In allen Bereichen unseres Lebens haben wir es mit komplexen Systemen zu tun. Üblicherweise versuchen wir durch Vereinfachungen die Dinge in den Griff zu bekommen. Das tun wir, in dem wir ein System in kleinere Einheiten zerstückeln, und glauben dadurch diese besser managen zu können.
Eli Goldratt lehrt uns, dass es für die TOC - Theory of Constraints (Engpasstheorie) keinen Ansatzpunkt gibt, die Komplexität eines Systems zu reduzieren. Vereinfachung führt nicht zur Reduzierung von Komplexität.
Paul Cilliers, ein namhafter Systemdenker von der Universität Stellenbosch in Südafrika, drückt es in seinem Dokument "Knowing Complex Systems"[2] wie folgt aus:
- Komplexität ist nicht reduzierbar, da die Struktur eines komplexen Systems nicht-linear organisiert ist, kann sie nicht komprimiert werden. (Kausale Zusammenhänge bestehen weiterhin, allerdings können Effekte nicht dahingehend verfolgt werden, um Vorausschauen/Prognosen zu erstellen.)
- Wenn ein System komplex ist, dann kann es nicht mit einer begrenzten Anzahl von Regeln genau beschrieben werden.
- Die Struktur komplexer Systeme ist weder willkürlich noch chaotisch.
Was also tun?
Der Weg aus diesem Dilemma ist die Anerkennung, dass alle komplexen Systeme / komplexe Umgebungen eine ihnen Innewohnende Einfachheit (inherent simplicity) aufweisen.
Diese Einfachheit existiert bereits. Wir brauchen also 'nur' nach ihr suchen und sie zu unserem Nutzen einsetzen. Dies beschreibt den Weg, den die TOC uns empfiehlt, um das eigene Leben zu führen. Es ist auch der Weg um Verbesserungen durchzuführen, egal ob im privaten oder beruflichen.
Zum besseren Verständnis ein Beispiel aus den 'harten Wissenschaften': die Bewegung der Planeten im Universum. Kann man sich etwas komplexeres vorstellen, inkl. aller Kollisionen, usw.?
Es war Johannes Kepler [3] der zu seiner Zeit beschrieb, wie sich die Planeten bewegen, und Isaac Newton [4] war es, der in Formeln definierte, warum sich die Planeten so bewegen wie sie es tun. Newton erfand diese Regeln nicht. Vielmehr fand Newton die in unserem Sonnensystem 'innewohnende Einfachheit' durch Beobachtung und Nachdenken. Diese Einfachheit war bereits da und anhand dieses Beispiels können wir leicht sagen, dass die 'innewohnende Einfachheit' eines Systems in der Realität existiert.
Wir haben nun Newtons Formeln und können mit ihnen arbeiten, um eigene Berechnungen o.ä. durchzuführen. Okay, Okay, einige meiner Leser mit einem Hintergrundwissen in der Komplexitätstheorie werden nun vielleicht argumentieren, dass basierend auf den Arbeiten von Sussman und Wisdom [5], in 1988, dies so nicht mehr stimmt. Die beiden Wissenschaftler fanden heraus, dass unser Planet Pluto sich nicht auf einer elliptisch, linearen Umlaufbahn um die Sonne befindet, sondern er schwingt auf einer nicht-linearen Bahn herum. Wunderbar, wir haben neue Erkenntnisse gewonnen. Dies ändert aber nichts an dem zuvor gesagten.
Wenn wir nicht von vornherein annehmen, dass es eine 'innewohnende Einfachheit' gibt, so wird unser Durchhaltevermögen wohl nicht ausreichen um nach ihr überhaupt zu suchen. Wobei eines klar sein muss: die 'innewohnende Einfachheit' eines Systems zu finden ist absolut keine Trivialität!
Systeme sind enorm komplex, aber es gibt eine dem System 'innewohnende Einfachheit' die es zu finden gilt. Sehr oft ist dann das Ergebnis etwas, mit dem wir gerne den Begriff "gesunder Menschenverstand" verbinden, und dies gilt für alle Bereiche des Lebens.
Die TOC - Denkprozesse sind Werkzeuge die uns helfen, die 'innewohnende Einfachheit' zu finden.
In Ergänzung ein Video mit Dr. Eliyahu Goldratt zur "Innewohnenden Einfachheit (inherent simplicity)"
Jürgen Kanz
Ressourcen:
[1] "How TOC - Theory of Constraints approaches Complex Systems", Jürgen Kanz, http://juergenkanz.blogspot.de/2015/05/how-toc-theory-of-constraints.html
[2] KNOWING COMPLEX SYSTEMS - THE LIMITS OF UNDERSTANDING, Paul Cilliers http://www.wkdialogue.ch/fileadmin/original_presentations/wkd_20060915_cilliers_knowing_complex_systems.pdf[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Kepler[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Isaac_Newton[5] Numerical Evidence That the Motion of Pluto Is Chaotic, Gerald Jay Sussmann and Jack Wisdom,http://web.mit.edu/wisdom/www/pluto-chaos.pdf