Die Börsen von Frankfurt und New York haben es vorgemacht, unsentimental, zweckdienlich, sauber. Eine Fusion zweier sehr unterschiedlicher Partner kann beide stärken, CDU-Politiker sprechen in diesem Zusammenhang stets von einer "Win-Win"-Situation. Die hat Deutschland dringend nötig, seit im Sommer vergangenen Jahres herausgefunden wurde, dass das Land im Begriff ist, sich "abzuschaffen" (Thilo Sarrazin). Nur noch wenig Zeit verbleibt, das Ruder herumzureißen, Geburtenraten steil steigen zu lassen, die Abwanderung zu stoppen, der Überalterung Einhalt zu gebieten.
Eine einmalige Gelegenheit sieht ein überparteilich agierender Arbeitskreis aus Politikern und unabhängigen Landtagskandidaten der früheren DDR-Bürgerrechtsbewegungen jetzt im tunesischen Aufstand. Der hatte binnen Wochen ein korruptes Regime hinweggefegt, wie der Mauerfall in der DDR des Jahres 1989 aber unmittelbar danach dazu geführt, dass junge Menschen massenhaft auf die Flucht vor der bevorstehenden Demokratie gingen. Damit sei niemandem geholfen, weder den ehemaligen Puniern noch den Deutschen, beklagt Ralph Haberstroh (Foto rechts), der als Hinterbänkler oft im Deutschen Bundestag sitzt.
Statt zu jammern, sei es Zeit, die Bedrohung als Chance zu begreifen, formuliert der 42-Jährige in einem 33-seitigen Thesenpapier, das er gemeinsam mit dem tunesischen Studentenführer Ali Kamal verfasst hat. "Nordafrika reicht uns hier einen rettungsring", ist er überzeugt. Die Probleme Tunesiens seien komplementär zu denen Deutschlands, heißt es dort, hier habe man es mit einer schleichenden Überalterung zu tun, dort hingegen mit einer sogenannten "Youth Bulge" (Gunnar Heihnson), also einem Überschießen der jugendlichen Bevölkerung, das zu Perpektivlosigkeit und gesellschaftlicher Unruhe führe.
Das Rezept der beiden multilateralen Initiatoren, die von einem Kreis internationaler Denker unterstützt werden, sieht nun vor, die Schwäche des einen Staates durch die Schwäche des anderen auszugleichen: So, wie es Helmut Kohl 1990 mit der DDR getan habe, als er 16 Millionen Ostdeutschen im Tausch gegen ihre Kaufkraft und Konsumwilligkeit gestattete, am Aufbau der entwickelten kapitalistischen Gesellschaft teilzunehmen. "Tunesien hat zehn Millionen Einwohner, das ist ein kleiner Brocken", sagt Haberstroh, dem ein Beitritt des Landes, das 1943 bereits einmal kurzzeitig in deutscher Hand war, nach Paragraph 23 Grundgesetz vorschwebt. Der sei zwar zur Zeit im Grundgesetz nicht mehr enthalten, könne aber jederzeit wieder hineingeschrieben werden.
Da beinahe jeder Tunesier irgendwo in seinem Stammbaum einen der im 5. Jahrhundert aus Germanien gekommenen Vandalen aufweisen könne, sei die dortige Wohnbevölkerung ohnehin deutscher Abstammung im Sinne des Grundgesetzes, wie es für Eisläufer, Fußballspieler und Boxer gelte. Zwar seien die Tunesier dennoch überwiegend muslimen Glaubens, doch auch die Ostdeutschen hätten sich am Ende mit ihrem atheistischen und evangelischen Brauchtum recht gut ins größere Deutschland intergriert. "Ich sehe nicht, warum ein Bundesland Punien das nicht auch schaffen soll." Da die meisten Tunesier aber auch nach der erneuten Wiedervereinigung in Nordaufrika wohnhaft bleiben würden, so wie die Sachsen nach dem Ende der DDR zumeist in Sachsen geblieben seien, profitiere Deutschland auf jeden Fall. Deutschland bekomme endlich freien Zugang zum Mittelmeer, die tunesischen Wüstengebiete könnten zur Aufstellung gigantischer Solarparks genutzt werden und mit den Ruinen von Karthago (Bild oben)sei ein guter Ersatz für den weggefallenen Welterbetitel Dresdens gefunden.
Demografisch ist die Idee ohnehin bestechend. Das neue Überseegebiet hat erst 2005 die Schwelle von 10 Millionen Einwohnern überschritten und seine Bevölkerung damit seit Beginn der 1970er Jahre verdoppelt. "Das passt", freut sich Ali Kamal, "denn gerade in dem Bereich hat Deutschland ja arge Probleme."
Verwaltungstechnisch könne das neue Bundesland wie alle anderen mit voller Autonomie vor allem in der Bildungspolitik rechnen. Der Bund übernehme die Verteidigung und in Teilen die Kosten für Hortbetreuung. Als Landesvater komme bis zu einer Wahl, die parallel zu den nächsten Landtagswahlen in Hessen stattfinden könnten, Interimspräsident Fouad Mebazaâ infrage. Mebazaâ habe in Paris studiert, das Zahlen mit dem Euro sei für ihn nicht neu. "Ich bin fest überzeugt", sagt Ralph Haberstroh, dass wir gemeinsam Geschichte schreiben können."
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