Wie fesselt man den Wind.

Wenn ich diesen Beitrag hier schreibe, dann sitze ich hier, mit Tränen in meinen Augen, erschüttert, traurig. Die Nase läuft, aus Tränen wird ein Weinen und Schluchzen. Kein „Hallo, ich bin zurück aus Hamburg und es war so schön mit meinen Kindern dort“, kein „ich wünschte, ich hätte ein paar Tage dranhängen können“. Nein. Ich sitz hier und während ich „Wovon träumst du“ von Roger Cicero höre, trauere ich und fühle mich unendlich klein und voller Angst. Grad eben kam die Nachricht heraus, dass der erst 45 jährige Sänger am Wochenende verstorben ist. FÜNDUNDVIERZIG JAHRE. Nur drei Jahre älter wie ich. Mann, Partner. Familienvater. Begnadeter Künstler. Sympathischer Mensch. Viel zu jung. Hirnschlag. Erst gestern Abend, wir haben mit meinen Jungs und meinem Exmann und dessen Frau Karten gespielt, haben wir über ihn gesprochen und ich hab gesagt, wie gern ich ihn mal live sehen möchte. Da war er schon tot.

Wenn Seelensachen zum wohl „persönlichsten“ der Wohnblogs unter die 10 besten gewählt wurde (Living at home), dann möcht ich endlich mal wieder ganz ganz persönlich werden. Ich musste viel nachdenken, als ich diese Auszeichnung gelesen habe, denn mein Blog kommt mir manchmal sehr oberflächlich vor. Ich möcht so gern tief(er) gehen, manchmal viel mehr verraten, teilen, mitteilen. Aber ich habe Familie. Ich habe Kinder, die immer älter werden, ich hab einen Partner, der im Arbeitsleben steht. Ich muss auch an sie alle denken. Ich weiß nicht, ob es meinen Kindern einmal unangenehm ist, wenn ich in der Öffentlichkeit so viel von mir/uns Preis gebe. So tief in meine Gedankenwelt einblicken lasse. Ich hab meine Arbeit, bin selbständig und habe Kunden, – wie viel darf man von sich zeigen, sagen, erzählen, wie viel ist „nicht zu viel“? Ich mache mir oft Gedanken darüber. Man macht sich auch angreifbar, verletzlich,, wenn man viel von sich offenlegt.

Und dann passiert etwas. Ein völlig fremder Mensch, dessen Musik ich sehr schätze, stirbt. Er ist nur drei Jahre älter, als ich es bin. Und es geht so schnell, so plötzlich und mit einem Wuscher prasseln alle meine Ängste auf mich herein. Ich habe oft Angst vorm Sterben. Seit meine Freundin vor ein paar Jahren an Brustkrebs verstorben ist, ist es ganz schlimm, manchmal phasenweise sogar ganz ganz schlimm. Aber es nicht nur die Angst vor Krebs. Es ist auch die Angst vor einem Unfall, vor einer unvorhergesehen Sache, vor einem Anschlag. Meine Flugangst – ihr hättet mich in den letzten Tagen sehen sollen. Ich war tapfer – ja. Meine Kinder waren am Weg nach Hamburg mit dabei und sie sind so cool. Natürlich wollte ich ihnen keine Angst mit meiner Angst machen. Aber die Horrorszenarien, gegen die ich im Kopf ankämpfen muss, wenn ich im Flieger sitze, die kann ich euch gar nicht beschreiben. Es ist also keine bestimmte Angst – es ist die spezielle Angst. Die Angst, zu früh, zu unerwartet gehen zu müssen. Und wohl überhaupt die Angst, „gehen zu müssen“. Ein Kampf gegen etwas, gegen das wir alle machtlos sind. Wohl das Einzige, das wir nicht bestimmen können. Worüber wir kein Kontrolle haben. Und es lohnt sich auch nicht nachzufragen, warum etwas passiert. Warum so jung, warum so plötzlich, warum grad er, grad sie. Es ist etwas, das wir annehmen müssen. Es bleibt uns keine Wahl.

Ich merke, wie ich leerer werde. Meine Gedanken kreisen im Kopf. So glücklich war ich gestern noch. So froh, die beiden Flüge (und wunderschöne Tage) hinter mir zu haben. Überstanden, „überlebt“ (!) zu haben. Klingt fast lächerlich, in Anbetracht dessen, wie viele Menschen tagtäglich in Flugzeuge steigen, wie ich in mein Auto. Ich bin so DANKBAR – heute mehr, denn je – dafür, dass meine Lieben und ich gesund sind, dass es uns so gut geht. Wir MÜSSEN JEDEN TAG MIT ALLEN SINN LEBEN, wir müssen DANKBAR dafür sein. Alles andere wäre Verschwendung. Diese Nachricht grad, vom Tod Roger Ciceros, die hat mich echt aus den Latschen gekippt. Ich wünsche seiner Familie viel Kraft und ihm Frieden. Danke für alles, was er geschaffen hat. Für alles, was er hinterlässt.

„…Aber wie fesselt man den Wind?“   Roger Cicero 1970-2016


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