Ihr Lieben,
heute Nachmittag möchte ich Euch eine wahre Geschichte von Rüdiger Maschwitz erzählen:
„Ein Brot, das versöhnt“
„Es herrschte Krieg im Land. Jedem kroch der Hunger in den Bauch.
der 14-jährige Michael hatte in der Scheune die letzten Körner zusammengesucht und die Mutter hatte daraus ein Brot gebacken. Ein letztes Brot.
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Da näherte sich plötzlich ein Spähwagen mit Soldaten.Zeit, das Brot zu verstecken, blieb nicht.
„Es riecht gut hier“, sagte der Hauptmann beim Eintreten und der Hunger blickte ihm aus den Augen.
Er wollte das Brot greifen, da stürzte sich Michael darauf und hielt es fest.„Halt, stehen bleiben!“, rief der Vater und hatte die spitze Heugabel auf den Rücken des Hauptmanns gerichtet. „Wenn sich einer bewegt, ist Euer Hauptmann tot“, rief er den Soldaten zu, „lasst Eure Waffen hier und verschwindet. Dann lass ich ihn frei.“
„Was soll das?“, rief einer der Soldaten, „wir kommen zurück und dann…“
„Ist mir egal“, sagte der Vater, „wir haben schon alles verloren, aber das ist unser Brot. Haut ab!“
„Wir bleiben“, entgegnete der Soldat, „wir werden sehen, wer den längeren Atem hat.“So standen sie, eine halbe Stunde, eine Stunde.
Schweißperlen liefen über das Gesicht des Hauptmanns.
Die Arme des Vaters zuckten.
Michael drückte das Brot zitternd zusammen –
drückte es hin und her – bis es endlich durchbrach.
Und da durchzuckte es ihn: Es könnte noch einen anderen Weg geben!
Er nahm das Brot, brach immer wieder ein großes Stück ab und gab es jedem
– auch den Soldaten.
Als der Vater etwas bekam, senkte er die Heugabel ein wenig und auch die Gewehre zeigten mehr nach unten.So standen sie alle im Raum, schweigend und kauend.
In die Augen des Hauptmanns traten Tränen.
Sie waren alle ratlos, auch der Vater.
Dann weinte Michael und schluchzte: „Und was essen wir morgen?“Der Hauptmann meinte: „Erst einmal ist wichtig, dass wir alle noch leben.“
Und mit einem Blick auf die Soldaten sagte er: „Kommt, gehen wir!“
„Danke“, flüsterte der Vater.
„Bedankt Euch bei Eurem Sohn“, rief der Hauptmann noch.
Dann waren sie so schnell verschwunden, wie sie gekommen waren.“
Ihr Lieben,
in diesen Tagen kommt die Neuverfilmung des Kinderbuchklassikers Der Krieg der Knöpfe in die Kinos. Ich kann jedem/jeder von Euch diesen Film nur empfehlen und ans Herz legen.Es ist eigentlich ein Kinderfilm, aber er zeigt auf sehr beeindruckende Weise,
wie schnell Krieg entsteht.
Krieg gibt es ja nicht nur zwischen Völkern und Nationen.
Krieg gibt es zwischen Nachbarn, zwischen Familien, zwischen Erwachsenen, zwischen Kindern und zwischen Jugendlichen, ja manchmal tobt sogar ein Krieg mitten in einer Familie.
Viele dieser sogenannten Kleinkriege könnten beendet werden und Frieden könnte herrschen, aber um Frieden zu schließen, muss ich zwei Schwerter aus meiner Hand geben:
Auf dem einen Schwert steht: „Ich habe Recht!“ „Du bist im Unrecht!“
Auf dem anderen Schwert steht: „Du bist schuld!“ „Ich bin unschuldig!“
Mit diesen beiden Schwertern kann man anderen Menschen schlimme Wunden beibringen und einen Krieg anzetteln.
Wer wirklich Frieden möchte, muss diese beiden Schwerter aus der Hand geben.
Wer wirklich Frieden haben möchte, muss bereit sein, auf seine beiden inneren Friedenstauben zu hören.
Wer das tut, der kann zu seinem „Feind“ sagen:
„Ich bitte Dich um Verzeihung, dass ich so wenig friedfertig war, lass uns gemeinsam hinsetzen und darüber nachdenken, wie wir das Problem gemeinsam lösen können.“
Wer das tut, der kann zu seinem „Feind“ sagen:
„Du bist für mich ein wertvoller Mensch, deshalb möchte ich keinen Krieg mit Dir führen, sondern ich möchte mich mit Dir versöhnen!“
Eines der besten Mittel, die ich kennengelernt habe, um mit „Feinden“ ins Gespräch zu kommen, ist, sie zum Essen einzuladen. Ein gemeinsames Essen öffnet Herzen, sorgt für die Bereitschaft, offen miteinander zu reden und dem Anderen die Hand der Versöhnung zu reichen.
Das ist nicht immer leicht, ich weiß, wovon ich rede.
Als ich vor etlichen Jahren den Haupttäter aus meiner Jugend wiedertraf, der mich über 4 Jahren bestialisch gequält, misshandelt und auf das Schlimmste gedemütigt hatte, war es nicht leicht, sich mit ihm an einen Tisch zu setzen, auch wenn er inzwischen Jahrzehnte älter geworden war.
Das Essen aber ermöglichte es mir, zu erfahren, dass er inzwischen ein ganz anderer Mensch geworden war, der seine damaligen Taten zutiefst bereute.
Unsere heutige kleine Geschichte zeigt uns auch etwas von der versöhnenden Möglichkeit des Miteinander-Essens, indem der 14-jährige Michael das Brot unter allen Beteiligten aufteilt.
Ich wünsche Euch allen ein Brot der Versöhnung, das Ihr teilen könnt mit den Menschen, die Euch Schwierigkeiten bereiten, und ich wünsche Euch ein Essen der Versöhnung, damit auch für Euch gilt, dass aus Feinden Freunde werden.
Ich wünsche Euch ein wundervollen, ein schönes, ein versöhnliches Wochenende und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer altes Eselskind Werner
Quelle: Karin Heringshausen