Wie der Winter verschwand: Durchschnittstemperatur im Winter im Zeitverlauf

Von Kaffeefan

Regelmäßige Leser wissen, dass ich trotz meiner Leidenschaft für Statistiken auch ein kleiner Romantiker sein kann. Entsprechend mag ich den Winter, zumindest eine Zeit lang. Deshalb habe ich hier im Blog auch schon vor etwas mehr als fünf Jahren über das Verschwinden des Winters geklagt und das russische Omsk als Ziel für Winterfreunde auserkoren.

Aus heutiger Sicht war der Winter 2014/2015 gar nicht so warm. Die Durchschnittstemperatur lag zwar bei 1,9 Grad Celsius, das ist deutlich höher als die 0,4 Grad, auf die man im Durchschnitt aller Winter von 1881/82 bis 2019/20 kommt. Und erst recht deutlich höher als im 19. Jahrhundert, wo die Durchschnittstemperatur der Winter bei -0,5 Grad lag. Aber im Vergleich zu den 4,2 Grad dieses Winters war es vergleichsweise kühl.

Das sagen zumindest die Daten des Deutschen Wetterdienstes. Der führt über alle Winter seit 1881/82 Buch, wobei der Winter hier vom 1. Dezember bis Ende Februar reicht, weshalb die Daten für diesen Winter auch schon vorliegen, obwohl der kalendarische Winter erst am 21. März endet. Leider kann ich nicht beurteilen, wie hoch die Qualität der Daten ist und ob hier verbesserte Messverfahren einen Einfluss auf größere Ausschläge haben können.

Die Extreme

Mit 4,2 Grad ist dieser „Winter" der zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnung. Nur der Winter 2006/2007 war mit 4,4 Grad noch wärmer. Er machte die Jahre von 2000 bis 2009 (genauer die Winter von 1999/2000 bis 2008/2009) auch zum wärmsten Jahrzehnt mit +1,5 Grad. Würde man das Jahrzehnt allerdings von 2000/2001 bis 2009/2010 reichen lassen, würde es mit 1,1 Grad deutlich hinter denen von 2010/2011 bis 2019/2020 liegen, die es auf 1,9 Grad bringen. Ich habe mich aber für die erste Variante entschieden, weil üblicherweise (auch wenn das häufig diskutiert wird) das Jahr 2020 schon den 20er Jahren zugeordnet wird und zwei Monate des Winters in diesem Jahr liegen, aber nur einer im Jahr 2019.

Beeindruckend ist aber der Rekord des Winters 1915/1916. Er hielt bis 1974/1975.

Der kälteste Winter war der im Jahr 1940, damals betrug der Durchschnitt im Winter -5,0 Grad. Überhaupt waren ausgerechnet die von Krieg und Hunger geprägten 40er Jahren ausgesprochen kalt. Das Jahrzehnt war gemeinsam mit den 1890ern das kälteste überhaupt, 1,1 Grad war die Durchschnittstemperatur. Wobei ich den Winter an der Grenze immer dem Jahrzehnt zuschlage, in dem der Januar und der Februar liegen, weil zwei eben mehr als eins ist. Den Winter 1889/1890 beispielsweise den 1890er Jahren.

Betrachtet man aber nicht feste Jahrzehnte, sondern einen Zeitraum von zehn Jahren, dann waren die zehn Winter von 1885/1886 bis 1894/1895 die kältesten. -1,6 Grad betrugen die Temperaturen im Schnitt.

Mittlerweile gibt es kaum noch Winter

Zwei Dinge fallen auf

Bei genauerer Betrachtung fallen zwei Dinge auf:

1. Es wird in der Tendenz immer wärmer. Das zeigt sich besonders deutlich, wenn man einen gleitenden Durchschnitt betrachtet.

2. Es gibt deutliche Schwankungen. Nicht nur einzelne Jahre weichen ab, es kann auch für mehrere Jahre zu einer neuen Kältewelle kommen. Beispielsweise lag der 7-Jahres-Schnitt von 1906 bis 1939 immer im positiven Bereich, also bei mehr als 0,0 Grad Celsius. Aber von 1940 bis 1952 liegt der Wert dann immer im negativen, auch später noch sank er dann teilweise noch mal unter den Gefrierpunkt, das letzte Mal 1988, also für die Jahre 1985 bis 1991.

Tatsächlich lagen die kältesten Jahre in den Jahren 1930 bis 1963. Wenngleich es in dieser Zeit auch mehr warme Jahre gab als am Ende des 19. Jahrhunderts, als fast jeder Winter eine negative Durchschnittstemperatur hatte. Der 7-Jahres-Schnitt jedenfalls war vor rund 125 Jahren am niedrigsten. Würde man statt sieben beispielsweise neun oder elf Jahre wählen, würde sich übrigens nichts ändern, wählt man drei oder fünf wäre der kälteste Zeitraum dagegen um 1940. Für 1941 liegt der 3-Jahres-Schnitt bei -3,9 Grad. Das zeigt, wie man mit der Auswahl des jeweiligen Zeitrahmens auch ein bisschen tricksen kann. Aber nur bei unaufmerksamen Lesern.

Wie geht es weiter?

Trotz vieler Auf- und Ab geht der Trend klar nach oben. Natürlich sind solche Trendgerade oft mit Vorsicht zu genießen. Rein aus der Statistik ohne Kenntnis der zugrunde liegenden Entwicklungen einen Trend abzuleiten ist Unsinn und ich bin kein Klimatologe. Allerdings gehen auch die Klimaforscher davon aus, dass es wärmer werden wird. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht hin und wieder trotzdem einen kalten Winter geben kann. Wie gesehen gibt es ja deutliche Schwankungen, teilweise auch über mehrere Jahre hinweg. Aber die kalten Winter werden vermutlich seltener.