Wie kommst Du mit der Natur besser in Berührung?

Gehst Du mit offenen Augen durch die Natur? Hörst Du die zahlreichen Geräusche rings um Dich, wenn Du einen Spaziergang machst? Genießt Du die wunderbaren Düfte, die Dir überall begegnen? Lässt Du Dich von ihren Stimmungen berühren? Und berührst Du sie auch selbst?

Berührungen - zum Vergrößern bitte anklicken

Letzteres kann ich Dir nur empfehlen. Um die Natur ganzheitlich zu erfahren, müssen wir uns die Zeit nehmen und sie auch anfassen. Nur so können wir die Form, die Oberfläche, die Feuchtigkeit oder die Temperatur wahrnehmen und uns damit die Möglichkeit schaffen, uns mit dem zu verbinden, was der Moment für uns bereithält, und uns ganz darauf einzulassen.

Hast Du Dich in diesem Sommer schon einmal an einem windigen Tag mit nackten Beinen in eine ungemähte Wiese oder nahe an einen kleinen Baum gestellt? Hast Du gespürt, wie Dich das durch den Wind bewegte Gras oder die weichen Blätter oder zarten Zweiglein streichelten? Oder hast Du vielleicht sogar immer einen “Schmeichelstein” bei Dir, der Dir ein gutes Gefühl gibt, wenn Du ihn in die Hand nimmst? Dann weißt Du, was ich meine.

Wenn wir in der Natur unterwegs sind, begegnen wir je nach Landschaft ganz unterschiedlichen Materialien: Gewachsenem, Festem und Starrem, Lebendigem, Totem, Weichem, Hartem, Spitzigen, Trockenen, Feuchtem, Warmem, Kaltem, Glitschigem oder Harzigem. Diese Eigenschaften haben auf uns eine bestimmte Wirkung, wenn wir mit ihnen in Kontakt kommen. Sie knüpfen an gespeicherte Erfahrungen an und lösen in uns entsprechende Empfindungen und Gefühle aus.

 

Wenn Du die Augen schließt wirst Du die verschiedenen Reize, die Du über die übrigen Sinne erhältst, verstärkt wahrnehmen und kannst auch die inneren Bilder, die über Geräusche, Berührungen und Gerüche entstehen, viel intensiver erfahren. Dazu könntest Du zum Beispiel an den kommenden warmen Tagen einmal folgende Übung ausprobieren. Ich kann Dir schon jetzt ein eindrucksvolles Erlebnis versprechen.

Mit verbundenen Augen am Wildbach

Die Erfahrung, mit verbundenen oder geschlossenen Augen unterwegs zu sein, ist vielleicht neu für Dich. Doch Du wirst erstaunt sein, wie sensibel Dein Tastsinn ist, wie leicht Du vertraute Formen oder Oberflächenstrukturen mit den Fingern erkennen und in Bilder umwandeln kannst. Und auch Fremdes, das Du zunächst vorsichtig abtastest, wird Deine Fantasie sehr schnell anregen.

Für diese Übung brauchst Du ein geeignetes, möglichst dunkles und undurchsichtiges Tuch, das ausreichend lang ist, um Dir damit die Augen zu verbinden. Das Tuch faltest Du auf etwa acht bis zehn Zentimeter zusammen, legst es über die Augen und befestigst es gut, jedoch nicht zu fest, am Hinterkopf. Du kannst auch ein geeignetes Kopf- oder Halstuch oder ein Stirnband verwenden.

Ein kleiner, nicht zu steil abfallender, frei fließender Bergbach mit all seinen Windungen, Stufen, Steinen und ausgeschwemmten Stellen ist ideal, um die Fähigkeit des Gehörs und des Tastsinns zu erfahren. Am besten ziehst Du Dir auch die Schuhe aus. Barfuß spürst Du den Untergrund viel besser und die Erfahrung wird noch intensiver. Nachdem Du Dich zunächst grob orientiert und Dir eine gewisse Strecke des Baches ausgesucht hast, steigst Du in das Bachbett und verbindest Dir die Augen. Wichtig ist jetzt, dass Du auf allen Vieren gehst und mit Händen und Füßen die Umgebung abtastest.

Lass Dir genügend Zeit. Forsche mit Deinen Händen nach Höhlen, Grenzen, Stufen, Feuchtigkeit, Wärme und Kälte. Versuche, die verschiedenen Materialien zu erkennen und ihre Formen und ihre Oberfläche zu erfahren. Suche mit Deinen Füßen Untergründe, die Dir sicheren Halt geben. Halte auch Deine Ohren offen für das rauschende, klingende, gurgelnde und plätschernde Wasser.

Wenn Du Dir die Augenbinde nach etwa 15 Minuten abnimmst, wirst Du staunen, wie klein und harmlos sich die von Dir erforschte Strecke nun zeigt.

Wenn Dir diese Übung Spaß gemacht hat, kannst Du sie auch gerne in einem anderen Gelände machen. Du kannst zum Beispiel Felswände und Steinblöcke abtasten oder einen umgestürzten Baum. Wenn Du jemanden für die Idee begeistern kannst, könnt Ihr Euch auch gegenseitig führen, etwa durch ein Waldstück oder durch vertraute Räume. Lasse Deiner Fantasie einfach freien Lauf. Dir fällt sicher noch mehr ein.


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