Wie viel Auflösung brauche ich?

Kirche_D810

Das Motiv meines Vergleichstests – die weiter unten folgenden Abbildungen sind Ausschnitte aus dem Zentrum dieser Ansicht

Letzte Woche ließ ich in einer kleinen Testserie eine Olympus OM-D E-M1 gegen eine Nikon D810 antreten und schrieb darüber diesen Artikel. Dabei ging es mir nicht um die Frage welches die bessere Kamera ist. Nach meiner Überzeugung gibt es keine besseren und schlechteren Kameras. Stärken und Schwächen finden sich überall und was für den einzelnen Fotografen die beste Kamera ist hängt von den Motiven und seinen Vorlieben ab.

Dass die Nikon D810 den leistungsfähigeren Sensor enthält als die Olympus OM-D stelle ich nicht in Frage – im Labor dürfte seine Abbildungsqualität die D810 tatsächlich zur derzeit besten Kamera machen (für mich ist eine Kamera allerdings mehr als die Summe ihrer Teile und deshalb werte ich sie nicht allein anhand der Testergebnisse ihres Sensors).

Was mich wirklich interessierte war die Frage wie viel Mehrwert eine hohe Auflösung wie 36 Megapixel gegenüber einer moderaten von 16 Megapixel liefert.

Dass 36 Megapixel theoretisch mehr bringen ist logisch. Dass sie das in der Praxis auch tun steht ebenfalls außer Frage – sämtliche Labortests sprechen dafür. Nur, was bedeutet es für die Praxis wenn dxomark.com meine beste Linse unter optimalen Bedingungen mit 27 bewertet und ein Carl Zeiss Distagon T* Otus an einer D810 mit 48? Ist dieses Objektiv beinahe doppelt so gut? Und was bedeutet doppelt so gut? Doppelt von was? Was bedeutet es wenn ich in einem Magazin lese, dass ein bestimmter Sensor 3500 Linien abzubilden in der Lage ist, der andere 3800?

Ich meine: Was bedeutet das alles für meine fotografische Praxis?

Ich wollte selbst überprüfen wie viel mehr Details sich mit einer Kleinbildkamera mit 36 Megapixeln gegenüber meinen 16-MP-OM-Ds aufzeichnen und vor allem wiedergeben lassen. Beim interessantesten Test setzte ich an der OM-D E-M1 ein M.Zuiko 17mm ƒ1.8 – in dieser Kombination von dxomark.com mit 22 bewertet – ein, an der D810 ein Sigma 35mm ƒ1.8 – dxomark.com Wertung 42 – ein.

Kaum ein Objektiv (für Kleinbild und darunter) ist in der Lage eine Auflösung von 36 Megapixel mit voller Detailschärfe zu bedienen – in der sogenannten 100-%-Ansicht am Bildschirm wirken feine Details immer ein Bisschen schwammig. Mein Test sollte mir zeigen ob die Resultate dennoch deutlich besser ausfallen, als wenn mit mittlerer Auflösung aufgenommen und dann via Bildbearbeitung zur hohen Auflösung hoch interpoliert wird.

Es zeigte sich, dass die D810 mit dem exzellenten Sigma 35mm ƒ1.4 tatsächlich erkennbar mehr Details liefert als meine OM-D. Allerdings wirklich nicht mehr als erkennbar!

Zunächst einmal konnte ich zwischen nativer D810-Abbildung und hochinterpolierter OM-D-Abbildung überhaupt keinen Unterschied sehen – erst in der Vergrößerung wurde offensichtlich, dass die D810 die Details doch eindeutig präziser aufgenommen hatte, als es durch Interpolation möglich war – die entsprechenden Bilder sind im bereits erwähnten Artikel zu sehen.

Dass ich die Unterschiede in Photoshop an meinem hochauflösenden Retina-MacBook (220ppi) nicht erkennen konnte, im Browser aber schon (simuliert ca. 100ppi) legte nahe, dass ich noch einen Drucktest (300ppi) würde machen müssen. Diesen Test habe ich nun heute nachgeholt.

D810-35mm-Digitalbild_klein D810-35mm-Druck_klein

OM-D-17mm-Digitalbild_klein OM-D-17mm-Druck_klein

Oben links: 100-%-Ausschnitt aus dem Original der D810; oben rechts: 1:1-Scan eines 300-ppi-Ausdrucks des D810-Bildes; unten links: 100-%-Ausschnitt der von 16MP auf 36MP hoch interpolierten OM-D-Aufnahme; unten links: 1:1-Scan eines Prints der OM-D-Aufnahme.

Die Vergleiche zeigen, dass die D810 den Vorteil der hohen Auflösung auch ins Ziel bringt – auf das Druckpapier. Doch die Abbildungen hier täuschen – einmal mehr betrachten wir Vergrößerungen. Zwar erkenne ich auch beim Vergleich der ausgedruckten Bilder auf Fotopapier einen Unterschied zwischen der D810- und der OM-D-Aufnahme, aber dazu muss ich schon sehr genau hinsehen und mit der Nase nahe zum Papier – aus normalem Betrachtungsabstand ist der Unterschied praktisch nicht mehr relevant.

Was also bringen die hohen Auflösungen für die Praxis: Ich würde sagen bei Ausdrucken bis A3 (42cm × 29,7cm) zunächst einmal gar nichts – bei 300ppi genügen dafür 18 Megapixel, auch 16MP dürfte kaum zu einem relevant schlechteren Ergebnis führen. Die 36 Megapixel einer D810 bieten jedoch Reserven um bei 300ppi auf 60cm × 40cm zu kommen – das ist etwa A2.

Die Frage die ich mir stellen muss ist: Wie häufig kommt es vor, dass ich Poster mit Formaten über A3 drucke? Wenn das oft der Fall ist sind hochauflösende Kameras sinnvoll und gerechtfertigt.

Wenn ich allerdings selten oder praktisch nie so große Prints erstelle hat eine hochauflösende Kamera eigentlich nur Nachteile: Objektive die die erforderliche Schärfeleistung bringen kosten gerne einmal das Doppelte von Linsen die für geringere Auflösungen ausreichen, es müssen dramatisch kürzere Verschlusszeiten eingehalten werden und das verlangt in der Regel den Einsatz von Stativen oder Blitzen, Speichermedien füllen sich dramatisch schneller und die Hard- und Software zur Bildentwicklung ist bedeutend stärker gefordert …

Als Fotograf der über die Sinnhaftigkeit von Auflösung (und Ausrüstung) nachdenkt muss ich mich fragen: Wie viel Auflösung brauche ich? So viel für meine Anforderungen notwendig ist? Oder so viel ich haben kann?


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