Wie alle habe ich mir nach dem Release in den USA, Japan und Neuseeland mit einem Hintertürchen Zugang zu Pokémon GO verschafft. Doch Fehlanzeige! Die App funktionierte nicht. Ich gab mich gelassen. Dachte mir, nach dem offiziellen Release im deutschen Raum wird es schon klappen.
Heute:
Während sich die Welt momentan um nichts anderes zu drehen scheint, sogar der versuchte Militärputsch in der Türkei von Pokémon GO Schlagzeilen schnell wieder verdrängt wird, verabreden sich alle meine Freunde zu organisierten Veranstaltungen und Treffen. Während stundenlanger Odyseen quer durch die Stadt, bei denen sie in drei Tagen mehr Ecken und Winkel zu sehen bekommen, als ich in meinen sechs Jahren, in denen ich hier lebe, suchen und jagen sie die kleinen Monster.
Unterdessen ist das einzige, das ich erforschen, das Serienregister von Netflix, um dem täglichen Wahn um Pokémon GO, der mir dank sozialer Medien ohne großen Aufwand ins Gehirn penetriert wird.
Vereinzelt findet man Gefühl von Kameradschaft und Solidarität bei anderen bemitleidenswerten Wesen, denen es so geht wie mir und die sich ihren Frust teilen können. Wenn dann aber der letzte Freund und Leidensgenosse dir per persönlicher Nachricht auf Facebook die frohe Kunde überbringt, dass Pokémon GO bei ihm nun doch funktioniere und er soeben sein erstes Schiggy, Taubsi, oder was auch immer gefangen hat, fühlt sich jedes der fünf dahinterstehenden Emojis an wie ein Stich ins Herz.
Pokémon GO hat mich binnen weniger Tage aus meinem sozialen Umfeld verdrängt und mich zu einem thematischen Außenseiter gemacht.
Aus einem letzten Funken Hoffnung heraus, starte ich zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag die App, nur um den zu einem viertel gefüllten Ladebalken zuzusehen, wie er sich nicht bewegt, bevor das vertraute „Spielerinfos konnten nicht vom Server abgerufen werden." erscheint.
Dennoch habe ich noch nicht aufgegeben. Vielleicht mag es eines Tages funktionieren. Meine Freunde sind dann aber wahrscheinlich schon auf Level 70 und haben mehr Pokémon gefangen als Team Rocket in ihrer Laufbahn gescheitert sind. Womöglich kann ich aber bis dahin als Powerbank-Träger fungieren und mir so einen Namen machen.