Wie ich doch noch zu Franziska Linkerhand kam

Eine Frage von Dekabrista brachte mich dazu,  “Franziska Linkerhand”aus dem Regal zu nehmen. “Franziska Linkerhand” begleitet  mich seit meiner Kindheit.

Stoisch stand es im Bücherregal, neben der verlorenen der Ehre der Katharina Blum (” Die verlorene Ehre der Katharina Blum”). Es gehörte der jüngsten Schwester meiner Mutter, die wie es den Jüngsten oft nachgesagt wird, die rebellische Ecke in der damals neunköpfigen köpfigen Familie besetzte.

Späte sollte jene rebellische Ader dazu führen, dass sie erbost ihr Philosophiestudium in Ostberlin hinschmiss. Weder  Inhalte,  noch  Taten deckten sich mit ihrem Verständnis vom sozialistischen Staat.

Das war vor meiner Zeit.

Meine Erinnerungen an S. reichen zurück bis 1975, da wohnte sie bereits am südlichen Stadtrand in einem Plattenbau mit Kind,  ohne Mann.

Ich besuchte sie oft. Das Buch im blassblaugrünen Einband und einem Frauengesicht, verliess nie seinen angestammten Platz. Katharina Blum und Franziska Linkerhand schienen unzertrennlich.

S. arbeitete seit ihrem abgebrochen Studium im hiesigen Chemiewerk. Seltsamerweise verfiel sie nicht in Lethargie. Das riesige Leunawerk ,bot ihr eine Menge unterschiedlichster Charaktere, Lebenswege, Auffassungen. Ihre Neugierde am Menschlichen, am Psychologischen, ja auch Philosophischen fand Futter. Es war jetzt praxisnah.Sie blieb lebendig, innerlich unruhig, sprühend, wach.

Die Liebe(und ein zweites Kind)verschlugen sie  nach Cuba.Ich  glaube, sie hoffte dort noch etwas zu finden, das es in der DDR schon lange nicht mehr gab.

In den Containern war kein Platz für eine aufmüpfige Frau wie die Linkerhand.Das Buch mit dem blassblauen Umschlag sollte DDR Bürger bleiben.S. bot es  mir zur Adoption an,ich lehnte ab. Es schien mit meiner pubertären Wirklichkeit wenig zu tun zu haben.

Franziska Linkerhand fand doch noch eine Nische imMöbel Container  und begab sich auf die lange Reise ins sozialistische Ausland. Zwei Jahre   im sonnigen, durchaus zum Teil idealistischen,  aber ärmlichen Cuba gingen ins Land. Wir schickten Care Pakete, aber auch die ließen S. dort nicht heimisch werden.bis Das nun schon etwas vergilbte Buch  nahm bald seinen angestammten Platz neben Katharina Blum wieder ein ,im  Plattenbau. am Rande der Stadt.

S. teilte sich die Wohnung nun mit 2 Kindern.

Die Jahre waren bewegt, das Buch stand dort  wo es immer gestanden hatte, neben Katharina Blum.

Unterdessen( kaum 16 jährig)verließ ich das elterlich-mütterliche Nest. Früh flügge unternahm ich erste Flugversuche im eigenen Leben,  nah  der polnischen Grenze.Das Ersatznest im betriebseigenen Internat des Textilbetriebes bot Heimat

Ich wurde Kandidat der SED,  aus Überzeugung. Ein  Jahr später trat ich aus Überzeugung nicht ein.Dieser Schritt bereitete Probleme und ließ mich desillusioniert zurück. Antworten, die ich in der Kandidatenschulung nicht hatte finden können, suchte ich nun in den Jugendstunden der Kirche, zu denen mich eine Zimmerkameradin überredete. Ich wurde fündig und wechselte kurze Zeit später den Arbeitgeber(Diakonie).

Es  war das Jahr 89, aus einem Ungarnurlaub kehrte ich nicht wieder.

Die Wende kam, die Mauer fiel.Ich erlernte einen Beruf,verliebte mich,heiratete bekam Kinder.

Meine östliche Identität  versuchte ich abzustreiften, wie eine zu enge Haut.Nicht aus  Scham, auf mein Ossisein war ich stolz, nicht traumatisiert, ehr aus denselben Gründen ,die Franziska Linkerhand im Roman  bewogen  in eine  entstehende Plattenbaustadt,eine Stadt ohne Vergangenheit zu ziehen.

Das Land jeneits der  Mauer , die nur wenige Monate später Geschichte sein sollte,versprach einen Neuanfang auf unbelasteten Terrain. Vermeintlich fernab von Indoktrination , Doppelbödigkeit und Bespitzelung.

Die  seltenen Besuche in meiner Heimatstadt, ebbten nach der Geburt des ersten Kindes ganz ab.

Es gab ein Ereignis, sagen wir mehr eine Information als ein Ereignis, die  mich drängte  mich mit meiner östlichen Vergangenheit auseinanderzusetzen.

 Wie sehr  mir  dieser Teil meiner Identität gefehlt hatte, merkte ich erst beim Nachhausekommen.Mit meinen Kindern mietete ich mich in der stilvollen Jugendherberge in Halle/Saale ein.  Wir suchten gemeinsam  die Orte meiner Kindheit auf, fuhren Pioniereisenbahn, die nun Peissnitzexpress hieß, erkundeten Halle-Neustadt und verbrachten erlebnisreiche nost-ostalgische Ferien.

Der Kontakt zu S. , die nicht mehr in  den Leunawerken arbeitete, weil es dieLeunawerke nicht mehr gab, intensivierte sich wieder.  Sie besuchte ABM Maßnahmen,  noch immer mit derselben Neugier und Geradlinigkeit und sie teilte ihre  Plattenbauwohnung nun  mit einem wadenbeissenden Kater, während auch ihre Kinder flügge geworden, das mütterliche Nest verlassen hatten.

Franziska Linkerhand, jedoch, stand wo sie immer gestanden hatte, neben Katharina Blum.

Vor einem Jahr begegnete  mir das Buch in einem anderen Kontext. Gemeinsam mit den Kindern kurte ich im idyllischen Buckow.  Es zog mich statt zu den kurinternen Therapien (die gut waren,keine Frage ) ins  Buckower Antiquariat  . Eine Regalwand bestückt mit DDR Literatur  beschäftigte mich einige  Vormittage.Hier begegnete ich dem Buch mit dem blassblaugrünen Einband wieder. Dieses Mal sagte ich nicht nein und nahm auch noch  Maxie Wander und Eva Strittmatter mit.

Ich war jetzt neugierig auf  diesen Roman von Brigitte Reimann.   und ich las ihn durch,leidenschaftslos leider , eben weil es mal an der Zeit war. Irgendwie erreichte die  Geschichte  mich nicht, später bekam sie ihren  Platz neben Maxie Wander.”Die verlorene Ehre der Katharina Blum” besaß ich nicht.

Inspiriert von Dekabristas Frage holte ich Franziska Linkerhand gestern aus dem Regal.Es schien mir zu der Stimmung zu passen , in der ich nach dem Lesen von “Gewöhnliche Leute” verfallen war.

Ich las die ganze Nacht, fiebernd, verschnupft ,gefangen. 5.30 löste ich mich um das Frühstück für die Kinder zu bereiten…Warum ergreift einen ein Buch zu einem Zeitpunkt gar nicht um einen nur ein Jahr später so in den Bann zu ziehen…

So jetzt aber schnell den Text korrigieren und dann zurück nach Hoyerswerda. (Es wird vermutet das es die Stadt ist über die sie schreibt)

Ich



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