Als Reaktion auf das Kontroll-Comeback verlangt Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) jetzt einen Urlaubs-Boykott. "Wenn Deutschland zur Urlaubszeit wieder Grenzkontrollen einführt, kann ich nur dazu raten, auf der Stelle umzudrehen und lieber in Österreich oder Polen Urlaub zu machen", sagte der stellvertretende hessische Ministerpräsident. Innenminister Hans-Peter Friedrich sagte, das Kabinett sei von dem Schritt der Bundesregierung überrascht worden.
Auch die Opposition ist erzürnt. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sprach von einem „schweren Schlag für Europa“. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warnte davor, „die Axt an die Reisefreiheit“ zu legen. Die Grünen appellierten an die EU, das deutsche Vorgehen nicht zu dulden. Deutschland und Frankreich verstießen mit ihren Plänen eklatant gegen die gemeinsamen europäischen Werte. An Grenzübergängen ohne Schlagbäume spürten die Menschen ganz konkret, dass Europa zusammenwachse, erklärte Künast. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wertete den Schritt von Deutschland und Frankreich als Beispiel dafür, wie fragil Regelungen und Grundüberzeugungen in der EU sein könnten. Es sei daher wichtig, eine Debatte zu führen, welche Bedeutung Reisefreiheit und offene Grenzen hätten, sagte die FDP-Politikerin im Deutschlandfunk.
Auch die EU-Kommission und die Bundesregierung hatten die Pläne kritisiert. Falls Deutschland weiter an seinem Vorhaben der Wiederaufnahme von Grenzkontrollen festhalten sollte, fordert der langjährige Europaparlamentarier Elmar Brok, dass die Europäische Kommission eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof anstrebt. Auch andere Kritiker sehen in den Plänen eine potentielle Gefährdung der Reisefreiheit innerhalb der Europäischen Union und verlangen die strikte Einhaltung des Schengener Unionsvertrages. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte, die Kontrollen könnten "zu einem Menetekel für die Freiheit in Europa werden". Schleswig-Holsteins scheidender Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sagte: "Wir wollen offene Grenzen und nicht geschlossene. Wir wollen mehr Personenverkehr und mehr Wirtschaftsverkehr."
Die Bundesregierung versichert derweil, dass sie sich an den Vertrag halten werde. Normale Reisende, darunter nicht zuletzt Urlauber, würden von den Kontrollen nicht behindert. Betroffen seien ausschließlich Kriminelle und Gewalttäter, die man an Hauttonus, Fanschal oder Quarzsandhandschuhen erkenne. An den Grenzübergängen werden zusätzliche Zollbeamte zunächst stichprobenartig Kontrollen zur Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität vornehmen. Später sind die Verdoppelung der Zöllnerstellen sowie elektronische Überwachungsanlagen und neue Zollgebäude geplant. Es habe aber niemand die Absicht, eine Mauer zu errichten, hieß es im politischen Berlin.