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“Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.” (Antoine de Saint-Exupéry)
Meine ersten Erinnerungen ans Meer sind nur wage und sie stammen aus einer Zeit, in der es für mich nur drei öffentlich-rechtliche Fernsehprogramme als Flucht in ferne Welten gab. Eines der Highlights aus dieser Zeit war mit Sicherheit die ZDF-Serie “Das Traumschiff”, damals noch mit der mittlerweile legendären MS Deutschland. Als kleiner Junge, der in den bayerischen Alpen, fernab von den Ozeanen dieser Welt aufwuchs war das eine ganz faszinierende Welt die sich da auftat. Sommer, Sonne, Strand und Meer fand ich dabei wesentlich faszinierender als die belanglosen Kitschgeschichten mit eingebauter Happy-End-Garantie. Eigentlich war diese Serie von Wolfgang Rademacher nur der deutsche Abklatsch des amerikanischen “Love Boat” aus den siebziger Jahren, aber was wusste ich kleiner Pimpf damals schon? Ich wollte einfach mal ans Meer, von dem alle so schwärmten…
Sonnenuntergang am Schliersee in meiner Heimat Bayern.
Bisher kannte ich als größere Gewässer nur den heimischen Schliersee oder die Isar, deren Weg Richtung Donau und Schwarzes Meer seit ich einen Atlas hatte zigmal mit dem Finger auf der Landkarte verfolgte. So richtig vorstellen konnte ich mir das nicht und das fällt sicher jedem schwer zu glauben der das Glück hatte am Meer aufzuwachsen. Mir blieb es erst einmal verwehrt, ich hatte bereits Meerweh bevor ich es überhaupt kannte.
Mitte der 1980er Jahre tat sich dann endlich ganz unverhofft die erste Gelegenheit auf. Die Sommerferien standen und an und meine Mutter hatte für mich in einem Ferienheim der Deutschen Bahn ein paar Wochen auf der Nordseeinsel Sylt organisiert. Ein Kuraufenthalt im Reizklima der Nordsee sollte es werden, denn schon früh war ich von Heuschnupfen und Allergien geplagt. Mit dem Nachtzug ging es von München über Hamburg Richtung Hindenburgdamm, wo ich schon die ersten Wellen links und rechts der den Gleise sah – was für ein Erlebnis!
Die paar Wochen in Wenningstedt nahe Westerland kommen mir selbst jetzt nach so langer Zeit noch wie eine Ewigkeit vor, denn es gab jeden Tag soviel zu erleben. Baden im Meer stand an erster Stelle und ich denke nur zu gerne daran zurück wie die Wellen des salzigen Wassers meinen Körper sanft auf und ab hoben. Auch die Tatsache, dass das Wasser mit den Gezeiten verschwand und wieder kam faszinierte mich erst recht, jetzt wo ich es live erlebte. Seit jener Zeit führen mich meine ersten Schritte auf Reisen Richtung Meer zu aller erst an den Strand, ans Wasser, wo ich mit meiner Hand oder den Füßen das Meer begrüße. Ich muss es wohl immer erst einmal begreifen, dass ich jetzt wirklich da bin – im wahrsten Sinne des Wortes.
Ebenso blieb mir ein Ausflug mit der Fähre nach Helgoland als ganz besonders im Hinterkopf. Das war schon eine ganze andere Welt, mit dem Schiff auf Hoher See – was ich damals trotz heftigem Wellengang ganz gut überstanden habe. Land in Sicht! Von Bord gehen und die Insel erkunden. Ein erstes Gefühl dafür, wie so eine Kreuzfahrt sein könnte war plötzlich da.
Im Ausflugsboot in der Nordsee… diesmal bei ruhigen Fahrwasser.
Die Jahre gingen ins Land und so richtig Urlaub am Meer konnten wir uns als Familie mit drei Kindern nie leisten. Aber Sylt und das Meer waren immer noch ganz in tief meinem Herzen. Auch im Fernsehen lief weiterhin das Traumschiff, Spielfilme mit wilden Seefahrern auf dem Wasser und todesmutigen Agenten unter Wasser, sowie die ein oder andere Dokumentation über ferne Regionen auf dem Globus. Die Sehnsucht nach dem Ozean verschob sich während der Lehrzeit erst einmal in den Hintergrund, erst in meinen vier Jahren als Zeitsoldat bei der Bundeswehr verschlug es mich wieder an die Nordsee. Gleich zweimal kam ich wieder nach Sylt – einmal im Winter und einmal im Sommer – einmal auf Lehrgang und ein anderes mal auf Kur wegen schwerer Neurodermitis. Diese Insel ließ mich einfach nicht los, aber warum sollte es mir besser gehen als den Ärzten? Und ich meine damit jetzt eindeutig die beste Band der Welt!
Das Meer war für mich spätestens seit dieser Zeit Heilung und Wohlfühlfaktor, aber ebenso ein Sehnsuchtsort und Fernwehmultiplikator. Selbst in den paar Wochen im winterlichen List, ganz im Norden von Sylt, konnte ich stundenlang am Strand spazieren, die Gedanken schweifen lassen und meine Träume mit einem Schiff am Horizont auf die Reise schicken. Im Sommer faszinierte mich auch die Sichtung von zwei Schweinswalen, welche ganz nah am Strand schwammen. Mutter und Kind dieser inzwischen leider seltenen Gattung waren vor Sylt unterwegs, was für schöne Tiere.
Wieder sollte es einige Zeit dauern bis ich mein Geld für Reisen ausgab und nicht nur für mein großes Hobby die Musik. Der erste Urlaub nach langer Zeit führte mich nach Korfu, wo ich endlich auch einmal ein wirklich warmes Meer kennen lernte, welches nur geringfügig von Ebbe und Flut beeinflusst war. Hier in Griechenland packte mich 2005 das Reisefieber dann endgültig, von da an gab es kein halten mehr: Wann immer es Zeit und Geld zuließen waren ein paar Tage am Meer angesagt. Es folgten Fuerteventura und Teneriffa auf den Kanarischen Inseln, die Türkei, Griechenland, die Dominikanische Republik in der Karibik und die Malediven als weitere Traumziele, ebenso aber wieder ein paar Tage auf Sylt. Das Thema Bloggen habe ich damals gerade so für mich entdeckt, mehr aber als Hobby um den daheimgebliebenen zu zeigen wo ich war. Die Malediven lieferten dann auch tatsächlich den Content für die ersten Beiträge in meinem ersten, kleinen Reiseblog. Kein Wunder, denn die nagelneue Spiegelreflexkamera machte mit solchen Motiven wirklich Spaß.
Zu Besuch im Paradies: Die Malediven!
Dann geschah das für mich heute immer noch Unfassbare: Ich gewann eine Kreuzfahrt! “Wolkenlos” hieß die Sendung auf VOX damals, der ich immer noch ein wenig nach trauere, denn das Format war wirklich sehenswert.
Eine Woche nördliche Karibik für zwei Personen in der Außenkabine mit Flug und 500,– Euro Taschengeld bescherten mir eine unvergessliche Zeit, wie im Beitrag “Kreuzfahrt: 7 Tage AIDAaura in der Karibik” nachzulesen ist. Von da an hatte mich das Kreuzfahrtfieber gepackt, jedoch ganz anders als die meisten anderen Menschen, in der Beziehung war ich zu sehr Realist. Ich wollte an Bord arbeiten um ferne Länder über das Meer zu besuchen, denn eigentlich war mir das damals als Urlaubsform ein wenig zu teuer. Mein Hobby Musik war schon längst ein lukrativer Nebenjob und so heuerte ich nach einem erfolgreichen Casting tatsächlich für zwei Touren mit insgesamt 117 Tagen als DJ an Bord der AIDAvita an. Nachzulesen gibt es das im Detail in den Beiträgen “Arbeiten auf dem Kreuzfahrtschiff – Teil 1” und “Arbeiten auf dem Kreuzfahrtschiff – Teil 2”. Von der Faszination des Reisens auf dem Meer wollte ich berichten und mit meinem Maskottchen Jack Bearow, einem waschechten Seeräubär aus Sylt, überstand ich diese lehrreiche und arbeitsintensive Zeit im Mittelmeer und in der Karibik recht gut. Trotz all der Arbeit auf dem Kreuzfahrtschiff durfte ich tatsächlich so einiges sehen und erleben worüber ich gerne berichten wollte.
Der wohl schwierigste Tag an Bord war der 12. Januar 2010, als nur wenige Seemeilen von unserem Schiff entfernt auf Tahiti die Erde bebte. Natürlich erfuhr ich erst im Nachhinein davon, doch die Tatsache, dass wir hier an Bord Party feierten und nur aufgrund amerikanischer Hygiene-Vorschriften tagtäglich Unmengen von übrig gebliebenem Essen vernichteten, während nebenan im wahrsten Sinne des Wortes die Welt unterging, brachte mich zum Nachdenken. Doch was soll man machen, wenn die Gäste viel Geld für eine gute Zeit bezahlt haben? Die Maske aufbehalten und das “Ja, gerne!”-Spiel weiterspielen, doch die Verlängerung meines Vertrages stand für mich nicht mehr zur Diskussion, auch wegen weiterer Faktoren wie Bezahlung, Unterkunft und Freizeit, welche in keiner Relation zur Arbeit standen.
Einer meiner schönsten Tage in der Zeit als AIDA-DJ:
Ausflug nach St. Barth in der Karibik.
Trotz dieses unverfälschten Blicks hinter die Kulissen der Kreuzfahrtindustrie bin ich der Kreuzfahrt treu geblieben. Meine Neugier war geweckt, doch für das bisschen Heuer und die anstrengende Tätigkeit als Teil des Animationsteams wollte ich keinesfalls mehr an Bord sein. Außerdem wollte ich andere Kreuzfahrtgesellschaften kennenlernen. Und ob man es glauben mag oder nicht, dabei half mir dann tatsächlich die Tätigkeit als Kreuzfahrt- und Reiseblogger. Es war zwar nie so beabsichtigt, da ich auch gar nicht wusste, wie stark sich die PR-Branche im Tourismus mittlerweile auf Blogger fixierte, doch scheinbar lasen nach und nach die richtigen Leute meine Reiseberichte.
Einladungen, wie etwa von Tallink Silja in die Ostsee oder mit der MSC Sinfonia in die Fjorde von Norwegen folgten und sorgten so dafür, dass ich aus meiner Leidenschaft für die Kreuzfahrt endlich auch ein wenig Kapital schlagen konnte, ohne selbst viel Geld dafür zu investieren.
Der Coconut Rock im türkisblauen und badewasserwarmen Meer vor Mauritius.
Neben Nord- und Ostsee, Mittelmeer und Karibik war ich in den letzten Jahren auch im Atlantik, Pazifik und Indischen Ozean unterwegs und das nicht immer bei Schönwetter. Auch Windstärke Neun im Golf von Korsika brachten das Kreuzfahrtschiff ganz schön zum Rollen und Stampfen. Sehnsuchtsziele wie die Seychellen oder Hawaii habe ich bereits besucht und ich werde einfach nicht müde das Meer zu befahren.
Zu den absoluten Highlights zählen auf jeden Fall die Momente, in denen ich Wale, Delfine oder Schildkröten auf dem Meer entdeckte. Diese Meeresbewohner üben ein ganz eigene Faszination auf mich aus, worüber ein eigener Blogbeitrag berichtet: Faszination Wal- und Delfinbeobachtung. Mit dem Tauchen habe ich es daher auch einmal probiert, bin aber nicht der Typ dazu und bleibe lieber auf dem Wasser.
Es sind vor allem Momente wie in der Fotografie ganz zu Beginn dieses Beitrages, entstanden erst vor einer Woche in der Ostsee auf dem Weg von Stockholm nach Riga, die ich so sehr an der Reise über das Meer mag. Meer und Sonne, Wasser und Licht, der scheinbar endlose Horizont…
Was ich noch sehen und erleben will? Oh das sind große Träume…
Mit den Hurtigruten-Postschiff entlang der norwegischen Küste bis zum Nordkap und die Nordlichter sehen. Am Kap der Guten Hoffnung vorbei Richtung Pazifik, Osterinsel und in die Südsee nach Tahiti und Bora Bora fahren. Einen Abstecher mit einem Expedtionsschiff auf Kreuzfahrt zu den Pinguinen in die Antarktis machen. Mit einem Tall Ship unter vollen Segeln kreuzen, den Suez- und Panamakanal durchqueren. Vor Alaska oder Neufundland Wale beobachten und vielleicht sogar mal als Gast auf einem Frachtschiff mitfahren. Es gäbe noch so viel zu sehen, so viel zu erleben, alles auf dem Meer…
Vor allem aber will ich wieder in dieser Branche arbeiten, ich möchte den Leuten Lust auf Kreuzfahrt machen und damit mein Geld verdienen. Warum auch nicht? Es hat ja bereits einmal geklappt, dass ich mein Hobby, meine Leidenschaft, zum Beruf gemacht habe.
Aber warum schreibe ich das heute alles? Und wen interessiert es eigentlich?
Mich hat eine ganz einfache Frage nicht mehr losgelassen:
Was bedeutet mir das Meer?
Diese Frage stellte mir die gleichnamige Blogparade des Deutschen Historischen Museums in Berlin und bevor ich wieder nur mit vielen schönen Bildern und dutzenden Links davon prahle wo ich schon überall war, wurde es endlich einmal Zeit im Detail zu schreiben wie es überhaupt dazu kam. Alles nur durch die Sehnsucht eines kleinen bayerischen Jungen nach dem so weit entfernten Meer, den weißen Operettenuniformen der Schiffsbesatzung an Bord des Traumschiffes und der Heilung von Körper und Geist durch das Rauschen und den Geruch des Wassers…
Dieser Artikel nimmt Teil an der Blogparade „Europa und das Meer – Was bedeutet mir das Meer?“ #DHMMeer
http://www.dhm.de/blog/2018/06/20/blogparade-europa-und-das-meer-was-bedeutet-mir-das-meer-dhmmeer/
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