Wie weit haben wir uns eigentlich wirklich von der Natur entfernt? #6

Als ich vor mittlerweile gut einem Jahr mit meinen Kindern am Meer entlang geschlendert bin, haben wir bei jedem Spaziergang die herumliegenden Plastikteile aufgehoben bzw. aus dem Meer gefischt.

Wie weit haben wir uns eigentlich wirklich von der Natur entfernt? #6

nur ein Handgriff und zumindest dieses Teil schwimmt nicht mehr im Meer

Wie war das damals?

Dadurch kam das Gespräch natürlich automatisch auf die Verpackungsproblematik und sie haben mich gefragt, wie das in meiner Kindheit war. Wie damals die Lebensmittel verpackt waren. Ich habe versucht mich daran zu erinnern, was der größte Unterschied zu heute ist.

Wie weit haben wir uns eigentlich wirklich von der Natur entfernt? #6

bei jedem Spaziergang haben wir allerlei Plastik gefunden

Lebensmittel sind zur Industrieware geworden

Nach einigem Nachdenken bin ich auf den Punkt gekommen, dass es damals kaum convenience food gab. Keinen Salat in Plastik verpackt, auch Obst und Gemüse wurden lose angeboten. Fleisch und Wurst konnte man nicht vorgepackt in Plastik erwerben. Es war in jedem Geschäft möglich, seine Dose mitzubringen um die Waren darin selbst zu verpacken. Milchprodukte wurden häufig in Glas abgefüllt angeboten.

So gut wie jeder, der einkaufen ging, hatte eine eigene Einkaufstasche mit. Man fuhr ja auch nicht mit dem Auto in ein Einkaufszentrum, sondern ging zu Fuß oder fuhr mit dem Fahrrad zum Greißler an der Ecke, den es zu der Zeit tatsächlich noch gab.

Keine großen Supermarktketten, die es an jedem Ort gibt, sondern nette kleine Geschäfte, wo der Besitzer meist selbst an der Kasse saß.

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das Angebot an Tiefkühlware ist riesengroß

selber machen gegen Müll

Es wurde viel mehr selbst gekocht und gebacken. Fertigprodukte waren die Ausnahme, es gab meist nur eine kleine Tiefkühltruhe aber keine ganze Wand voll mit Tiefkühlschränken im Supermarkt.

Im Sommer war Einkochzeit, fast jeder hat eingekocht um Obst und Gemüse für den Winter haltbar zu machen.

Im Lebensmittelgeschäft gab es keine elendslangen Regale voll mit verschiedenen Marmeladen, da fast jeder das Obst selbst eingekocht hat.

Der Sonntagskuchen wurde selbst gebacken, dass wir eine Konditorei besucht haben, war die Ausnahme.

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nun landet es doch da, wo es hin gehört

Lebensmittel sind kostbar

Zwei Mal pro Woche war Markttag. Es gab Obst und Gemüse zu verschiedenen Preisen zu kaufen. Je nachdem ob man erste oder zweite Wahl wollte, war der Preis ein anderer. Ich habe vor kurzem mit einem Bauern gesprochen, der seine Waren am Markt anbietet, warum das nicht mehr gemacht wird. Er hat gesagt, dass keiner mehr zweite Wahl kauft, auch wenn er mit dem Preis runter geht.

Das konnte ich gar nicht glauben, denn die Sachen sind ja nicht schlecht, nur meist ein bisschen größer oder kleiner als die Norm.

Ich habe den Eindruck, dass Nahrungsmittel damals mehr geschätzt wurden. Die Menschen sind achtsamer mit den Lebensmitteln umgegangen, es wurde alles verwendet und selten etwas weg geworfen.

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am Bauernmarkt werden Obst und Gemüse noch heute lose angeboten

frisches Gemüse ist schmutzig

Wenn man Kartoffeln gekauft hat, dann waren sie erdig. So wie sie eben aus der Erde heraus kommen, sie wurden nicht sorgfältig gewaschen und in Plastiksäcke verpackt.

Es war selbstverständlich, dass man „schmutziges“ Gemüse kauft, denn die Kartoffeln halten ja viel länger, wenn sie nicht gewaschen werden! Man hat sie lose gekauft und die Menge, die man benötigt hat, in den Papiersack gefüllt. Darin haben sie auch gut gehalten, weil der Papiersack dunkel ist und Feuchtigkeit ausgleicht.

Auf dem Salat war meist noch etwas Erde, denn schließlich wird der Salat auf Erde gezogen. Aber das ist auch nicht schlimm, denn man wäscht ihn ja ohnedies.

Heute ist jedes Obst und Gemüse klinisch rein, auf Nährlösung gezogen, in Plastik verpackt und hat ein Mindesthaltbarkeitsdatum aufgedruckt bekommen. Beides trägt zur Lebensmittelverschwendung bei. Die Verpackung in Plastik lässt das Gemüse nicht mehr atmen und nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum darf das Lebensmittel nicht mehr verkauft werden.

Mir fehlen beinahe die Worte, wie schrecklich ich das finde!

die to-go-Kultur

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es in meiner Jugend Fastfood im heute üblichen Sinn gab. Würstelbuden gab es natürlich schon, aber keinen Burger, keine Nudelbox und kein Kebap.

Mit 14 Jahren habe ich das erste Mal in Graz eine Fastfood-Kette betreten, dabei habe ich in der zweitgrößten Stadt der Steiermark gelebt. Kaffee wurde im Kaffeehaus getrunken, niemand ist mit einem Plastikbecher in der Hand durch die Gegend gelaufen.

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bunte Ernte aus dem Garten

von der Vielfalt zum Einheitsbrei

Am Markt gab es früher ganz viele verschiedene Sorten von Tomaten, von Kartoffeln und anderem Gemüse. Alles hat ein wenig anders ausgesehen und auch anders geschmeckt.

Wenn man Lust auf Kartoffeln hatte, kam danach die Frage nach der Art der Kartoffeln.

Gemüse wurde auch nur dann angeboten, wenn es gerade Saison hatte. Und ganz ehrlich – die ersten jungen Kartoffeln haben himmlisch geschmeckt! Denn irgendwann waren die Kartoffeln zu Ende, die im Vorjahr geerntet worden sind.

Kein Import aus Israel, damit es bereits Anfang April heurige Kartoffeln gibt, die eine ganz katastrophale Öko-Bilanz haben. Weil sie in einem Land wachsen, wo sie gegossen werden müssen, da es so heiß und trocken ist, dass sie sonst nicht wachsen würden. Und dann werden sie mit dem Flugzeug zu uns geflogen.

Tomaten gibt es das ganze Jahr. Sie sehen auch immer gleich aus und man schmeckt kaum einen Unterschied.

Ich weiß jedoch auch, wie die Tomaten schmecken, die im Garten selbst gezogen werden. Deshalb esse ich im Winter keine Tomaten sondern warte darauf, dass sie wieder bei uns reif werden. Unsere Tomaten sehen anders aus als die im Geschäft. Sie schmecken auch anders.

Das gleich gilt fürs Brot. Früher hatte jeder Bäcker seine Spezialitäten und jedes Brot war ein wenig anders. Heute gibt es auch beim Brot einen Einheitsbrei. Die Teiglinge werden oft in China gefertigt, danach eingefroren und um die halbe Welt transportiert. Ein Brot, ein Weckerl gleicht dem anderen. Vor einem halben Tag gebacken ist es schon alt und schmeckt nicht mehr. Jeden Abend landen Unmengen von Brot im Abfall. In Wien so viel, wie in Graz an einem Tag verbraucht werden.

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unser selbst gebackenes Frühstücksbrot

ich rufe zum Boykott auf

Letzten Winter habe ich sogar Chinakohl geschnitten und in Plastik verpackt gesehen. Dass verschiedenes Obst geschält, geschnitten und in Plastik verpackt wird, ist ja schon beinahe üblich geworden.

All das wirft immer wieder in mir die Frage auf „Wie weit haben wir uns eigentlich wirklich von der Natur entfernt?“, das kann es ja nun wirklich nicht sein!

Meine Bitte an Dich ist daher – kauf Dein Obst und Gemüse unverpackt. Koche Deine Nahrung selbst. Wasche selbst Dein Gemüse und zerteile es in kleine Stücke, die Du danach zu einem fantastischen Gericht verkochst.

Nimm Dir die Zeit, Deinen Kaffee im Sitzen zu trinken.

In Wirklichkeit geht es nicht darum, den Plastikbecher vom Coffee-to-go durch einen Nicht-Wegwerfbecher zu ersetzen, sondern zu hinterfragen, ob wir wirklich nicht mehr die Zeit haben, uns hinzusetzen um etwas zu trinken?

Haben wir wirklich nicht mehr die Zeit unseren Salat selbst zu waschen und zu zerteilen? Wohin haben wir uns nur entwickelt?

Wie konnten wir uns unsere Ernährung so aus der Hand nehmen lassen?


Wie weit haben wir uns eigentlich wirklich von der Natur entfernt? #6einfach.nachhaltig.besser.leben [#EiNaB]

Meinen heutigen Beitrag schicke ich zur Blogparade einfach.nachhaltig.besser.leben.
Hier geht es zur aktuellen Linkparty.

Weiters verlinkt zu ANL von Rostrose.


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