Wie tickt der wachsende Markt für Energieeffizienz?

Von Energystar @energynet

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Gute Beleuchtung ist nur einer von vielen Bereichen auf dem Markt für Energieffizienz, Foto: pixabay/ Pexels

Unternehmen auf dem Markt für Energieeffizienz-Produkte und Anwendungen können sich über steigende Umsätze freuen. Und das trotz der derzeit niedrigen Energiepreise. Der Hauptgrund für diese Entwicklung sind die politischen Rahmenbedingungen, wie die fünfte Ausgabe des DENEFF Branchenmonitors Energieeffizienz ermittelt hat. Dieser Branchenmonitor ist das Ergebnis einer Unternehmensbefragung der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Die zahlenmäßige Entwicklung auf dem Markt für Energieeffizienz ist nicht alles. Daher habe ich die Auswertung um ein Interview ergänzt für Einblicke in die Branche.

DENEFF Branchenmonitor Energieeffizienz 2017

Ein paar Zahlen/ Daten aus dem DENEFF Branchenmonitor Energieeffizienz 2017 (pdf-Download):

  • Unternehmen der Energieeffizienz-Branche haben in 2016 einen Umsatz von 143 Milliarden Euro erwirtschaftet, ein plus von 5,9% gegenüber 2015.
  • 600.000 Beschäftigte in der Energieeffizienz-Branche
  • Viele neue Akteure auf dem Markt, vor allem Energieunternehmen und Startups

Woher kommt dieser Trend im Markt für Energieeffizienz?

Als Hauptgrund für die Entwicklung auf dem Markt geben die Unternehmen die aktuellen politischen Rahmenbedingungen an. Daneben spielen die Digitalisierung und die Entwicklung neuer innovativer Geschäftsmodelle eine wichtige Rolle für diesen Markt.

Doch Politik ist kein zuverlässiger Akteur auf dem Markt. Daher machen sich die Unternehmen Sorgen um die künftige Entwicklung des politischen Rahmens. So finden über 90 Prozent der Befragten, dass ‚Efficiency First‘ zum strategischen Planungsinstrument für das Energiesystem und auch Maßstab für künftige Neubaustandards werden soll. Sie wünschen sich zudem, dass rechtliche Hemmnisse beseitigt werden. Dazu zählt für eine große Mehrheit, dass Unternehmen für die Gewährung von Industrierabatten, wie bei der Reduzierung der EEG-Umlage, individuelle Effizienzfortschritte nachweisen sollen.

Was hat dies für Folgen auf den Energieverbrauch?

Die Entwicklung auf dem Markt für Energieeffizienz ist eine Sache. Die tatsächliche Entwicklung des Energieverbrauchs aber eine andere Sache. Kann die Entwicklung auf dem Markt auch durch realen Verbrauch abgebildet werden? Dies ist leider sehr schwer zu beurteilen und hängt noch von vielen anderen Faktoren ab. Die AG Energiebilanzen ermittelte für 2016 einen leichten Anstieg des Energieverbrauchs um 1,1 Prozent. Sie führte dies aber zurück auf die kältere Witterung und auf den Schalttag. Zu berücksichtigen ist auch die wirtschaftliche Entwicklung und das Verhalten der Nutzer.

Daher ist dieser Kommentar von Dr. Norbert Schwieters, Leiter Energiewirtschaft bei PwC, so wichtig:

„Die Entwicklung des Energieeffizienzmarktes muss sich neben dem Wachstum auch an der tatsächlichen Entwicklung der Energieeffizienz messen lassen. Die zunehmend besser werdenden Rahmenbedingungen für Anbieter von Effizienzlösungen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Hemmnisse der Verbraucher für ein energieeffizientes Verbrauchsverhalten aktiv adressiert werden müssen“.

Die entscheidenden Hebel zur Hebung der Effizienzpotenziale sieht er in den Themen Qualität, Qualifizierung und effizienzsteigernde Anreize. Für mich ist wichtig, dass in diesen Bereichen auch das Verhalten der Nutzer berücksichtigt wird. Ohne die Berücksichtigung der Nutzer hilft uns die beste Technik nicht weiter.

Vielfalt in der Energieeffizienz-Branche

Im Vorfeld der Veröffentlichung des DENEFF Branchenmonitors Energieeffizienz 2017 habe ich Martin Bornholdt, Geschäftsführender Vorstand der DENEFF, einige Fragen gestellt.

Energieeffizienz ist ein Querschnittsthema, das sich durch viele Branchen hinweg erstreckt. Wie gelingt es so viele unterschiedliche Branchen unter dem Dach der DENEFF zu vereinen?

Neue Anbieter auf dem Markt für Energieeffizienz, Grafik: DENEFF Branchenmonitor Energieeffizienz 2017

Genau – wir haben rund 150 Mitgliedsorganisationen, die so unterschiedlich sind wie die gesamte Branche. Vom Startup über den klassischen Mittelständler bis zum Großkonzern, von der Gebäudeautomationslösung über Baustoffe bis zum Softwareunternehmen für betriebliches Energiemanagement sind bei der DENEFF all die Unternehmen vertreten, die Produkte und Dienstleistungen zum Energiesparen bzw. zur Effizienzsteigerung anbieten. Und genau das macht die DENEFF kompetent und glaubwürdig: unsere Positionen, Ideen und Vorschläge sind so gewählt, dass sie das Thema Energieeffizienz insgesamt voranbringen. Partikularinteressen werden bei uns nicht vertreten und genauso wenig machen wir branchenspezifische Themen wie z.B. Normung oder technische Fragestellungen, das machen die jeweiligen Branchenverbände sehr viel besser, mit denen wir auch in vielen Fällen bei den übergreifenden Fragen sehr eng und konstruktiv zusammenarbeiten.

Energieeffizienz ist häufig eine Nebenwirkung bei Endanwendern

Energieeffizienz hat eigentlich ein großes Potential, ist aber kein besonders attraktives Thema. Was tut die Branche um besser auf dem Markt anzukommen? Nutzt sie die vielen weiteren Vorteile, die „multiple benefits“, wie die IEA sie nennt?

Das Potenzial ist enorm – beim der Frage nach der „Attraktivität“ muss man sagen „für wen?“. Für den Fachpolitiker, der erfolgreich eine Energiewende gestalten muss, ist das Thema Energieeffizienz endlich von höchster Attraktivität: Sowohl die EU als auch die Bundesregierung haben die Losung „Energy Efficiency First“ verkündet. Was nicht heißt „Energiesparen um jeden Preis“, sondern dass die Energiewende jetzt von beiden Seiten zusammengewoben werden soll: von der Verbrauchsseite und von der Angebotsseite.

Gerade erstere wurde in der Vergangenheit systematisch vergessen und vernachlässigt. Dies ist auch einer der Gründe warum die Energiewende unlängst ins Stocken gekommen ist. Einer, der das früh erkannt hatte, war JUWI-Gründer Matthias Willenbacher, der immer gesagt hat, dass wir den Verbrauch massiv senken müssen um schnell und problemlos auf 100% Erneuerbare zu kommen.

Ein wenig anders gestaltet sich das bei einigen eher fachfremden Politikern, wie das Beispiel NRW zeigt: hier will die künftige schwarz-gelbe Koalition beispielsweise das Rad der Geschichte zurückdrehen und die aktuelle Energieeinsparverordnung aussetzen, was schlicht von mangelnder Sachkenntnis zeugt.

Auch wenn man mit den Endanwender spricht, ist Energieeffizienz meist nicht das ureigene Herzensanliegen sondern vor allem Mittel zum Zweck oder angenehmer Nebeneffekt: Sie möchten z.B. ein Haus mit mehr Wohnkomfort und schicken neuen Fenstern und finanzieren das quasi über die gesparten Energiekosten, ähnliches gilt für Unternehmen, die ihre Produktivität steigern wollen. Beim Endanwender sind die multiplen Benefits wichtig, um die für die politisch gewollte Energiewende notwendigen und hochattraktiven Energieeinsparungen zu „verkaufen“. Da muss aber Politik und die Branche noch besser werden.

Hoffnung auf digitale, disruptive Lösungen

Wachsender Umsatz im Markt für Energieeffizienz, Grafik: DENEFF Branchenmonitor Energieeffizienz 2017

Im Branchenmonitor 2016 waren die politischen Rahmenbedingungen der wichtigste Impulsgeber für den Effizienzmarkt. Ist die Politik nach wie vor der größte Treiber für Energieeffizienz?

Der Branchenmonitor 2017, den wir gestern veröffentlicht haben zeigt, dass sich dies auf ziemlich exakt dem gleichen Niveau verfestigt hat. Gerade in Zeiten von Trump und volatilen Energiepreisen braucht die Energieeffizienzbranche positive und stabile politische Rahmenbedingungen. Spannend aber auch, dass „technische Innovationen“ im aktuellen Branchenmonitor fast gleichgezogen hat mit der Politik. Kein Wunder: hier passiert sehr viel. Die Haupthemmnisse für die eingesparte Kilowattstunde sind mangelnde Endanwendermotivation und hohe Transaktionskosten aufgrund der Kleinteiligkeit. Hier wird große Hoffnung auf digitale, disruptive Lösungen gesetzt.

Optimismus für die Zeit nach der Bundestwagswahl 2017

Wenn die Abhängigkeit von der Politik so hoch ist, wie werden die Aussichten für die Zeit nach der Bundestagswahl 2017 beurteilt?

Naja – ich denke die Abhängigkeit ist gegenseitig. Natürlich möchten unsere Mitglieder möglichst viele eingesparte Kilowattstunden an den Mann und an die Frau bringen und die Politik ist dafür wichtig. Da es immer Sinn macht, Energie zu sparen auch ohne Politik, wird das Geschäft auch ohne Politik weiterlaufen – nur eben nicht in dem Umfang, wie es die Politik selbst für das Gelingen der Energiewende möchte und auch braucht. Daher sind wir zuversichtlich, dass auch die nächste Bundesregierung die Vorteile einer guten Energieeffizienzpolitik erkennt und hier konstruktive Vorschläge machen wird.

Finanzierung von Energieeffizienz ist nicht das Problem

Besonders in Unternehmen sind die Renditen für Effizienzmaßnahmen oft sehr hoch. Doch Energieeffizienz liegt außerhalb vom Kerngeschäft und muss erst investiert werden. Kann man Energieeffizienz für Investoren oder für Banken so interessant gestalten, dass sie Effizienz-Projekte leichter finanzieren?

Mangelnde Finanzierbarkeit wurde als geringste Barriere von den befragten Energieeffizienzanbietern benannt, und das ist auch unsere Erfahrung: wenn Projekte da sind, werden die auch finanziert vom Crowdfunding (bettervest) über Genossenschaften (B.A.U.M.) bis zu Private Equitiy Fonds (SUSI) oder ganz gewöhnlich der Hausbank. Problematisch ist, dass die allermeisten Unternehmen diese Rechnung erst gar nicht aufmachen und wenn, dann nur die Amortisationszeit und nicht die Renditen betrachten. Hier passiert aber einiges von der Auditpflicht für Nicht-KMU bis zu neuen Finanzierungsmethoden wir Intracting (revolvierende Fonds) oder Contracting. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, aber es geht voran.