Wie ich die Entscheidung traf ein Pflegevater zu werden

Meine persönliche Geschichte ist bestimmt nicht typisch. Aber sie zeigt, dass jeder Weg zur Pflegefamilie ein ganz individueller ist.

Nach der Schule wollte ich direkt Erzieher lernen. Ich wollte schon immer mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Ich hatte auch mein Schulpraktikum schon in einer OT (Offenen Tür) gemacht.

Aber zur damaligen Zeit legte man noch sehr viel Wert darauf, dass ein Erzieher nicht nur die Ausbildung macht sondern auch schon etwas Lebenserfahrung mitbringt. Also etwas anders als heute.

Der gängige Satz war: “Du bist noch zu jung. Sammel erst noch etwas Erfahrung.”

Wie alles begann

Gesagt getan. Also bin ich erstmal für acht Jahre zur Bundeswehr gegangen (1987). Im Rahmen der Berufsförderung habe ich dann die Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher gemacht.

Mein Anerkennungsjahr habe ich bei der CJG (Caritas Jugendhilfe Gesellschaft) gemacht. Anschließend blieb ich noch zwei Jahre als stellvertretender Gruppenleiter.

Die ersten Enttäuschungen

In dieser Zeit wurden meine ersten Ideale desillusioniert. Durch die Einblicke in das tägliche Gruppengeschäft wurde mir klar, dass Jugendhilfe nichts anderes ist als ein Business. Allerdings gut getarnt in der Umhüllung des sozialen Tarnmantels.

Der damaligen Heimleitung war zur Profitoptimierung nichts mehr heilig. So wurden die Gruppen auf Teufel komm raus belegt. Dabei war es dann egal, ob das aufzunehmende Kind in die Gruppe und deren Konzeption passte oder nicht. Hauptsache belegt!

Ein anderer Versuch

So wollte und konnte ich nicht arbeiten. Man merkte, dass es keinem gut ging. Den aufzunehmenden Kindern nicht, weil sie nicht in die Gruppe passten; den Bewohnern auch nicht, weil es wahnsinnige Konflikte gab.

Also zog ich die Konsequenz, kündigte und heuerte in der freien Jugendarbeit an. Also solchen Trägern die von sich behaupten besser zu sein, da sie das Prinzip der Individual-Pädagogik verfolgen.

Aber auch da war es nicht wirklich besser. Ich sage nur: “Modernes Sklaventum!” Man bekam einen Arbeitsvertrag wie ein Angestellter, war aber nur freier Mitarbeiter. Im Klartext bedeutete das: Keine Sozialleistungen. Man musste sich selber krankenversichern, selber “freiwillig” in die Rentenkasse zahlen und natürlich noch Vorsorge treffen. Ich glaube man nennt es auch Scheinselbständigkeit. Wenn nun das Ersparte den Kindern und Jugendlichen zu gute gekommen wäre, hätte ich vielleicht darüber hinwegsehen können. Aber…

Wie man noch mehr Geld scheffelt

Das meiste Geld floss in die Taschen der Gesellschafter. Ein perfider, aber gängiger Trick war folgender:

Billige Arbeitskräfte, freiberuflich eingestellt als 400 Euro Kraft (der Rest schwarz) und die Kinder und Jugendlichen in runtergekommene Wohnungen untergebracht. Das schlimmste, was ich bei einem Träger erlebt habe war, das polnische Frauen als Hauswirtschaftlerinnen freiberuflich, auf 400 Euro Basis “eingestellt” wurden, tatsächlich aber als Erzieherinnen dort arbeiteten und schwarz bezahlt wurden. Und das mit Wissen des zuständigen Jugendamtes.

Und so zog ich von Träger zu Träger und fast überall das gleiche Bild. Aber ich wollte meine Ideale nicht aufgeben. Und so reifte in mir immer mehr der Gedanke, selber etwas auf die Beine zu stellen.

Erzieher-Weg

Wohin geht mein Weg?

Nach vielen Gesprächen, Recherchen und einem abschließendem Gespräch mit dem Landesjugendamt stand fest: Wir (meine Frau, unsere Tochter und ich) gründen eine Fachpflegefamilie.

Das es dann noch zwei weitere Jahre bis zur ersten Aufnahme dauern würde, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die Gründe dafür sind aber eine andere Geschichte. Aber auch diese werde ich hier veröffentlichen.

Aber warum Fachpflegefamilie?

Ich möchte hier keiner Kollegin und keinem Kollegen ans Bein pinkeln. Die Arbeit im Heim ist hart. Aber lasst uns ehrlich sein. In der heutigen Zeit sind die Heime größtenteils Verwahranstalten. Auch wenn es da sicherlich Ausnahmen gibt. Wie wahr das noch gleich mit der Ausnahme und der Regel?

Ich kann mich einfach nicht mit der klassischen Heimerziehung und der Art der meisten freien Trägern identifizieren.

Durch die Genehmigung als Kleinstheim kann ich nun zwei Pflegekindern ein zu Hause bieten. So habe ich auch die Freiheit, meine pädagogische Arbeit so umzusetzen, wie ich es mir vorstelle. Und das geilste daran ist, ich werde auch noch von einem tollen Träger unterstützt, weitergebildet und begleitet.

Und jetzt?

Habe ich diesen Schritt jemals bereut? Bereut nicht. Aber es gab sicherlich Situationen, wo ich an meine Grenze gekommen bin (und vielleicht sogar ein Stück darüber). Und dann habe ich mir die Frage gestellt, ob ich das alles packe. Und in solchen Situationen war ich dann froh, dass ich mir den Träger ganz genau ausgesucht habe. Denn dann kam unsere Fachberatung und hat mich wieder in die “Spur” gebracht.

Ob ich diesen Schritt noch einmal gehen würde? Ja! Denn es ist trotz aller Schwierigkeiten so, dass es toll ist, Kindern die entwurzelt wurden die Möglichkeit zu geben, wieder Wurzeln schlagen zu können.

Beste Grüße,
Thomas

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Dieser Artikel motiviert

Dieser Artikel, diese Wahrnehmungen und Gedanken über die stationäre kinder- und Jugendhilfe treffen haargenau auf meine Erfahrungen zu. Ich habe meine Vertrag zum 30.6. gekündigt und dieser Artikel motiviert mich wieder Perspektive für mich zu schaffen in dem ich meinen Wunsch eine Pflegefamilie zu gründen umsetzen möchte!

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Papa Wahnsinn 2014-06-26T00:08:11+00:00

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Dieser Artikel, diese Wahrnehmungen und Gedanken über die stationäre kinder- und Jugendhilfe treffen haargenau auf meine Erfahrungen zu. Ich habe meine Vertrag zum 30.6. gekündigt und dieser Artikel motiviert mich wieder Perspektive für mich zu schaffen in dem ich meinen Wunsch eine Pflegefamilie zu gründen umsetzen möchte! http://www.papa-wahnsinn.de/testimonials/dieser-artikel-motiviert/

Prinzipien treu geblieben

Ich habe deinen Bericht m großem Interesse gelesen u ziehe meinen Hut davor, dass du deinen Prinzipien treu geblieben bist.

Anja S. via Facebook

Papa Wahnsinn 2014-06-26T00:21:39+00:00

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