Erste Frage: Stell dir vor, du bist überzeugter ______ (Evangelikaler, Pfingstler, Vegetarier, ÖV-Benutzer, Pro-Liver, Pro-Choicer, usw. usf.). Wie würdest du dir wünschen, dass sich die Umwelt über deine Überzeugungen informiert? Doch wohl am liebsten so, dass man sich mit dir oder einem Gleichgesinnten unterhält, aufmerksam und möglichst vorurteilslos zuhört mit der echten Bereitschaft, deine Überzeugung wirklich von innen heraus zu verstehen.
Das Schlimmste wäre anderseits, sich bei einer Person zu erkundigen, die früher deine Überzeugung geteilt hat, sich dann aber bewusst dagegen entschieden hat. Wie objektiv kann eine solche Person noch über ______ Auskunft geben? Gut möglich, dass beim Abschied von der vorgängigen Überzeugung die Späne flogen und (von beiden Seiten?) wenig ruhmreiche Äusserungen zu hören waren. Die Person wurde verletzt – vor, während oder nach dem Austritt –, und ebendiese Verletzung macht es schwierig, in gewünschter Objektivität zu erzählen.
Nun sollte man keinem andern tun, was man selber nicht erdulden möchte.
Zweite Frage: Weshalb wird gerade in frommen Kreisen (zu denen ich mich auch zähle), den Ex-Muslimen so viel Gewicht gegeben, wenn man sich über den Islam informieren will?
Ich meine, man sollte Äusserungen von Ex-______ mit Vorsicht geniessen. Ich meine nicht, solche Äusserungen seien irrelevant. Ich will auch die Situation und die Biographie von diesen Menschen nicht bagatellisieren. Und schliesslich geht es mir hier auch nicht um eine inhaltliche Beurteilung eines solchen Entscheids weg von Islam. Aber ich will darauf hinweisen, dass – ganz allgemein – ein ehemaliger Insider eine ganz besondere Perspektive hat, die sich gerade nicht durch besondere Objektivität auszeichnen dürfte. Die Personen, die in der fraglichen Position (eben: ______) verbleiben, dürften sich durch die Schilderungen des ehemaligen Insiders jedenfalls nicht besonders gut repräsentiert fühlen.
Genau wie du und ich auch, wenn es um unsere Überzeugungen geht.