niemand fühlt sich zuständig und keiner weiß so recht, was er als nächstes tun soll. Jeder wartet darauf, dass irgendwer ihm doch bitte sagen möge, was zu tun ist. Dann ist der Rest kein Problem mehr. Auftrag erhalten, die Welt ist in Ordnung.
Bislang ist mir kein Projekt bekannt, bei dem alle auf gleicher Augenhöhe mit einander arbeiten. Wo jeder von selbst weiß, was zu tun ist und es auch tut. Ohne Anweisung keine Leistung. Wir sind es nicht anders gewohnt. Von Kindesbeinen an beugen wir uns widerwillig Anweisungen von oben, geben elterlicher Erpressung nach und werden in unseren Schulen zu lobotomisierten Gehorchzombies herantrainiert. Wir werden zugeschüttet mit belanglosem Lernmüll der uns nicht interessiert während unsere persönlichen Begabungen und Interessen in der Regel zurückzustehen haben. In endlosen Klausurmarathons speien wir den hinuntergewürgten Lernstoff dem Lehrkörper auf’s jungfräuliche Papier und sind dabei einem Prozess unterworfen, der weniger an Bildung und Erziehung als vielmehr an Boulemie erinnert.
In solch einem Klima gedeihen verständlicherweise Drückeberger und Taugenichtse, die sich in Position werfen und aus unerklärlichen Gründen wichtiger wirken als andere. Anstatt selbst zum Kehrblech zu greifen, eilen sie mit wichtiger Miene vorrüber und raunen uns im Vorbeigehen noch schnell zu: „Mach das da mal weg.“ Und Wunder über Wunder, der solchermaßen Instruierte greift tatsächlich zum Feger und widmet sich seiner neuen Herausforderung, anstatt den Kehrricht mit dem Wichtigtuer aufzuwischen. Völlig klar, dass sich der Wichtigtuer für wesentlich schlauer hält als den Trottel, der ihm seine Arbeit verrichtet. Dabei ist er selbst ein Idiot, da er nicht das ungeheuerlich Potenzial erkennt, welches durch Leute wie ihn an der Freisetzung gehindert wird. Da er nicht zu erkennen vermag, dass er dumm ist, hält er sich für klug und unentbehrlich, das ist die Kraft, die ihn antreibt und die ihn so gefährlich macht. Wenn die Sonne der Zivilisation niedrig steht, werfen selbst Zwerge einen langen Schatten.
Quelle: denkbonus