Vorurteile und der tägliche Rassismus in Brasilien töten. Wenn man sich dagegen wehrt, wird man mit dem Vorwurf des "Opfergehabes" zum Schweigen gebracht. In der Schule sind für schwarze Lehrer/-innen nicht nur der Umgang mit den Schülern, sondern auch den Arbeitskollegen ein Problem. Einer schwarzen Lehrer/-in gesteht man keine Autorität zu. Weder Schüler noch Arbeitskollegen sind daran gewöhnt eine schwarze Person in einer führenden Stellung zu akzeptieren und als Autorität anzuerkennen. In der brasilianischen Gesellschaft ist man daran gewöhnt, Schwarze nur in subalternen Stellungen, wo man ihnen Weisungen gibt, zu erleben. Und diese Weisungen erteilen normalerweise Weiße.
Schwarze, die sich in ihrem Lebensstil den Weißen anpassen, haben bessere Chancen ernst genommen zu werden. Das trifft aber nicht zu, wenn Schwarze ihre Lebensweise (z.B. die Haare nach afrikanischem Stil natürlich zu tragen) beibehalten. Dann wird man ständig angegangen oder bevormundet.
Sie berichtet, dass sie an einer Privatschule unterrichtet habe. Ihr Vorgänger habe den Schülern große Freiheiten gegeben wie Nutzung des Telefons während des Unterrichts oder Verlassen des Unterrichtsraums ohne Begründung. Sie habe dieses Verhalten mit Billigung der Schulleitung eingeschränkt. Von Kollegen und Kolleginnen sei sie dafür gelobt, aber auch kritisiert worden. Der Erfolg, dass die Schüler danach bessere Lernergebnisse gehabt hätten, hätten ihr aber recht gegeben.
Darauf geschah folgendes: "Eines Tages berichtete mir eine Schülerin, dass eine Lehrerin, die nach ihr unterrichtete, die Klasse gefragt habe: "Hat diese Negerin überhaupt Ahnung wie man unterrichtet?" Danach berichteten mir andere Schüler von ähnlichen Aussagen dieser Lehrerin, was letztendlich auch der Schulleitung zu Ohren kam, die diese Lehrerin dann entließ.
Was mich danach sehr bedrückte, war eine Unterhaltung im Lehrerraum, wo ich bereits viele rassistische Redensarten gehört hatte und die ich bisher ignoriert habe. Aber in diesem Moment war ich schon sehr müde, müde zu sein, müde zu leben.... Es ist sehr belastend 24 Stunden am Tag beweisen zu müssen, dass man Kompetenz besitzt.
Eine Lehrerin sagte, dass sie es für sehr merkwürdig halte, wenn Schülerinnen ihr Haar als Zöpfchen tragen - ich war zu jener Zeit in einer Übergangsphase mit meinem Haar - weil diese nach ihrer Meinung nie die Haare waschen würden. Ein anderer Lehrer meinte, dass eine Schülerin, nachdem sie ihre Zöpfchen entfernt habe, wie ein anderes Kind erscheine. Die Unterhaltung erfolgte wie wenn ich nicht anwesend wäre. Ich benutzte diese Gelegenheit, um zu erwidern, dass es unglaublich sei, dass Lehrer, die sich als Erzieher bezeichnen, sich so verhalten könnten mit sovielen Vorurteilen und Rassismus. Ich erklärte ihnen, was Rassismus ist, wie Kinder unter anderen Kindern leiden und mit eingeschlossen noch unter ihren Lehrern usw. usw..... Einer von ihnen meinte, ich würde übertreiben, sie hätten ja nicht von mir gesprochen."
Luciane Silva berichtet, dass der Geograph und Hochschullehrer Milton Santos im Jahr 2000 in einem Beitrag in der Zeitung Folha die Frage des strukturellen Rassismus in Brasilien dargestellt habe, indem er die verschleierten Wege, die ihn erzeugen, enthüllte:
"Das herausragende Kennzeichen mit dem die weiße Gesellschaft reagiert, wenn es im Land um das Problem der Existenz der Schwarzen geht, ist Ambivalenz. Für sie ist es nicht hässlich ein Vorurteil gegen die Hautfarbe zu haben, sondern nur dieses Vorurteil auch zu äußern. "Die sogenannte gute Gesellschaft scheint der Ansicht, dass es einen bestimmten Platz - auf der untersten Stufe - für die Schwarzen gebe. Und so verhält sie sich auch in aller Seelenruhe.""
Die Schwierigkeiten, die ein Lehrer bei der Gestaltung des Unterrichts auf dieser rassistischen Grundlage hat, wird nicht als solche anerkannt. Es wird nur registriert, dass er die Klasse nicht beherrscht oder dass er emotional unausgeglichen ist, dass er sich nicht ausreichend vorbereitet, seine Bildung wird in Frage gestellt, kurzum die "gute Gesellschaft" spricht dem Schwarzen eine Führerschaft ab.
Der Anthropologe Kabengele Munanga (Anthropologe und kongolesisch-brasilianischer Wissenschaftler) unterstreiche in einem Interview, dass die traditionelle Geschichtsschreibung die Schwarzen in Brasilien dahingend umdeuten will, dass sie "umherirrende Wesen" (errante) sind. Die Wörterbücher der portugiesischen Sprache definieren das Wort "errante" als jemand, der verschwommen erscheint, ein Nomade ohne Ziel, der sich zusätzlich vom Weg der Besonnenheit und des guten Verstandes abwendet. Ein Volk ohne Geschichte, ohne Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. "Der Schwarze kann nur eine Hauptfigur in der Geschichte Brasiliens sein, wenn er zeigt, dass er Teil dieser Geschichte ist nicht nur mit seiner Körperkraft sondern mit einem Verstand, der der unterdrückenden Rolle der Sklaverei widersteht, einer der Brasilien Blut, Kultur gegeben hat und deswegen Brasilien nicht das wäre, wie es heute aussieht."
"Diese Behauptung von Munanga bezüglich des Schwarzen als ein Verstand des Widerstandes, zeigt die Notwendigkeit, dass wir Schwarzen jederzeit nachweisen müssen, dass wir denkende Wesen sind, mit Befähigung und Qualifikation für Berufe, die wir ausüben wollen. Die erste schwarze Ph.D. in Physik in Brasilien ist Professorin am Technologischen Institut für Äronautik, ITA, Sônia Guimarães. Sie erklärt in einem Interview: "Meine Autorität muss ich jeden Tag, jede Minute, bei jeder Korrektur, bei jeder niedrigen Note beweisen.."."
Man muss damit leben, dass ständig die Grundlage dafür, dass Schwarze den Lehrerberuf ausüben können in Frage gestellt wird. Der Rassismus ist überall, so auch in der Schule. Die Schule muss die Meinungsvielfalt stärken und die Bildungschancen für alle fördern. "Das ist aus meiner Perspektive die Aufgabe einer schwarzen Lehrerin: Nicht zu kapitulieren".