- Tatbestand
- Bestehen einer Aufsichtspflicht
- Gesetzliche Aufsichtspflichten
- Vertragliche Aufsichtspflichten
- Unerlaubte Handlung des Aufsichtsbedürftigten
- Exkulpation
- Bestehen einer Aufsichtspflicht
- Rechtsfolge
- Haftung des Aufsichtspflichtigen
- Haftung der aufsichtsbedürftigten Person
Wie bei § 831 BGB (Verrichtungsgehilfe) handelt es sich bei § 832 BGB um eine Haftung wegen eigenes vermutetes Verschulden.[1]
I. Tatbestand
1. Bestehen einer Aufsichtspflicht
a. Gesetzliche Aufsichtspflichten
- Aufsichtspflicht der Eltern gegenüber einem Minderjährigen, §§ 1626, 1631 Abs. 1 BGB
- Aufsichtspflicht eines Vormundes gegenüber einem Mündel, §§ 1800, 1793 BGB
- Aufsichtspflicht eines Betreuers gegenüber einem Betreuten, §§ 1896 ff. BGB
b. Vertragliche Aufsichtspflichten
- Beispiel: Babysitter, Haftung nach § 832 Abs. 2 BGB
- Stiefeltern: War str., wird aber wohl herrschend angenommen.[2]
Die aufsichtspflichtige Person muss eine Aufsichtspflicht verletzt haben![3]
Bei der Aufsichtspflicht der Eltern richtet sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach dem Gefahrenpotential der aufsichtsbedürftigen Person.[4] Kriterien für das Gefahrenpotential sind[5]
- Alter
- Eigenart und Charakter der aufsichtsbedürftigen Person
- Einsichtsfähigkeit der aufsichtsbedürfigten Person
- Einflussmöglichkeit der Eltern
Es ist stets eine Einzellfallprüfung![6]
Fälle, die den Maßstab (etwas) konkretisieren:
- Es reicht aus, alle 30 Minuten ein 5,5 Jahre altes Kind auf dem Spielplatz zu kontrollieren. Bei einem 7,5 Jahre alten Kind reicht ein regelmäßiger Überblick aus.[7]
- Es reicht aus, einen 13 Jährigen über die Rechtswidrigkeit von p2p Tauschbörsen zu belehren.[8] Internetzugangssperrungen oder Überwachung der Internetnutzung ist erst erforderlich, wenn es konkrete Anhaltspunkte gibt, dass das Kind sich entgegen der Belehrung im Internet verhält.[9]
- Ein 8,5 Jahre altes Kind darf in der Nähe der Wohnung der Eltern nach der Belehrung über die Gefahren im Straßenverkehr unbeaufsichtigt Fahrrad fahren.[10]
2. Unerlaubte Handlung des Aufsichtsbedürftigten
Die aufsichtsbedürftigte Person muss eine unerlaubte Handlung rechtswidrig begangen haben.[11] Ein Verschulden der aufsichtsbedürftigten Person spielt keine Rolle (wie beim Verrichtungsgehilfen), außer bei Tatbeständen, die Vorsatz erfordern, wie z.B. § 826 BGB (Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz (Vorsatzstraftat).[12] Der Grund, weshalb grundsätzlich ein Verschulden der aufsichtsbedürftigten Person keine Rolle spielt, liegt darin, dass § 832 BGB eigenes Verschulden der Aufsichtspflichtigen sanktioniert.[13]
3. Exkulpation
Die Haftung des Aufsichtspflichtigen ist ausgeschlossen nach § 832 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn er nachweisen kann, dass er der Aufsichtspflicht nachgekommen ist oder der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er der Pflicht nachgegangen wäre („rechtmäßiges Alternativverhalten“).[14] Auch hier gilt, wie bei dem Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB, dass der Aufsichtspflichtige die Verschuldens- oder Kausalitätsvermutung widerlegen kann.[15] Ausführliche Infos findest du dazu hier.
[1] Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse – Deliktsrecht, Schadensrecht, Bereicherungsrecht, GoA, § 18, Rn. 20.
[2] NJW-RR 1992, 857; Wandt, (Fn. 1), § 18, Fn. 28.
[3] Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 21.
[4] Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 23.
[5] Supra.
[6] Supra (Fn. 3).
[7] BGH NJW, 2009, 1952 (1954); Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 24.
[8] BGH NJW, 2013, 1441; Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 24.
[9] Supra.
[10] NJW-RR 2015, 720; Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 24.
[11] Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 9., 25.
[12] Supra; Zwickel, Der etwas andere Stromkabelfall …, ZJS 2010, 491 (495).
[13] Supra (Fn. 10).
[14] Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 22.
[15] Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 23.