Wie reden Sie mit sich? Am besten per Du. - Wie Selbstgespräche in der dritten Person Stress und Angst vermindern.

Wie Selbstgespräche in der dritten Person Stress und Angst vermindern.

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Was passiert innerlich bei Ihnen, wenn mal was nicht klappt?

Wenn Sie also zum Beispiel den IKEA-Schrank nicht zusammengebaut kriegen. Oder beim Einparken den hohen Bordstein übersehen.  Oder morgen eine kleine Präsentation halten sollen.

Bei den meisten Menschen laufen dann innerliche Selbstgespräche ab. Je nach der Größe Ihres Selbstoffenbarungs-Ohrs verarbeiten Menschen diese Erfahrung jetzt ganz unterschiedlich. Zum Beispiel ganz nach außen gerichtet:

  • "Was ist das denn für eine bescheuerte Bauanleitung!"
  • "Wer setzt jetzt ausgerechnet hier so einen Bordstein hin?"
  • "Die anderen haben ja noch weniger Ahnung als ich vom Thema."

Wer allerdings ein großes Beziehungs-Ohr hat, bei dem laufen die inneren Selbstgespräche ganz anders ab.

  • "Mal wieder typisch, nicht mal einen simplen Schrank krieg ich zusammengebaut."
  • "Verdammt, wieso habe ich denn den nicht gesehen? Uuuiiii. das wird teuer! Da sieht man mal wieder was ich für ein Tagträumer bin."
  • "Was mache ich denn, wenn mir jetzt morgen jemand eine Frage stellt, die ich nicht beantworten kann? Dann bin ich doch sofort unten durch."

Wie wir mit uns selbst sprechen, beeinflusst unsere Gefühle und unser Verhalten. Interessanterweise macht dabei ein kleines Wort mit nur zwei Buchstaben einen Riesenunterschied, wie wir uns danach fühlen.

Die eigene Psyche zu verstehen ist ja gar nicht so leicht. Allzu oft verhalten wir uns in einer Weise, wie es uns nicht vernünftig scheint, tun es aber trotzdem.

Beispiel "Aufschieben".
Spätestens wenn die Erinnerung an die Rechnung mit zehn Euro Mahnaufschlag kommt, nehmen wir uns vor, das nächste Mal gleich den fälligen Betrag zu überweisen. Aber dann ...

Beispiel "Pünktlichkeit".
Bei der Einladung zu den neuen Bekannten sagt uns Google Maps, dass wir fünfunddreißig Minuten dorthin brauchen werden. Aber irgendwie kommt was dazwischen und wir fahren zehn Minuten zu spät los, geraten noch in einen Stau. Und das passiert eigentlich - fast jedes Mal.

Leser meines Blogs wissen, dass es nicht die eigene Doofheit ist, dass einem das immer wieder passiert, sondern einem meistens ein innerer Konflikt in die Quere kommt. Und das "unsinnige" Verhalten seine eigene Logik hat.

Aber wie können wir in diesen stressigen Situationen besser mit uns umgehen?

Es kommt darauf an, wie wir innerlich mit uns sprechen und uns dadurch meist mehr unter Druck setzen. Denn klar ist, wenn wir uns jetzt noch beschimpfen oder abwerten, ändert das an unserem Verhalten nichts. Aber wir fühlen uns deutlich schlechter.

Reden Sie besser mit sich per Du.

Ein Forscherteam um den Sozialpsychologen Ethan Kross hat herausgefunden, dass es bei den Selbstgesprächen einen entscheidenden Unterschied gibt. 585 Versuchspersonen wurden mit einer stressigen Situation konfrontiert. Zum Beispiel sollten sie an eine angstauslösende Situation denken oder sich vorstellen, gleich eine Rede vor Unbekannten zu halten.

Die Gruppen sollten vorher darüber aus zwei unterschiedlichen Perspektiven darüber nachdenken.

  1. Gruppe: "Bitte versuchen Sie zu verstehen, warum Sie sich so fühlten, indem Sie so oft wie möglich die Worte "ich" oder "mein" verwenden. Fragen Sie sich also: "Warum fühlte ich mich auf diese Weise?
    Was war der Grund für meine Gefühle?"
  2. Gruppe: "Bitte versuchen Sie zu verstehen, warum Sie sich so fühlten, indem Sie so oft wie möglich das Wort "du" oder Ihren eigenen Vornamen verwenden. Fragen Sie sich also, wenn Sie John heißen: "Warum fühlte sich John auf diese Weise?
    Was war der Grund für Johns Gefühle?"

Diese Reflektion dauerte nur eine bis drei Minuten. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen war beträchtlich.

Die Gruppe, die in der DU-Perspektive über sich nachgedacht hatte, war bei den Aufgaben ruhiger, distanzierter, angstfreier, entspannter und optimistischer.

Die Teilnehmer der DU-Gruppe grübelten hinterher auch weniger über ihren Redeauftritt. Wenn es um ein Vorstellungsgespräch, eine Prüfung oder das Erlebnis, von einer Gruppe ausgeschlossen zu werden ging, sahen sie in der Aufgabe eher eine Herausforderung, die man bestehen konnte als eine Erfahrung, bei dem einen die Angst überwältigt.

Der Unterschied in den inneren Selbstgesprächen war zum Beispiel:
"Ich fürchte, dass ich den Job nicht bekomme, wenn ich das Interview verhaue." (ICH-Perspektive) versus "Du sorgst dich zu sehr darum, was andere über dich denken. Konzentriere dich auf dich, dann geht es dir besser." DU-Perspektive.

Mein Fazit:

inneres_teamSchon in meinem Blog-Beitrag "Wer bin ich und warum so viele?" schrieb ich darüber,  wie hilfreich es sein kann, sich die eigene Psyche als ein "Inneres Team" von Sub-Persönlichkeiten oder von Teilen vorzustellen.

Diese Teile haben immer ihre subjektive Sicht und wollen den Mensch damit unterstützen oder beschützen. Leider liegen diese Teile in Konkurrenz und widersprechen sich auch häufig.

Deshalb gibt es noch eine Instanz in uns, das ICH. Dieses ICH ist kein Teil, sondern hierarchisch eine Ebene drüber. Und das ICH kann entscheiden, die Meinung welches Teils je nach Kontext jetzt richtig oder angemessen erscheint.

Diese Ordnung gibt es ja in vielen sozialen Systemen:

  • Die Musiker eines Orchesters haben ihre Vorstellungen - aber der Dirigent gibt den Takt an.
  • Die Schauspieler in einem Film machen ihre Vorschläge für die Rolle - aber die Regisseurin entscheidet, wie gedreht wird.
  • Die Minister im Kabinett diskutieren endlos, bei wessen Etat am wenigsten gespart werden kann - und die Kanzlerin trifft dann die Entscheidung.

Nur in hierarchiefreien Systemen, also dort wo man an die Basisdemokratie glaubt, darf keiner allein entscheiden. "Wir sind doch hier nicht inner Diktatur!"
Dafür wird dann so lange diskutiert, bis man einen Konsens erzielt hat. Das wird meist dann erst möglich, wenn die Hälfte eingeschlafen oder nach Hause gegangen ist.

Auch beim inneren Team hilft einem die Distanzierung von belastenden Gedanken oder Gefühlen. Es macht einen großen Unterschied, ob man zu sich sagt:

  • "Ich habe Angst!"  - oer -
  • "Ein Teil von mir hat Angst."

Im ersten Fall identifiziert man sich mit der Angst: "ICH habe Angst." Beim zweiten Satz beobachtet das ICH: "Ein Teil von mir hat Angst." Und entdeckt vermutlich: "Und ein anderer Teil ist ganz zuversichtlich, weil er weiß, dass wir schon oft solche Situationen erlebt und durchgestanden haben."

Die DU-Perspektive beim inneren Selbstgespräch stellt also einen inneren Abstand zum Erlebten her.

Bei dem ersten Satz aus der ICH-Perspektive "Ich fürchte, dass ich den Job nicht bekomme, wenn ich das Interview verhaue" identifiziert man sich mit der Angst. Das ICH hat Angst.

Bei zweiten Satz aus der DU-Perspektive "Du sorgst dich zu sehr darum, was andere über dich denken. Konzentriere dich auf dich, dann geht es dir besser" scheint ein Teil zu einem selbst, also zum ICH zu sprechen. Deshalb wirkt dieses Selbstgespräch beruhigend, entspannend und angstreduzierend.

Eine kleine Einschränkung sehe ich bei dieser Methode. Man braucht dazu einen inneren "fürsorglichen Elternteil". Den "erwirbt" man meistens durch entsprechende Erfahrungen in Kindheit und Jugend. Hat man stattdessen nur einen strengen Elternteil in sich, hört man vielleicht in der DU-Perspektive  eine innere Stimme: "Warum John sich so fühlt? Blöde Frage, weil er ein nichtsnutziger Trottel ist - und immer bleiben wird."

Wenn Sie also jetzt gegen Ende dieses Beitrags denken: "Ich versteh' das nicht. Wer bin ich, und wer ist du? Bei so theoretischen Sachen war ich schon immer schlecht..." probieren Sie experimenthalber gleich mal die DU-Perspektive aus: "Lies es einfach noch mal in Ruhe durch. So schwierig ist das gar nicht.  Beim zweiten Mal verstehst Du es gleich besser."

PS: Für Schnellentschlossene: In meinem Persönlichkeitsseminar "Selbstbewusst im Job" nächste Woche von 18. - 20. August sind noch 2 Plätze frei. Mit dem Code "DU-Perspektive" bekommen Sie einen Nachlass von 100 Euro.

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kommentar Wie reden Sie mit sich, wenn Sie im Stress sind?

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Bild: © www.cartoon4you.de

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Wie reden Sie mit sich? Am besten per Du. - Wie Selbstgespräche in der dritten Person Stress und Angst vermindern.

Hier schreibt: Roland Kopp-Wichmann

Bloggt hier wöchentlich seit Juli 2005. Leitet intensive Persönlichkeitsseminare: 6 TN, 3 Tage, 1 Coach. Schreibt Bücher, eBooks und eMail-Kurse. Zeichnet jetzt sogar Cartoons.

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