Wie im schlechten Film, bei dem man hinter die Kulissen geschaut hat…

Ich habe wirklich nichts gelernt im vergangenen Jahr. Naja, vielleicht doch. Nämlich zumindest nun zu erkennen, wenn ich in ein Verhaltensmuster zurückfalle, von dem ich eigentlich schon gehofft hatte, es abgelegt zu haben. Angeblich soll das ja schon mal eine Verbesserung sein :-)

Angefangen hatte heute Morgen alles gar nicht so schlecht. Ich war voll motiviert ein neues Land und eine neue Insel anzugehen und völlig sicher das nun alles besser und viel spannender werden würde. Um acht Uhr holte mich das Bustaxi ab und brachte mich zum Hafen in Kuah, der „Hauptstadt“ von Langkawi. Danach hatte ich noch genug Zeit Geld am ATM abzuheben und meine Entscheidung am Wechselschalter umzuwerfen, mir erst Thailändische Baht auf Koh Lipe zu besorgen. 5 Minutenn später war dann der Vorsatz des gesunden Ernährens ebenfalls wieder über Bord geschmissen und in einer kleinen Selbstbedienungsbäckerei erstand ich von meinen letzten Malaysischen Ringgit einen dicken Schokomuffin und eine Cola.

Auch die Fährenfahrt verlief problemlos, weil mal wieder schlafend :-) Zu sehen gab es dank Milchglas sowieso nichts. Umso erstaunter war ich, als wir auf Koh Lipe ankamen und mich der erste Anblick an die typischen kleinen Inseln in Filmen erinnerte, in denen Schiffbrüchige landen, oder Flugzeuge abstürzen (hier wurde bestimmt „Lost“ gedreht :-D ). Umsäumt von rund geschliffenen großen Felsen und Palmendschungel, landete ich an einer traumhaften Bucht, mit türkis grünem, glasklaren Meer, dass mich an das Meer in Indonesien erinnerte (ist vielleicht auch dasselbe, aber mein Kartendenken ist sehr bescheiden). Einzig die grauen Wolken darüber und Hunderte von Booten und Schiffen die in Meter-Abständen vor dem Strand schwammen störten das Bild.

Wir wurden mit eben diesen kleinen Langbooten von der Fähre zum Strand gebracht und dann zunächst zur Immigrationsstelle geschleust, an der unsere Pässe bereits auf uns warten sollten. Die wurden uns nämlich während der Fahrt abgenommen und anscheinend war ich die Einzige, der das Unbehagen bereitet hatte. Irgendwie habe ich mir aus schlechten Filmen den Vorsatz eintrichtern lassen „wo mein Passport hingeht, da geh ich auch hin!“. Vor allem in Thailand…

So schnell kann sich das ändern! Zum Glück wartete er aber tatsächlich schon am Immigrationsstand (der tatsächlich genau wie eine Souvenierbude aufgebaut war) auf mich und nach kurzem Abstempeln desselben und Einsammeln meines Rucksackes machte ich mich auf den Weg zur nächsten Unterkunft. Dieses Mal deutlich besser vorbereitet, hatte ich mir zwei Namen von Ressorts in mein Handy gespeichert, die wohl auch Unterkünfte im Budget-Bereich haben sollten, was im Guide mit 250-350 Baht (4-7€) angegeben war. Die erste Adresse war am anderen Ende des Strandes angegeben an dem ich nun stand, also stiefelte ich beherzt und schwankend (seid ihr schon mal in Turnschuhen mit 20 Kilo Gepäck im Sand entlang gewandert??) den Strand entlang und kam klatschnass bei der Dame an der Rezeption an. Unmotiviert und leicht genervt versetzte sie mir dann einen leichten Schock, denn ihre Vorstellung von Budget fing 4-stellig an. Das Günstigste was sie hätten, läge bei 500 Baht und sei noch nicht gereinigt. Das wollte ich mir dann doch entgehen lassen und stiefelte nun ins Inselinnere weiter. Anscheinend können sich 2 Jahre nach Redaktionsschluss eines Reiseführers hier schon Welten ändern. Das Bild was sich nun hier bot, war wirklich erschütternd. Genauso sieht eine ehemalige kleine Trauminsel aus, wenn sie der Massentourismus überfällt wie ein Parasit. Anscheinend hatte ich nicht unbedingt eine Touristenstrasse erwischt, denn hier gab es absolut nichts,außerr ab gerodeten Wäldern und mehr Müllbergen als ich je in meinem Leben gesehen habe. Immer mal wieder kam ich an kleinen Hütten vorbei, in denen die Einheimischen wohl hinter den Ressorts neben noch mehr Müll und Wäscheleinen wohnten.

Nach etwa einer Viertelstunde landete ich wieder auf belebteren Pfaden und die ersten Restaurants (von italienisch bis spanisch war alles dabei und wenn man Glück hatte, boten sie sogar ein paar Thai-Gerichte an) und Souvenirbuden reihten sich ein und verdeckten die Müllberge dahinter. Im kleinen Zentrum der Insel fragte ich dann das nächste Ressort, in der Hoffnung, hier abgelegen von Strandlage, wäre es günstiger, aber stattdessen wurde es schlimmer. Auch hier fing es erst bei 1500 Baht an und den einzigen Tipp einer günstigeren Unterkunft den sie mir geben konnte, war ein Ressort an einer der kleineren Buchten, die evtl. Zimmer ab 800 Baht frei hätten. Etwas entmutigt und fast schon bereuend, dass ich das erste Angebot nicht einfach angenommen hatte, stiefelte ich weiter und fragte dann einfach eine Einheimische an einem kleinen Touristen-Info-Stand (die wechseln sich hier mit jedem Souvenirstand und Restaurant ab) nach wirklich günstigen Unterkünften und nach kurzer Überlegung nannte sie mir das Bonus-Ressort, etwas weiter die Straße hinauf. Dort landete ich kurz später, etwas abgelegen auf einem Hügel im Wald. Klingt sehr viel romantischer als es aussieht, glaubt mir. Die Hütte die ich nun bezogen habe ist schlicht, aber in Ordnung. Aus Bambus und mit Holzfußboden durch den ich den Sand sehen kann, denn die Hütte ist etwa eine halben Meter über dem Boden gebaut. Mein Bett ist eine Doppelbettmatratze auf dem Boden, fest umspannt von einem Moskitonetz und allein das war schon ein guter Grund für mich das Angebot für nun 500 Baht anzunehmen. Ein kleines Außenbad mit Duschkopf an der Wand und  normaler Toilette (hier gibt es überall schon die Bodentoiletten), aber ohne Spülung und Toilettenpapier. Der bewährte Schlauch ist zur Hand :-)

Nach der Aktion ging ich ein wenig missmutig erst einmal auf die Suche nach Frühstück und gönnte mir zur Aufmunterung ein Nutella-Bananen-Pancake und einen Coconut-Lassi. Hat leider aber nicht viel geholfen, denn danach habe ich gut eine halbe Stunde vor mich hingestarrt und überlegt wie es weitergehen soll. Da es immer grauer wurde und es sogar anfing zu tröpfeln, fühlte ich mich auch nicht besonders schuldig nur dumm herumzusitzen.

Und damit sind wir auch schon am Punkt angelangt. In den letzten Tagen habe ich außer den Mahlzeiten nicht viel genossen, wieder getrieben von dem Gefühl, die Zeit doch sinnvoll nutzen zu müssen. Das alte, tiefeingeprägte Gefühl der Produktivität hat mich wieder. Monatelang habe ich daran gearbeitet das loszuwerden und kaum aus Australien abgereist, haben seine Krallen sich wieder gezeigt. Ich fühle mich schlecht, wenn ich einfach nur am Strand herumliege satt zu erkunden, habe Schuldgefühle wenn ich abends im Bett ein paar Serien anschaue, statt meine Reiseführer zu wälzen und bedauere jeden Tag den ich durch ungenügendes Vorbereiten an das Reisen verliere. So wird das aber nix. In meinem Kopf rechtfertige ich mich ununterbrochen gegen verschiedene Stimmen die mir einreden, ich müsse doch dies sehen und das machen, was ich doch alles verpasse, wenn ich dort nicht hingehe und jenes nicht sehe.

Schluss damit. Ab jetzt wird wieder auf das Bauchgefühl gehört, denn das war im letzten Jahr, als es dann endlich zu Wort kam, mein bester Freund! Und wenn mein Bauch gerne Serien schaut, dann ist das keine vergeudete Zeit, denn ich habe sie dann zumindest genossen. Solange ich nicht bei Tageslicht am Strand damit anfange :-D
Und somit hat mein Bauch auch beschlossen, dass wir am Samstag eine 24-Stunden-Fahrt mit Fähre, Bus und Zug durch halb Thailand auf uns nehmen und nach Bangkok übersiedeln. Ich habe auch in einem der Touri-Info-Stände einen annehmbaren Preis angeboten bekommen, komplett von hier nach Bangkok für 1300 Baht (etwa 32€), mit Schlafwagen im Zug. Die Inseln können mich jetzt erstmal und wenn mir am Ende meiner Reise noch der Sinn danach steht, kann ich dann noch meine Beihilfe zum Massentourismus leisten, im Moment sehnt es mich einfach nach anderen Dingen.

Ebenso hat mein Bauch entschieden, dass auch wenn es das Sinnvollste wäre, von Bangkok aus, bzw. Chiang Mai, was ich von dort aus nun besuchen möchte, weiter nach Laos zu reisen, mir auch danach gerade nicht der Sinn steht. Zumal ich momentan noch zerstochen werde wie verrückt und ich erstmal eine Taktik entwickeln muss um das einzudämmen, bevor ich in das Komplett-Malaria-Gebiet Laos reise. Irgendwie ist mir dabei gerade noch mulmig zumute (das hab ich der übereifrigen Frau Traveldoctor zu verdanken. Super!). Eigentlich war ja Kambodscha als nächster Stopp geplant, aber wie ihr ja vielleicht in meinem Twitter-Post gelesen habt, habe ich dort die Zusage zu einem 10-Tages-Meditations-Kurs Anfang März bekommen (vor dem mir auch noch ein wenig mulmig ist, aber das ist ein gut-mulmig) und so werde ich Kambodscha im März anschließend erkunden und den Februar davor dann mit Vietnam füllen. Falls ich dann im April genug  Mut für Laos habe, geht es dahin. Oder nach Japan, mal sehen :-D

Nun sitze ich in meiner Hütte, habe mich bereits mit einem halben Buch von Kerstin Gier ein wenig aufgemuntert (auch wenn mein Nachbar alle 5 Minuten scheinbar fast an einer Hust- und Rotzattacke widerlich zu Grunde geht und das etwas dämpft) und höre wie es draußen weiter vor sich hin regnet. Wenn morgen das Wetter wenigstens ein paar Schnorchelversuche zulässt, bin ich schon mehr als zufrieden, ansonsten habe ich die Nase gerade mal kurz ein wenig voll vom Reisen. Aber dank meiner berechenbar unberechenbaren Stimmungswechsel, kann das morgen Früh ja schon wieder ganz anders aussehen :-)



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