Wie die SPÖ die Wahl verlieren wird


Vorbemerkung: In Österreich wird das Parlament im Herbst neu gewählt; dabei zeichnet sich ab, dass es wegen mehrerer chancenreicher Parteien schwieriger denn je sein wird, errungene Positionen zu verteidigen. Auf Platz eins rangierten bislang die SozialdemokratInnen, die aber mit dem Handicap des Mitgliederschwundes und einer besonders hierarchischen Parteistruktur antreten. Moderner Wahlkampf nutzt Internet und Social Media auf vielfältige Weise – doch dies würde Offenheit, Kommunikation auf Augenhöhe und das Vertreten eigener Meinungen bedingen. Damit hat keineswegs nur die SPÖ so ihre Probleme….

Wie die SPÖ die Wahl verlieren wird
Installation im Gartenhotel Altmannsdorf in Wien (in SPÖ-Besitz)


Bleiben die Roten die Nr.1? 

Sieht man sich das politische Geplänkel ein halbes Jahr vor der Nationalratswahl an, agieren alle Parteien nach einem Muster. Man stellt sich als die Besten dar und wertet alle anderen ab, versucht Themen zu besetzen, indem eine Unzahl an Statements aus den eigenen Reihen abgegeben werden.

Wirklich interessant ist dies nur für die anderen Parteizentralen, nicht mal für die Medien, weil aus der Fülle an Aussagen ohnehin nur wenige zitiert werden können. Wie andere Parteien macht die SPÖ dabei eifrig mit und ist blind gegenüber eigenen Fehlern und Versäumnissen, auch unfähig zur Kurskorrektur. Dabei fällt auf, dass jene FunktionärInnen, die eigene Grundsätze noch ernst nehmen, ein Nischendasein führen.

Entweder sie sind ganz an der Basis, oder sie mischen sich als MandatarInnen, auch als frühere Abgeordnete, kaum in das Gesamtpartei-Geschehen ein. Sie wollen wenigstens in ihrem Bereich, mit ihren Möglichkeiten, das umsetzen und vertreten, was allen ein Anliegen sein sollte. Alle wissen, wie leicht sie sich den Unmut der “Parteispitze” zuziehen können, indem sie schlicht integer agieren. Wobei nicht ganz klar ist, wer “Parteispitze” ist und wirklich das Sagen hat in der SPÖ.

Mit anderen Worten wird stromlinienförmiges Verhalten erwartet, das niemanden begeistern oder mobilisieren kann. Wahlkampfmaterial versucht traditionellerweise, diese Schwäche zu kompensieren, lässt aber auch die eigenen Leute im Regen stehen, wenn sie über etwas diskutieren sollen. Zur Meinungsbildung gehört unabdingbar, sich selbst mit Themen auseinanderzusetzen, es in eigenen Worten ausdrücken zu können.

In der Partei herrscht aber ein Duckmäusertum vor, das sich mit Ventilen wie der Sektion Acht in Wien zufriedengibt. Deren Alibirolle wird meist nicht erkannt, obwohl sie wohlweislich vor den wirklich “heiklen” Punkten wie dem ESM oder einer Ablehnung des sogenannten “Profiheers” zurückscheut. Freilich werden Exponenten dieser Sektion in Medien hofiert, was den (falschen) Eindruck erweckt, ihre Kritik würde innerparteilich etwas bewirken.
In Wahrheit ist die SPÖ nach wie vor die Hochburg des Kadavergehorsams, wie man bei Personalrochaden und dem plötzlichen Wechsel inhaltlicher Positionen erkennen kann. Man denke daran, wie nach Druck via “Kronen Zeitung” im Herbst 2010 das Bekenntnis zu Volksheer und Wehrpflicht auf einmal passé war, ohne jede Diskussion, ohne jede Rücksicht auf Verteidigungsminister Norbert Darabos, der vom Positionswechsel eiskalt erwischt wurde.

Oder daran, wie nun endlich doch Darabos vom Ressort in die Parteizentrale übersiedeln konnte, nachdem derlei oft angedeutet, aber dann nie umgesetzt wurde. Auch hierüber gab es keine Debatte, was mit sich brachte, dass weder der Umgang der SPÖ mit Darabos noch die Zustände im Ministerium intern Thema waren. Dabei war bekannt,  dass Darabos durch Kabinettschef Stefan Kammerhofer (den Nachfolger Gerald Klug geerbt hat) abgeschottet, überwacht, unter Druck gesetzt wurde. Wer sich gegen Kammerhofer wehrte, wurde schikaniert, wie ich aus eigener Erfahrung weiss.

Auch Parteigenossen zählen nicht

Die gesamte SPÖ-Spitze, die roten Regierungsmitglieder, das Parteipräsidium – alle haben dabei tatenlos zugesehen. Niemals zählte Norbert Darabos als jenes Parteimitglied, das als erfolgreicher Wahlkampfmanager Bundespräsident Fischer, Ex-Kanzler Gusenbauer, Landeshauptmann Niessl zu Siegen führte. Geschweige denn, dass Darabos auch ganz einfach als Mensch betrachtet worden wäre, dem man Druck ebenso wenig zumuten darf wie anderen Kammerhofer-Opfern.

Nach wie vor treten viele RepräsentantInnen der SPÖ nicht für Werte, Inhalte, Grundsätze ein, sondern plappern nur davon – sie leiten daraus keinen Handlungsauftrag und keine Verantwortung ab. Wie wollen sie dann irgendjemanden überzeugen? Man spürt, dass es leere Worte sind, auch dann, wenn man nicht vergeblich versucht hat, diese PolitikerInnen konkret zur Rede zu stellen.

Sich der Verantwortung zu stellen, nicht bloss bei Festreden zu schwafeln, was für supertolle Vorbilder doch Ex-Kanzler Bruno Kreisky oder Ex-Frauenministerin Johanna Dohnal seien, ist eine Hürde, über die “die SPÖ” nicht springen wird. Am Beispiel Verteidigungsministerium, aber auch an anderem sieht man, dass Analyse, Selbsterkenntnis, Selbstkritik und daraus resultierende Konsequenzen notwendig wären. Man müsste Darabos garantieren, dass er wirklich freie Hand hat – denn auch als Minister hätte er dies von der Verfassung her haben müssen; in der Praxis wurde sie aber permanent verletzt. Wenn ein Politiker nicht einmal dann, wenn die Verfassung den Rahmen vorgibt geschützt ist – wie sollte er es dann als Parteigeschäftsführer sein, in einem innerhalb einer Organisation vorgesehenen Amt?

Wie die SPÖ die Wahl verlieren wird
Im  Gartenhotel Altmannsdorf

Derzeit sieht es so aus, als ob Darabos keineswegs “der Chef in der Löwelstrasse”, also am Sitz der Parteizentrale ist, sondern wieder ohne entsprechende Rahmenbedingungen reüssieren soll. Mit anderen Worten: “die SPÖ” setzt lieber die Nationalratswahlen schon jetzt in den Sand, als dass sie Darabos endlich seine Stärken ausspielen ließe. Nur dann, wenn er wirklich in jeder Hinsicht so agieren kann, wie er es will, kann er den von ihm erwarteten Wahlsieg einfahren.

Die SPÖ” geht nicht nur (menschlich unfassbar) über die Leichen der eigenen Leute, sie erwartet auch, dass jemand an alte Erfolge anknüpft, als sei inzwischen nichts geschehen. Abgesehen vom Umgang u.a. mit Darabos ist aber auch passiert, dass der Partei die Basis abhanden kommt, dass zudem immer mehr Parteien kandidieren. Ganz nebenbei  hat sich die Art der politischen Kommunikation verändert, ohne dass die SPÖ es bislang erkannt und verstanden hätte.

Sind die Parteien schon im Web (2.0) angekommen?

Dank Internet und Social Media könnte sie nicht nur Verluste an Mitgliedern abfangen, sondern auch Inhalte auf neue Art verbreiten. Dies könnte man so gestalten, dass es weit über die Partei hinaus aufgegriffen wird – und dabei inhaltlich auch vom Hick-Hack zwischen den Parteien wegkommen. Allerdings bedeutet dies, mit allen auf Augenhöhe zu kommunizieren, was bislang für eine derart hierarchische Partei unmöglich war. Demgemäss ist man zwar etwa auf Facebook präsent, beschränkt sich aber meist auf das Verbreiten von Jubelmeldungen, Häme über den politischen  Gegner und Bilder nach dem Motto “wie wichtig bin ich doch, wenn ich mit wichtigen Personen posiere”.

Die letzte grosse Kampagne, die auch via Internet geführt wurde, endete für die SPÖ in einem Rohrkrepierer. Gerade im Web liess sich gut zerlegen, wie die Partei für das sogenannte “Profiheer” warb, und analysieren, dass es auf Kampfeinsätze und Interventionsarmee hinauslaufen sollte. Womit wir wieder bei einem Bereich fehlender “Vergangenheitsbewältigung” der SPÖ sind: es darf nie wieder Desinformationskampagnen geben, mit denen WählerInnen über den Tisch gezogen werden sollen.

Es gibt keinerlei Anzeichen für eine lernfähige, aufrichtige, selbstkritische, ehrliche und faire SPÖ. Daher wird derselbe öde Brei von Selbstlob und Gegner-Anschütten (vorzugsweise der FPÖ) verbreitet werden, für den immer weniger Menschen zu gewinnen sind. Und es ist auch schwer vorstellbar, dass Darabos jetzt plötzlich, nachdem alle zugesehen haben bei den Zuständen im BMLVS (= Verteidigungsministerium, wo Darabos zuvor Minister war), Unterstützung “seiner” GenossInnen haben wird. Zumal er ja auch keineswegs den Spielraum hat, den er brauchen würde….

Text und Bilder: Alexandra Bader

Artikel von www.ceiberweiber.at

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