„Wie ist das Bild der DDR?“ – Auszüge…

Die Aufgabe war es, ein Interview mit einem Zeitzeugen der DDR zu führen und diese Darstellung mit der im Zeitgenössischen Forum für Widerstand und Opposition in der DDR, Leipzig zu vergleichen und dabei zu analysieren.

1. Einleitung

Heute, fast 20 Jahre nach der Deutschen Wiedervereinigung 1989/90 herrschen unter der deutschen Bevölkerung verschiedene Sichtweisen und Darstellung der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Die einen wünschen sich den „sozialistischen Staat der Arbeiter und Bauern“ wieder, andere verurteilen das SED-Regime zutiefst. Des Öfteren fällt auf, dass gerade unter den heutigen Jugendlichen, die die Zeit der deutsch-deutschen Teilung nicht nachvollziehen können, ein akuter Wissensmangel bezüglich der deutschen Vergangenheit besteht.

Wir, die Klassen 10 a und c der Edith-Stein-Schule in Erfurt, besichtigten am 05.03.2009 die Dauerausstellung im Zeitgenössischen Forum für Widerstand und Opposition in der DDR in Leipzig. Zuvor führten wir mit Eltern und Verwandten, Freunden oder Bekannten, die die DDR bewusst miterlebt hatten, Interviews über verschiedene Teilaspekte des Lebens in der DDR.

Im Zeitgenössischen Forum werden die wichtigsten Abschnitte der DDR-Geschichte behandelt. Dabei findet man wissenschaftliche Quellen und politische Texte neben Zeitzeugenberichten, die den Alltag in den Vordergrund rücken. In verschiedenen Gruppen bearbeiteten wir die Themen Lebensqualität, Urlaub und Freizeit, Schule und Arbeit, das sozialistische Kollektiv und Herrschaftsmechanismen der DDR, wobei die Mitarbeiter des Forums uns tatkräftig unterstützten. Anschließend stellten die Gruppen den Mitschülern ihre Ergebnisse vor. Leider nahm die Einweisung in die Ausstellung, sowie das Bearbeiten der eigenen Aufgaben sehr viel Zeit in Anspruch, sodass kaum die Möglichkeit zum gründlichen Umschauen blieb.

Mein Interviewpartner, Torsten Vogel, der heute als Rechtsanwalt für Verkehrs-, Unfall-, Miet- und Baurecht in Erfurt tätig ist, wurde am 12. Dezember 1962 in Gera in Thüringen geboren. Er arbeitete zuerst im Bereich der Elektotechnik/Elektronik, später als Bauleiter im Baunebengewerbe, bevor er sein Studium der Rechtswissenschaften an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena absolvierte. Torsten Vogel lebt mit seiner Familie im Raum Jena.

2. Hauptteil

2.1 Lebensqualität in der DDR

Die vorgegebenen Schwerpunkte, über die mein Interviewpartner redete, nämlich allgemeine Lebensqualität, Infrastruktur, Konsummöglichkeiten und Wohnverhältnisse, decken sich nur teilweise mit den Schwerpunkten im Zeitgenössischen Forum, die Wirtschaft, Kaufverhalten und Umweltschutz sind.

Herr Vogel bezeichnete die Lebensqualität in der ehemaligen DDR als „[...]abhängig vom persönlichen Empfinden [...]“ (Interview, S.1), aber wenn man von den „[...]Einschränkungen hinsichtlich der persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten [...]“ (Interview, S.1) absehe, sei das Lebensgefühl durchaus zufriedenstellend.

Umweltschutz galt in der DDR als Tabuthema und wurde allgemein vertuscht. Zwar sollte sich die Gesellschaft für Natur und Umwelt im Kulturbund der DDR dieser Thematik annehmen und eigentlich war das Ausmaß der verschwenderischen Wirtschaft weithin sichtbar, trotzdem musste eine Umweltbewegung versuchen, die Menschen sensibler für die unhaltbaren Zustände zu machen und Bürger zu aktivieren, selbst etwas für den Schutz ihrer Umwelt zu tun.

Auch die Kirche war im Umweltschutz aktiv, mit dem Ziel, die Schöpfung zu erhalten.

Torsten Vogel geht im Interview nicht auf dieses Thema ein, vermutlich, weil er sich keine Gedanken darum machte und es in seinem Leben keine Rolle spielte. Ähnlich wird es bei den meisten DDR-Bewohnern gewesen sein.   

2.2 Freizeit und Urlaub

Die kulturellen Angebote waren in der DDR „flächendeckend“ (Interview, S. 2). Theateraufführungen, Kinos und/oder Konzerte konnte man nicht nur in den Städten besuchen.. Alle Auf- und Vorführungen wurden von der Regierung ausgewählt, zu Konzerten von internationalen Stars kam es nur sehr selten, auch weil die DDR unter „[...] einem chronischen Devisenmangel litt [...]“ (Interview, S.3). Deshalb kamen Filme und Bücher häufig mit einigen Jahren Verspätung auf den Markt. Trotzdem wurde Kultur von der DDR mit hohen Subventionen unterstützt, Theaterabos oder Kinokarten kosteten bei weitem nicht soviel wie heute. Erwähnenswert sind noch die „Sonderversorgungssysteme“ (Interview, S.3), die beispielsweise dem „[...]Ministerium der Staatssicherheit oder den bewaffneten Organen [...]“ (Interview, S.3) zugute kamen und eine weitaus bessere Versorgung mit Printmedien garantierten.

So frei wie heute konnte man seinen Urlaub früher nicht planen. Fuhr man „[...] auf eigene Faust [...] [,] gab es nur begrenzt Möglichkeiten: Zelten, Wandern, Trampen und Fahrrad fahren, zum Zelten musste man einen Antrag auf einen Camping-Platz stellen, von denen mangels Angebot nicht alle genehmigt werden konnten. [...]“. Außerdem wurden Urlaubsplätze über den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) vergeben. Anders als heute „[...] galt schon ein kleiner, abgeschotteter Bereich als Idyll [...]“(Text „Freizeit und Urlaub in der DDR“). Man kann also sagen, dass die Bewohner der DDR nicht so hohe Ansprüche stellten wie die heutigen Menschen. Attraktionen wie das Verreisen mittels Ferienzug oder –schiff oder gar ein Urlaub in einem westlichen Staat waren für die meisten undenkbar und unmöglich, weil man politische Beziehungen und einen großen finanziellen Hintergrund brauchte.

Besondere Angebote gab es für Jugendliche.

Da Urlaub zum alltäglichen Leben gehört und die Einwohner der DDR aufgrund der Konsumeinschränkungen und den daraus schließenden, dauernden Bemühungen, an „besondere“ Güter, die man vielleicht mal brauchen könnte, zu gelangen, suchte man auch im Urlaub die Geschäfte auf, „[...]um einfach mal zu schauen, was es dort gibt, was man gebrauchen könnte [...]“ (Interview, S.2). Herr Vogel charakterisiert die Menschen damals sogar als „[...]ein Volk von Jägern und Sammlern [...]“ (Interview, S.2). Er meint, dass „[...] die Zielsetzung beim Konsum eine andere als die heutige [...]“ (Interview, S.2) gewesen sei.

2.3 Schule und Arbeit

Sowohl Schule, als auch Arbeit wurden, wie alle anderen Bereiche im Leben in der ehemaligen DDR sehr stark politisch beeinflusst. Nicht nur durch „[...] Aufgabenstellung[en] bzw. durch Auswahl der jeweiligen Literatur[...]“ (Interview, S.3), sondern ganz speziell ab der siebten Klasse im „[...] sogenannten Staatsbürgerkundeunterricht [...]“ (Interview, S.3). Einige Unterichtsfächer wurden nicht nur beeinflusst, sondern geradezu „[...]  aus Sicht der marxistisch-leninistischen Weltanschauung [...] verfälscht  [...]“ (Interview, S.3).

Die meisten Teile der Bevölkerung nannten wahre Ansichten und Meinungen höchstens im privaten Bereich, in der Schule oder bei der Arbeit hatte man sich „[...] bereit gefunden [...], die vorgebeteten politischen Phrasen nachzuplappern [...] [,]um sich Zukunfts- und Karrierechancen nicht zu verbauen [...]“ (Interview, S.3).

Laut Vogel ging es in der Schule disziplinierter zu als heute, was seiner Meinung nach auch auf das westdeutsche Schulsystem zutreffen dürfte (vgl. Interview, S.3)

Ein weiterer Punkt beim Text „Zeitgenössisches Forum Leipzig: Schule und Arbeit in der DDR“ ist die „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ), die, in den Ansätzen ähnlich der Hitlerjugend, von allen Jugendlichen besucht werden musste, wenn sie Chancen im Berufsleben haben wollten und ein Propagandamittel der SED war.

Ein anderes Thema ist die Gleichberechtigung der Frauen in der DDR, die vorhanden sein sollte, dies aber nicht war. Frauen mussten Verantwortung für Kinder und Haushalt übernehmen, gleichzeitig arbeiten und dazu war oft ein Abitur nötig. Manche Männer ließen sich von ihren Frauen scheiden, weil die kein Abitur hatten und „[...]ihm geistig nicht folgen könnte[n] [...]“ („Zeitgenössisches Forum Leipzig: Schule und Arbeit in der DDR“, S.2).

2.4 Sozialistisches Kollektiv

Das Kollektiv, vom lateinischen Wort „colligere“, bezeichnet Menschen, die durch eine gemeinsame Überzeugung und/oder Arbeit zusammengeschlossen sind  und sich vor allem mit dem „WIR“-Gedanken ausdrücken (vgl. „Das sozialistische Kollektiv“).

Besonders wichtig für das Kollektiv war die Propaganda, zum Beispiel mithilfe von Plakaten, die ausdrückten, wie großartig die DDR gewesen sei. Die Realität sah anders aus, durch die Probleme bei der Arbeit übertrug sich die schlechte Stimmung auch in das Privatleben. Das allerdings machte die Leute erfinderisch, so bastelten sie beispielsweise den sog. „Russentod“, „[...]einen Entstörer aus einem Aluminiumtopf und einer Kupferspirale [...] [der] den Empfang von Westsendungen wieder störungsfrei möglich [machte] [...]“ („Das sozialistische Kollektiv“). Die Hilfsbereitschaft in der ehemaligen DDR war ebenso riesig, sodass die Leute Gemeinschaftsantennen bauten, damit alle aus der Umgebung Westfernsehen/ -radio sehen bzw. hören konnten. Von dieser Hilfsbereitschaft redet auch Torsten Vogel, der sie „besonders“ (Interview, S.4) nennt.

Insgesamt sollte das sozialistische Kollektiv einerseits den Zusammenhalt stärken, andererseits eine gute Kontrollmöglichkeit bieten (vgl. „Das sozialistische Kollektiv“).

Das Kollektiv sei aber höchstens im Hinblick auf die Überwachung sinnvoll, so Vogel. Er beschreibt seine Eindrücke und Erinnerungen folgendermaßen: „[...]Ansonsten wurde im Rahmen der sozialistischen Kollektivarbeit, sowie ich Sie erlebt habe, auch wieder die Janusköpfigkeit gelebt. Man hat also nach Außen hin, durch Wandzeitung entsprechender Erklärung dokumentiert, was die politische Führung hören wollte und hat nach Innen hin sein eigenes Ding gemacht [...]“ (Interview, S.4).

Also decken sich beide Aussagen, die von Torsten Vogel und die des Forums. Das Kollektiv war wichtig für die Regierung, um die Menschen zu bewachen und führte zu der großen Hilfsbereitschaft und Gemeinschaft, der viele ehemalige DDR-Bewohner heute nachtrauern.

2.5 Herrschaftsmechanismen

Charakteristisch für die Herrschaftsmechanismen in der ehemaligen DDR ist das Zitat aus dem „Lied der Partei“: Die Partei, die Partei, die hat immer Recht. Die SED hielt alles in der Hand, es gab keine freien Wahlen, anderen Parteien besaßen keinerlei Mitspracherecht und jede politische Aktivität, die nicht sozialistisch war, wurde abgelehnt und unter Strafe gestellt.

Ein wichtiges, oder sogar das wichtigste Machtinstrument der Regierung war die Stasi, „[...]eine Organisation des Ministeriums für Sicherheit. Offiziell lautete das Ziel dieser Institution „Schutz vor dem Klassenfeind (westliche Kapitalisten) und vor Faschismus“ [...]“ („Herrschaftsmechanismen“). Sie ermöglichte eine dauerhafte Regierung, die Angst vor den unmenschlichen Methoden der Stasi hielt den Staat zusammen. Die Stasi arbeitete „im Untergrund“, niemand wusste genau, wer für die Stasi arbeitete und wer nicht und wer einen wo und wie bespitzelte. Oft waren nahestehende Person sogenannte inoffizielle Mitarbeiter, die einen ausspionierten (vgl. „Herrschaftsmechanismen).

3. Fazit

Es ist falsch, wenn man über die DDR redet, nur an Negatives zu denken. Wie alle politischen Systeme gab es auch gute Dinge, Vorteile. So beispielsweise die besondere Hilfsbereitschaft oder die Gemeinschaft, die unter der Bevölkerung herrschte. Auf der anderen Seite steht allerdings die dauernde Bespitzelung durch den Staat und das große Misstrauen gegenüber allen. Auch die vielgelobten Arbeitsplätze, die es für alle gab und die billigen Wohnungen haben eine Schattenseite: Verlust der Individualität und, natürlich, Verlust der eigenen Meinung, denn die durfte man, insofern sie gegen die Regierung war, nicht äußern. Außerdem ist es meiner Meinung nach erschreckend, dass politische Beziehungen darüber entschieden, welche Stelle man bekam. So muss man bei fast allen Vorteilen einen Nachteil mitbedenken. Vor dem Hintergrund der günstigen Lebensmittel zum Beispiel ist es wichtig zu wissen, dass es nur unzureichend viele Lebensmittel gab und keine große Auswahl. Die geringe Kriminalitätsrate ist auch nur darauf zurückzuführen, dass die schlimmsten Verbrechen auf das Konto der Stasi gingen.

Einige Dinge, wie die gute Kinderbetreuung, die soziale Absicherung etc., waren wirklich vorteilhaft. Trotzdem denke ich, dass die Nachteile überwiegen und ich für meinen Teil bin froh, nicht in der DDR gelebt zu haben. Ich denke, dass sich zwar viele Nachteile nicht auf das alltägliche Leben bezogen haben und von vorbildlich lebenden Menschen kaum wahrgenommen wurden, sie aber nichtsdestotrotz da waren.

Dass es Menschen gibt, die sich die DDR wiederwünschen, zeigt meiner Ansichten nach nur, dass sie nicht genug über die DDR wissen.

Es ist wichtig, dass gerade Jugendliche eine umfassende Bildung über die Geschichte der deutsch-deutschen Teilung erhalten.


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