Die Seltsamen
Stefan Bachmann
Diogenes, 2014
978-3257068887
16,90 €
Flipintu
In einer Zeit von Dampfkutschen und Aufziehvögel gibt es Magie, die zum Greifen nah ist! Aber nicht jede Magie ist willkommen und so hat es Bartholomew Kettle nicht leicht mit seiner Schwester Hettie und seiner Mutter in Ruhe zu leben. Als seine Schwester verschwinden, macht er sich auf sie wiederzufinden und muss erkennen, dass er die Welt doch mag …
Bunt, bunter – Stefan Bachmanns Protagonisten.
Während Arthur Jelliby einem hochdekorierten Job nachgeht und eher kein Abenteuer bevorzugt, leben Barthy und Hettie in einem üblen Viertel. Sehr gegensätzlich sind sie, aber sie passen super zusammen.
Ich mag Arthurs distinguierte Art, seine Ängstlichkeit und später sein Durchsetzungsvermögen. Seine Art sich zu kleiden, erinnert an einen guten, englischen Gentleman und auch sein Haus nebst Frau passen in dieses Bild. Er hat recht verrückte Ideen im Verlauf der Geschichte und bestreitet seinen Teil des Romans sehr zuversichtlich und nett.
Barthy und Hettie dürfen den zweiten Teil des Romans, der Leser springt immer zwischen ihnen und Arthur hin und her, bestreiten. Es wird ein toller und ausführlicher Einblick in das Leben der zwei Mischlinge gegeben, die immer nur in Angst leben. Niemand mag sie wirklich und am Rande der Gesellschaft wohnen, ist nie ein Spaß. Aber das Schicksal meint es mit den beiden gar nicht so schlecht, als Barthy auf ein Abenteuer gehen muss. Er mausert sich vom kleinen Feigling zum fast Helden und diese Entwicklung ist wirklich toll.
Die Kulisse könnt bunter nicht sein. Ein Bath in dem Maschinenpferde Kutschen ziehen, Feen neben Menschen in Slums leben, Aufziehvögel Post bringen können und es Mischlinge gibt. Diese habe zum Teil spitze Ohren oder Zweige auf dem Kopf. Es ist alles bunt, wenn man die zusammengewürfelten Menschen und Feen betrachtet.
Doch die Stadt leidet unter den vielen Fabriken, dem Rauch und der Asche. Ein Wunder, dass die Protagonisten manchmal gut angezogen aus dem Haus gegangen sind. Die Kulisse wandelt sich fortwährend, weil der junge Autor immer wieder eine Idee hat, sie einfließen lässt und sich so das Gesamtbild des Lesers ändert.
Spannend ist es schon, wenn eine neue Ecke dazu kommt, der Leser nicht mit einem Feenmarkt rechnet und dann doch einen besucht und sich die Frage stellt: Was ist mit dem Mond gemeint? Viele Kleinigkeiten treffen hier aufeinander, manche ergeben tatsächlich ein Bild, das zusammenpasst.
Zwei Kinder, die in einer Welt nicht sonderlich geliebt werden, ahnen nichts von ihrem großen Abenteuer! Barthy mag sein Leben nicht wirklich, denn er und seine Schwester müssen im Verborgenen leben. Dabei ist Hettie ein Schatz! Sie hat mich sofort für sich eingenommen, so zart und außergewöhnlich wie sie ist.
Aber auch die Handlung an sich ist sehr nett. Zwar verwirrend und manchmal gibt es einfach keine Antworten auf meine Fragen, aber gerne gelesen habe ich es trotzdem! Wenn die Elfen und Gnome einen Krieg mit den Menschen haben, die Menschen gewinnen und die Elfen den Kürzeren ziehen, können wir uns vorstellen, dass die Elfen Rache schwören. Und tatsächlich ist da was im Busch!
Mit vielen bunten Charakteren, vielen Fallstricken für Barthy und seine Schwester beginnt eine verstrickte Geschichte, die bis ins politische Lager getragen wird. Arthur Jelliby, plötzlich als Spion verschrien, läuft vor einem Zauber weg, vermisst seine Frau und wird vielleicht zum Helden, aber nur vielleicht ;)
Es war toll zu lesen, wie sehr Stefan Bachmann sich Gedanken über jede einzelne Figur gemacht hat. Jede hatte ein bestimmtes i-Tüpfelchen. Und auch sein Augenmerk auf Gerüche und Farben hat dem Roman eine ganz besondere Note verliehen. Dadurch, dass manche Ausdrücke bestärkt werden durch Doppelnennungen oder Wiederholungen, ergibt sich wirklich ein sehr buntes Treiben, das mich gefangen genommen hat.
Fünf Sterne kann ich trotzdem nicht vergeben, weil sich der Autor manchmal verzettelt. Anscheinend will er immer noch eine Schippe hinauf legen, noch bunter, lauter und einzigartiger sein. Dass er dabei vergisst, einige Rätsel zu lösen und seine Geschichte sich selbst Beine stellt, ist sehr schade. Aber im nächsten Band wird es vielleicht noch einen Tick besser ;)
Ich persönlich finde das Cover sehr schön. Der Vogel, wie auch der Schriftzug sind in den Einband geprägt und der Buchumschlag gaukelt uns edles, rotes Leder vor. Wie ich finde sehr passend für das viktorianische Zeitalter und ich liebe den gelben Vogel. Leider kann ich trotzdem nicht beurteilen, ob ich im Buchladen einfach zugegriffen hätte. Wie geht es euch dabei? Ist der Blickfang so groß, dass ihr zugreifen würdet?
Ich hätte gerne etwas weniger: er ist sehr jung, eine Überraschung und ein Wunderkind Gerede gehabt, weil ich von dieser Beweihräucherung nichts halte, denn deswegen kaufe ich das Buch nicht.
Barthy und seine Schwester Hettie haben mich gut unterhalten. Zum einen liegt es daran, dass es wirklich ein buntes Durcheinander ist und ich keine wirklichen Vergleiche gezogen habe und zum anderen daran, dass Stefan Bachmann gut schreiben kann. Er nimmt mich mit in eine Welt, die aus vielen Mosaiksteinen besteht, die manchmal zusammenpassen und manchmal nicht. Aber es bleibt die Liebe zum Wort, zur abstrakten Wortschöpfung, die man im gesamten Roman spürt.