Ich hatte also ein Date mit Sepp. Ein Date, auf das ich nicht wirklich Lust hatte, aber trotzdem hingegangen bin. Im Nachhinein war das Gute daran, dass er pünktlich war, ich eine Pizza Frutti di Mare hatte und er lecker gerochen hat. Das ist, wie ich finde, schon mal besser als nichts. Trotzdem möchte ich gerne meine Bedenken bezüglich dieses Treffens mit der Allgemeinheit teilen, vielleicht kann sich ja der ein oder andere einen Ratschlag abzwacken.
Nummer 1: Der Tisch
Wir treffen uns an der l’Osteria. Jeder, der jemals in seinem Leben in der l’Osteria war weiß, dass es IMMER besser ist, dort einen Tisch zu reservieren, weil die Läden grundsätzlich knallvoll sind. Sepp war schon mal da, reserviert hat er trotzdem nicht. Also stehen wir als Nummer 23 in der Warteschlange. Hätte er mich nun elegant an der Schlange vorbeigelotst, wäre ich ein bisschen beeindruckt gewesen. Stattdessen liefen wir nun planlos durch die Stadt auf der Suche nach einem Laden, der noch ein Plätzchen für zwei frei hat.
Nummer 2: Stimme und Augen
Als wir schließlich (nach vielen Runden um den Block) einen kleinen Italiener finden, setzen wir uns und bestellen. Während wir auf das Essen warten erzählt er von seinem Thailand-Urlaub. Dabei könnte seine Stimme wohl nicht gelangweilter klingen. Während seiner Erzählung sieht er mich kein einziges Mal an, sondern lässt seinen Blick lieber über all die anderen Gäste schweifen. Ich frage mich, ob ich es vielleicht bin, die ihn langweilt. Wenn dem so ist, könnte er sich einfach höflich verabschieden, oder sich für die eine Stunde Pizzaessen gefälligst zusammenreißen. Aus einer monoton gelangweilten Stimme schließe ich (vielleicht etwas vorschnell) auf einen Mangel an Begeisterungsfähigkeit. Ich male mir aus, wie er dann immer sagt “Keine Ahnung… entscheide du… mir egal…”. Meine Gedanken schweifen ab. Seine Stimme langweilt mich. Trotzdem sehe ich ihn an und nicke höflich.
Nummer 3: Manieren
Ich bin wirklich keine Frau, die überpingelig ist. Allerdings sind mir gute Manieren wichtig. Sepp ist das wohl nicht so wichtig. Mit beiden Ellenbogen auf dem Tisch hängt er wie einer, der Angst hat, ihm würde sein Essen geklaut, über seinem Teller. Seine Pizza schiebt er genüsslich und schmatzend in sich rein, kaut demonstrativ mit offenem Mund und lässt immer wieder kleine Bröselchen aus eben diesem fallen. Mit seinen Händen sammelt er letzte Stücke Schinken und Tomatensauce ein und erzählt mir kauend und schmatzend Geschichten. Ich sitze einfach nur da, starre ihn an und bin ein wenig pikiert. Wenn er jetzt noch rülpsen würde, wäre das Bild perfekt.
Nummer 4: Gesprächsthemen
Irgendwann wird Sepp ein bisschen lockerer. Wir unterhalten uns über Sport. Ich erzähle ihm, dass ich nun vor habe zu joggen, denn nachdem ich bei meiner Bergwanderung am Wochenende auf dem letzten Loch gepfiffen habe, muss ich dringend meine Kondition verbessern. Mit Kondition verbessern meine ich genau das: Kondition verbessern. Sepp schaut mich an und sagt, er stimme mir da vollkommen zu, denn besonders dann, wenn man einige Kilos verlieren müsse, wäre Konditionstraining unumgänglich. Entschuldigung? Hat er mich gerade fett genannt? Und wann genau habe ich ihn nach seiner Meinung bezüglich meines Körpergewichts gefragt? Und selbst wenn ich ein paar Kilos verlieren müsste: Er muss wahnsinnig sein, das anzusprechen, bevor ich es tue. Ich setze mich doch auch nicht hin und sage: Besonders wenn man einen kleinen Penis hat ist es extrem wichtig, so viel wie möglich beim Essen zu schmatzen. Pah!
Danach zahlen wir (jeder seins) und gehen. Schlimm war’s nicht, aber weit entfernt von gut. Wiedersehen ziemlich sicher ausgeschlossen. Meine vorsichtige Buchempfehlung hier: Knigge für Dummies. Die große Frage, die jedoch bleibt ist die: Was genau mischt Abercrombie in ihre Parfums, so dass auch ein schmatzender, unhöflicher Mann irgendwie ein bisschen sexy wirkt?
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