Wieder nur schreiben lassen

Er kann es einfach nicht lassen. Nachdem der Freiherr aus dem Amt schied, über den Atlantik machte, kündigte er noch an, er wolle sich nun an einem Buch üben. Die Vakanz von der Politik würde er nutzvoll verwerten, um ein Buch schreiben. Polemiker fragten daraufhin: selbst schreiben oder selbst denjenigen bezahlen, der ein Buch für ihn fertigstellt? Einige Monate ist das nun her und siehe da: sein Buchprojekt entblößt sich als ein lahmes Interview, das man zwischen zwei Buchdeckel band - und er hat sich nicht mal selbst interviewt, sondern sich einen erzkonservativen Journalisten engagiert. Seine damalige Ankündigung, abermals ein Betrug - er wird wohl nimmermehr selbst den Füller schwingen...

So übt sich das gegenwärtig "größte politische Talent" dieses Landes im Comeback. Und der Klappentext "seines" Buches prägt dieselben leeren Worthülsen, die auch er einst fabrizierte. Schon alleine die Aussage, der Freiherr sei das "größte politische Talent": was will man damit eigentlich aussagen? Was hat er geleistet? Eloquent eingeschläfert - feiner Zwirn, teure Brille - penibel gebundener Windsorknoten. Reicht das aus, um das "größte politische Talent" zu sein? Über den "schlechten Zustand der deutschen Politik" spricht er auch, verspricht der Klappentext. Als ob er der Erlöser aus diesen Zuständen wäre. Ausgerechnet einer, der in allen seinen politischen Positionen für Skandale und Affären gesorgt hat.

Der Windsorknoten bleibt erstmal im Schrank hängen, denn der Freiherr stiert im offenen Hemdskragen von der Klappe. Er stiert wie eine Mischung aus einem gealterten Markus Lanz und einem urplötzlich seriös mimenden Lothar Matthäus von "seinem" Buch. Er stiert visionär vor sich hin, wie einer, der mitteilen möchte, dass er zukünftig noch etwas vor hat. Ohne Krawatte, mit aufgeknöpften Kragen, will sagen: Anpacker, Macher, kein Schnösel, einer von euch. Die Bildsprache des Freiherrn gibt Auskunft über seine Absichten. Der Titel ja auch, denn der Herr ist nur "vorerst gescheitert" - erstmal habe er den Kürzeren gezogen, später sieht es wieder anders aus. Der Klappentext spricht über die "Voraussetzungen für die Rückkehr eines immer noch enorm populären Politikers" - die sollen nun mit dem Buch geschaffen sein, welches der erzkonservative Journalist dem adligen Herrn geformt hat.

Als Minister eine leere Worthülse, ein Sprücheklopfer. Als er sich aus den Affären stahl, als seine Bundeswehrreform als unzureichend entblößt wurde - dann natürlich, als er seinen Doktor in Auftrag gab. Selbst sein politischer Abgang, als er uneinsichtig wich und großkotzig ein Buch in Aussicht stellte, welches nun mit diesem windigen Stück aufgeblasenen Interviews abgegolten sein soll. Ein zuweilen blendend aussehender, Menschen blendender Maulheld letztlich - das ist es, was er kann. Ist es das, was einen zum "größten politischen Talent" macht? Und schreiben läßt er - in seinen Kreisen schreibt man nicht mehr selbst, man hat Gesinde. Ghostwriter und willfährige Journalisten. Journalisten wie Lorenzo, der Guttenberg nicht zurückgetreten sehen wollte, als die Bandbreite des Beschisses schon auf dem Tisch war. Oder er läßt Biographien schreiben von seiner adligen Sippschaft, verkündet dabei, er sei nicht angetan von der Biographie, öffnet aber der Autorin, Anna von Bayern (ist das ein Nachname oder der rudimentäre Versuch einer Anschrift?), sein privates Fotoarchiv. Selbstinszenierung - die Arbeit sollen andere machen.

Dass er eine neue Partei gründet, hat er nie versprochen. Andere haben sich das von ihm versprochen. Alleine diese Gefahr dürfte nicht bestehen. Er gründete keine - wenn überhaupt, dann würde er gründen lassen. Sein Gesicht böte er an. So hat er es immer gemacht. Verwaltungsbeamte erledigten das Tagesgeschäft in den Ministerien - Guttenberg gab sein Gesicht; beim aktuellen Buch: er spendierte sein Gesicht, zum Selberschreiben hatte er keine Lust; seine Doktorarbeit zierte auch nur sein Gesicht. Wenn aber Affären aufkeimten, dann entzog er sein Gesicht ganz schnell wieder. Schließlich wollte er sein Gesicht wahren. Dieser Kostgänger ist keine Gefahr - er macht ärgerlich und seine Dreistigkeit macht stutzig; ebenfalls seine Jünger und deren publizistische Hurerei. Aber ansonsten kein Grund zur Sorge - Guttenberg bringt alleine nichts fertig.


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