Wie prostet man mit dem Tontopf?

Von Franz Bernthaler

Vor der Eröffnung eines neuen Lokals entspannt zu bleiben, obwohl exakt null Werbung im Voraus gemacht wurde – das schaffen vermutlich nicht viele Wirte. Wie die aus Südchina stammende Gastronomin Lili Wu, die bereits vier andere Lokale in Wien führt (und vermutlich deshalb nicht sehr hysterisch war), das gemeistert hat will ich an dieser Stelle gar nicht so genau hinterfragen. Aber so fragwürdig und besorgniserregend kann ihr Konzept nicht sein, wenn die Bude schon jetzt knackevoll ist, wo die meisten Wiener noch überhaupt gar nichts vom neuen “Sha Guo“ auf der Wiedner Hauptstraße gehört haben. Verständlich, die Eröffnung war nämlich erst Anfang März.

Gut, was hat das Abendlokal zu bieten? Es geht um asiatische Suppengerichte. Ich weiß… die gibt´s mittlerweile reihenweise in der Hauptstadt. Der klitzekleine Unterschied zu anderen “herkömmlichen“ Asia-Lokalen besteht einerseits im Geschirr – es werden nämlich eigens aus China importierte „Clay Pots“, also Tontöpfe, verwendet. Und schon haben wir auch die Erklärung des Lokalnamens – richtig, “Sha Guo“ heißt Tontopf auf chinesisch. Andererseits setzt die Chefin gemeinsam mit ihrem kochenden Mann Gao auf interessante Cocktailmischungen. Und weil auch nur abends geöffnet ist, soll´s sowas wie eine Asia-Dinner-Cocktail-Bar sein.

Bei der Einrichtung wurde auf grau und schwarz, minimalistisch aber gemütlich gesetzt. Es gibt einen heller ausgeleuchteten Bereich in der Nähe der Schauküche und der Bar, sowie die andere, „dunkle Seite der Macht“ – nein, Scherz – den dunkleren, behaglichen Gastraum mit punktuell eingesetzter Beleuchtung.

Genug vom Drumherum, jetzt kommt der genüssliche Teil. Die Speisekarte – auf ein Palmenblatt geklemmt – bietet viel, aber nicht zu viel. Es gibt Gerichte mit verschiedenen asiatischen Einflüssen. Lasset die Völlerei nun beginnen: für den Anfang ein erfrischender Mangosalat mit knackigen Garnelen obendrauf. Schmeckt leicht süßlich und besticht durch Geschmack und Aroma des Thai-Basilikums – wunderbar. Ebenso das recht authentische koreanische Kimchi (scharfer Chinakohl Salat) ist super. Dazu reicht man zum Nachwürzen Chili-Sesam-Öl und ein Fläschchen mit Fischsauce, angereichert mit Knoblauch, Lemongras und Chili. Weiter geht’s mit den Hauptspeisen: Süßkartoffelnudeln in lang gekochter Rindsknochensuppe, mit viel asiatischem Gemüseschnipsel und dünnen Rindfleischscheiben. Punkto Geschmack und Optik sind die glasigen Nudeln eher fad, sie saugen die Suppe in sich auf, wenn man sich beim Schlürfen zu lange Zeit lässt. Doch der ganze bunte Pot gibt schon ordentlich was her. Umso mehr begeistert waren wir von dem anderen Gericht, den hausgemachten Eiernudeln mit Gemüse und typisch asia-zartem Hühnerfleisch. Diese dicken Teigstücke aus Kartoffelmehl und Ei sind wunderbar weich und gut angebraten, harmonieren fantastisch mit dem Pakchoi, den Pilzen und Koriander. Zum Verkosten gab’s dann auch noch gedämpfte Taschen aus Taroteig – klebrig, mit Schwein und getrockneten Calamaristücken gefüllt und getunkt in eine Kombination aus Chiliöl, Erdnuss und (wer mag) Koriander. Eine feine Sache! Zu guter Letzt, eine Dessert-Kombination: unter “frischer Mango mit Sahne“ stelle ich mir zwar was anderes als eine gefüllte Mangopalatschinke vor, gut geschmeckt hat´s trotzdem. Noch besser waren aber die mit Bohnenpaste gefüllten und in Haselnuss, Kokos und Sesam gewälzten Mochis (Klebreisbällchen).

Und was trinkt man zu den asiatischen Köstlichkeiten? Entweder hausgemachte Limonade (die mit Gingerbeer ist top!), Gin Tonic (zum selber zusammenstellen), grünen Tee oder einen der raffinierten Cocktails. Den “Chongquing Sling“ zum Beispiel, der – so wie die Suppen – im kleinen Tontopf daherkommt: Gin, Kirschlikör, Cointreau, Limette und Ananas. Schaumig, kirschig, blumig, mit Drachenfruchtscheibe garniert. Hui, das mundet! Nur anstoßen geht’s nicht ganz so gut mit so einem Cocktailpfandl.

Bemerkenswert im Sha Guo ist auch der Service. Das junge Personal ist stets freundlich, engagiert und kennt sich aus (Danke Dominik!), der singende Koch steht in der Schauküche und jongliert mit kleinem Küchenwerkzeug und die quirlige und redselige Chefin begrüßt und verabschiedet ihre Gäste. Nett!

Mein Fazit:

Herzblut für die Asiaküche – das merkt man hier schon sehr. Die Karte wird noch adaptiert werden, ein paar Gerichte kommen dazu, ein paar wenige werden vielleicht gestrichen. Probelauf sozusagen. Dafür läuft der Laden schon richtig gut. Die Atmosphäre ist entspannt, das Essen schmeckt super, die Drinks ebenso, die Preise sind moderat und die Lage ist top.

Sha Guo

Wiedner Hauptstraße 37

1040 Wien

www.facebook.com/Sinneskollektiv

Tel. 0660/1911 803

Geöffnet: Montag bis Sonntag 17:00 bis 01:00

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