Manchmal heißt es, eine “wichtige Geschichte” sei automatisch auch ein großartiger Film. Nunja. Hidden Figures von Regisseur Theodore Melfi ist kein schlechter Film, es fehlt ihm aber auch an der nötigen Größe um zu beeindrucken. Ähnlich erging es bereits Melfis letztem Werk St. Vincent. Der Regisseur möchte bewegende und tolle Stories verbreiten, findet aber nicht die emotionale Ebene, mit der er seine Geschichten in das Langzeitgedächtnis brennen könnte.
Basierend auf dem gleichnamigen nicht-fiktionalen Buch von Autorin Margot Lee Shetterly erzählt Hidden Figures die wahre Geschichte eines Teams von afro-amerikanischen Frauen, die ein NASA-Team mit wichtigen mathematischen Daten versorgte, um erfolgreich die erste bemannte Weltraummission der USA zu starten, nachdem das Rennen gegen die Sowjetunion schon verloren schien.
Ja, am Ende ist doch irgendwie alles wunderbar sentimental. Da Wirken die Talente der Darstellerinnen Taraji P. Henson (als Katherine G. Johnson), Octavia Spencer (als Dorothy Vaughan) und Janelle Monáe (als Mary Jackson) mit den schönen Bildern, der freudigen Stimmung, der unterlegten Musik zusammen. Da freut man sich als Zuschauer, dass irgendwie alles gut gegangen zu sein scheint – und wundert sich vielleicht zeitgleich darüber, weshalb Afro-Amerikaner immer noch um Gleichberechtigung kämpfen müssen.
Aber nur weil die letzten zehn Minuten des Films Gefühle heraufbeschwören, macht dass die übrigen 120 Minuten nicht so emotional, wie man es sich für eine solche Story gewünscht hätte.
Hidden Figures
" data-orig-size="1000,668" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Taraji P. Henson (als Katherine G. Johnson, mitte), Octavia Spencer (als Dorothy Vaughan, rechts) und Janelle Monáe (als Mary Jackson, links) in „Hidden Figures“
Die Rede ist natürlich nicht von Schmalz, Theatralik oder ähnlichem. Es geht darum zu zeigen, wie sehr diese Frauen oder Afro-Amerikaner allgemein benachteiligt wurden. Dann aber wird heitere Musik eingespielt, während sich Taraji P. Henson als Katherine G. Johnson auf der Suche nach einer Toilette befindet, auf die sie gehen darf, da strikte Hautfarben-Trennung herrscht. Das wirkt allerdings unnötig amüsant.
Der Film verheimlicht auch gar nicht, dass hier versucht wird, Lockerheit vorzutäuschen. Als müssten wir erst über eine solche Ungerechtigkeit lachen, um dann bei einem lautstarken Trauer-Wut-Anfall der Darstellerin darauf gebracht zu werden, dass das nicht richtig ist. Man wünscht sich, uns würde etwas mehr Intelligenz zugetraut werden.
Es hätte gänzlich ausgereicht, viel öfters die Reaktionen von weißen, privilegierten Männern zu zeigen, wenn eine dieser drei Hauptfiguren in Räume und Bereiche eindringt, wo sie eigentlich nichts zu suchen hätten. Wenn sie zeigen dass sie mutig sind, schlau sind, dass sie dieselben Dinge vollbringen können, wie diejenigen, die ihnen wenig bis nichts zutrauen.
Das sind die Momente mit denen Hidden Figures punkten kann. Wenn schwarze Frau dort ist, wo weißer Mann sie nicht erwartet hätte.
Hidden Figures
" data-orig-size="1000,668" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Kevin Costner als Al Harrison in „Hidden Figures“
Und hier nimmt Kevin Costner eine tragende und wundervolle Rolle ein. Er spielt mit Al Harrison den Kopf der Arbeitsgruppe, die einen Mann ins All befördern soll. Er ist es, der hier die Konventionen brechen darf: “Bei der NASA haben wir alle dieselbe Hautfarbe”. An seiner Figur merkt man, dass es – zumindest im Film – schon Menschen gibt, die keine Gedanken an die lächerlichen gesellschaftlichen Normen verschwenden wollen.
Das spielt Costner köstlich amüsant. Aber auch hier kommt niemals die Ernsthaftigkeit auf, die Hidden Figures benötigt hätte, um tatsächlich ein “wichtiger Film” zu werden.
So bleibt es leider eine schnell vergessene Anekdote im Film-Kosmos, die nur ein kurzweiliges Mitgefühl für diese drei Damen hervorruft, die von ihren Mitmenschen wie Aliens betrachtet werden, während sie den Erdlingen dabei helfen, den ersten Menschen ins All zu schießen.