Wer Arbeitslosengeld II (ALG II) beantragt, erhält neben dem Regelsatz für den Lebensunterhalt auch Geld für die Wohnung. Um diesen Zuschuss zu bekommen, müssen Wohnung und Miete bestimmte Kriterien erfüllen. Das belastet Arbeitslose, denn die Angst, die Vorgaben nicht zu erfüllen und das Zuhause zu verlieren, ist groß. Nicht selten ist von Zwangsumzügen und anderen «Ungerechtigkeiten» im Zusammenhang mit Hartz-IV zu lesen. Neuestes Beispiel: In Berlin leben 100.000 Hartz-IV-Empfänger in zu teuren Wohnungen. Die Stadt zahlt aktuell 1,4 Milliarden Euro für Wohnungs- und Heizhilfe an bedürftige Personen. Nun verschickt das Jobcenter Mahnungen, um den Haushalt zu entlasten.
Welche Regeln gelten, lesen Sie hier:
Wie teuer darf die Wohnung sein?
Laut Gesetz müssen die tatsächlichen Kosten einer Wohnung angemessen sein. Was darunter zu verstehen ist, entscheidet der entsprechende Leistungsträger – in der Regel die Agentur für Arbeit (Arge) oder die Kommune. Die Kosten für Unterkunft und Heizung können daher von Stadt zu Stadt, Landkreis zu Landkreis unterschiedlich sein.
Die Behörden orientieren sich meist an den Mietobergrenzen des Wohngeldgesetzes (WoGG). Ortsbezogene marktübliche Mieten sind jedoch zu berücksichtigen. Das bedeutet: Je nach Lage fällt der Mietspiegel höher oder niedriger aus. In München, Frankfurt und Hamburg bezahlen Mieter im Schnitt mehr für die Wohnung als in Leipzig, Dresden oder Berlin.
Außerdem sollen die Behörden die Richtwerte für angemessene Bruttowarmmieten nicht an den Mieten im untersten, sondern im unteren Bereich festsetzen. Die Höhe des Mietzuschusses berechnet sich demnach nicht nach den billigsten Mieten im Ort.
Bezahlt werden die tatsächlichen Kosten, also die Warmmiete. Dazu zählen neben der Kaltmiete die angemessenen Nebenkosten. Was als angemessen gilt, ergibt sich aus den Verwaltungsvorschriften der jeweiligen Kommune. Heizkosten übernimmt das Amt in der Regel in der tatsächlichen Höhe. Wer jedoch schlecht haushaltet und die Heizung stets voll aufdreht, könnte Ärger mit der Arge bekommen. Ein solches Verhalten gilt als unwirtschaftlich und damit unangemessen. Außerdem bezahlt das Amt die Kosten für die Befüllung eines leeren Heizöltanks – mindestens für den Bewilligungszeitraum.
Nich bezahlt werden Kosten für Strom, Warmwasser oder Gas zum Kochen. ALG-II-Empfänger müssen dies aus der Regelleistung bestreiten. Wird Warmwasser über die Heizungsanlage erzeugt, zieht die Arge den Betrag von den Heizkosten ab – üblicherweise 18 Prozent.
Extra Geld gibt es, wenn sich in der Wohnung ein Wasserboiler oder Durchlauferhitzer befindet. Seit 2011 wird dieser erhöhte Strombedarf mit einer Pauschale ausgeglichen. Sie wird auf Basis der Höhe des jeweiligen Regelsatzes berechnet. Beispiel: Ein volljährig Alleinstehender erhält einen Regelsatz von 364 Euro. Für den Durchlauferhitzer bekommt er zusätzlich 2,3 Prozent angerechnet, also 8,37 Euro. Leben mehrere Personen in einer Bedarfsgemeinschaft, erhalten alle eine Pauschale – auch Kinder. Allerdings gelten für Kinder andere Regelsätze und damit andere Pauschalen: 4,02 Euro gibt es für Kinder von 14 bis 17 Jahre, 3,01 Euro für Kinder von 6 bis 13 Jahren, 1,72 Euro für Kinder von 0 bis 5 Jahren.
Mietschulden werden nicht übernommen. Aber: Die Arge kann bei drohender Wohnungslosigkeit ein Darlehen gewähren.
Für Berlin gelten zum Beispiel folgende Richtwerte für angemessene Bruttowarmmieten:
1-Personenhaushalt: 378 Euro
2-Personenhaushalt: 444 Euro
3-Personenhaushalt: 542 Euro
4-Personenhaushalt: 619 Euro
5-Personenhaushalt: 705 Euro
jede weitere Person: + 50 Euro
Die Wohnungskosten werden an den Mieter direkt ausgezahlt. Sollte der zuständige Träger allerdings feststellen, dass das Geld anderweitig verwendet wird, ist eine Überweisung direkt an den Vermieter möglich. Im Übrigen: ALG-II-Empfänger unter 25 Jahren haben keinen Anspruch auf eine staatlich finanzierte Wohnung. Nur im Falle schwerwiegender sozialer oder beruflicher Gründe können sie aus der elterlichen Wohnung ausziehen und bekommen die eigenen vier Wände bezahlt.
Wie groß darf die Wohnung sein?
Nicht nur die Kosten müssen angemessen sein, auch die Größe der eigenen vier Wände. Laut Gesetz gilt für eine Person eine 45 Quadratmeter große Wohnung als ausreichend, 60 Quadratmeter für zwei Personen. Für jeden weiteren Mitbewohner gewährt das Amt 15 Quadratmeter extra. Auch Säuglinge zählen als Personen.
Was passiert, wenn die Kosten unangemessen sind?
Ist die Wohnung zu teuer, fordert das Amt Sie auf, die Kosten zu senken. Innerhalb von sechs Monaten müssen Sie der Aufforderung nachkommen. Nur solange zahlt die Arge die höheren Kosten. Wie Sie die Kosten senken, ist Ihnen überlassen: So dürfen Sie Räume untervermieten oder sich eine günstigere Wohnung suchen.
Die aktive Wohnungssuche ist allerdings dem Amt nachzuweisen. Wer nur im eigenen und vielleicht teuerstem Stadtteil sucht, wird keine Nachsicht erfahren. Auch andere Gebiete sowie öffentlich gefördertes Wohneigentum müssen vom ALG-II-Bezieher in Betracht gezogen werden.
Arbeitslose, die dazu angehalten sind, die Wohnungskosten zu senken, sollten schnell reagieren. Denn: Arge oder Kommune können die Frist von sechs Monaten verkürzen, indem sie dem Hartz-IV-Empfänger eine günstigere Wohnung vermitteln.
Ausnahmen gibt es für Behinderte und Pflegebedürftige. Für sie ist eine Aufforderung zur Kostensenkung oft unzumutbar. Deshalb müssen die Kosten länger als sechs Monate gezahlt werden.
Darf man mich zum Umzug zwingen?
Nein, aber in der Praxis läuft alles auf einen Umzug hinaus. Denn: Spätestens sechs Monate nach Aufforderung zur Kostenminimierung erhalten Sie nicht mehr die volle Summe überwiesen. Der Träger zahlt nur noch bis zur Grenze der Angemessenheit. Was darüber hinaus geht, müssen Sie aus eigener Tasche zahlen.
Was ist bei einem Wohnungswechsel zu beachten?
Wer plant umzuziehen, muss sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten und die Wohnung fristgerecht kündigen. Eine Aufforderung zur Kostenreduzierung räumt kein Sonderkündigungsrecht gegenüber dem Vermieter ein.
Umzugskosten und Mietkaution übernimmt in der Regel die Arge, vor allem, wenn der Umzug gefordert wurde. Lassen Sie sich die Übernahme der Kosten vorab schriftlich bestätigen.
ALG-II-Empfänger dürfen auch ohne Zustimmung des Amtes umziehen. Ob dann die sogenannten Wohnungsbeschaffungskosten gezahlt werden, ist aber nicht sicher.
Wer ein Kind erwartet oder mit dem Partner zusammenzieht, braucht eine größere Wohnung. Das hat höhere Kosten zur Folge und sollte ebenfalls vorab vom zuständigen Träger abgesichert sein. Sonst bleiben Hartz-IV-Empfänger auf den Umzugs- und Wohnungsbeschaffungskosten sitzen.
Quelle:
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Gesellschaft Nachrichten -
Hartz IV – Wie der Staat die Wohnung finanziert