Wieso Iran sich in einen Gottesstaat verwandelte (1)

Von Nima Chehreh @IranBlogger
Teil 1 - Einleitung
Wir, Generation 80er, richteten oft unsere Zeigefinger vorwurfsvoll auf vorherige Generationen und sagten: "ihr seid schuld. Ihr seid schuld dran, dass wir so schlecht leben müssen. Ihr habt revolutioniert und unser Land in die heutige Lage gebracht".  Wir sind natürliche Produkte einer fanatischen Revolution: Wir sind ihr Gegenteil.

Iran, ein Land, in dem die Geschichte rückwerts ging: (fast) die ganze Welt befreite sich von theokratischen Systemen und wurde säkular, Iran aber ist am Ende des 20. Jahrhunderts islamisch geworden! "Wie kann es sein, dass ein Land mit einer alten Kultur so einen Weg einschlägt? Wer hat daran Schuld? Was war schief gelaufen?" Das sind Fragen, die mir nicht selten gestellt wurden.
Wie erblindend kann eine Revolution sein?
Nein, ich bin kein Anhänger der Pahlavi-Dynastie. Ja, es ist mir bewusst, dass in den Zeiten des Schah  Dichter wie Shamlou und Akavan-Sales politische Gefangene waren. Ich weiß auch, dass in der Zeit politische Gefangene gefoltert wurden. Trotzdem gab es in der Schah-Zeit mehr Freiheit als vor der Revolution. Das behaupten auch Alt-Revolutionäre wie Karroubi, Mousavi und Tajzadeh. Tajzadeh z.B. sagte vor den gefälschten Wahlen von 2009, dass vor der Islamischen Revolution der Religiöse in die Moschee gehen dufte, während der Nichtreligiöse im Weinkeller seinen Wein trinken konnte. Damit meinte er, dass es in der Schah-Zeit Freiheiten gab, die es heute nicht mehr gibt.
 Als der Schah den Iran verließ,  warf sich ein Kommandant auf seine Füße und sagte:  "Euer Majestät, gehen Sie nicht. Was ist mit uns?"
In der Schah-Zeit ging es der Mehrheit der Bevölkerung wirtschaftlich besser als heute. Der iranische Pass war etwas wert, wie Mousavi in seinem Wahlduell im iranischen Fernsehen mutig erwähnte (ja, dazu gehört im heutigen Iran Mut)! Es gab damals keine illegale Musik. Ja, es gab Bücher, die verboten waren, und das ist definitiv nicht gut.
Ich glaube nicht an Engel und Monster. Oft werden aber historische oder politische Personen als Engel oder Monster dargestellt. Damit habe ich ein Problem, weil diese Art von Schwarz-Weiß-Malerei einer sinnvollen Auseinandersetzung mit der Geschichte und Gegenwart im Wege steht.
Es geht mir darum, dass man im Jahr 1979 die Situation des Landes nicht verschlechtern musste, weil es Probleme gab. Und es war sogar möglich eine Demokratie im Iran zu gestalten. Eine Demokratie wie in Frankreich [1]. Dumm nur, dass Irans Intellektuelle die Geschichte des eigenen Landes nicht kannten oder ignorierten und die Fehler der Konstitutionellen Revolution, aber auch andere historische Geschehnisse der zeitgenössischen Geschichte des Irans wiederholten.
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Wir, die erste Generation, geboren nach der Revolution 1979, waren anti-revolutionär.
Wir waren der Meinung, dass eine Revolution die Situation eines Landes schlimmer machen kann.
Wir glaubten, dass Reformen die einzig richtige Lösung für unser Land sein könnten.
Im Jahr 2009 aber ...
Viele von uns glauben noch heute daran, viele nicht mehr.
Wundert es Sie, dass viele Iraner das Wort "Revolution" bewusst vermeiden wollen und statt dessen von "Grüner Bewegung" sprechen? Man liest, unser Land habe eine Revolutionsdichte von 30 pro 100 Jahren. Stolz sind wir aber nicht darauf.
Schapur Bakhtiar
In den nächsten Wochen werde ich über die verschiedene Gründe schreiben, warum Iran sich in einen Gottesstaat verwandelte. Wir werden sehen, wie Iraner eine historische Chance, namens Schapur Bakhtiar, verpasst haben. Und dieser Name, Bakhtiar, wird in allen Teilen vorkommen. [2]
Fußnoten
[1] Ajatollah Chomeini behauptete während seines Exils in Paris, dass seine erwünschte Republik eine Republik wie Frankreich sei. Jeder weiß heute, dass er damals log.
[2] Ich kenne keinen einzigen iranischen Aktivisten oder nicht-staatlichen Experten, der diese Aussage gänzlich bestreitet, nicht einmal seine früheren Gegner. ******************************************* Bitte benutzen Sie dieses Feed, um dustandtrash zu verfolgen.
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