Da sitzt sie nun, ein Alptraum an bräsiger Selbstgerechtigkeit, das Haar offen, der Blick verkniffen. Hanna Poddig hat es mal wieder ins Fernsehen geschafft, diesmal zu Maybritt Illner, die das absurde Thema "Ist die Hitze schon der Weltuntergang" mit der hauptberuflichen Aussteigerin diskutieren will. Poddig, nach eigener Auskunft "Vollzeitaktivistin" im Kampf für eine bessere Welt, ist die erste Adresse für schlechtes Gewissen in Deutschland. In unbekümmerter Verlogenheit fletzt die junge Frau aus Schweinfurt im Gebührensessel, das Haar offen, die blitzende Zahnleiste dokumentiert jahrelange intensive Zuwendung eines Arztes, dem alles an Technik zur Verfügung stand, was die moderne Zahnmedizin hergibt. Hanna Poddig lächelt weißglänzend, als sie fordert, die Menschen müssten verzichten lernen, weil sonst die Erde untergehe. Wer ein Handy in Deutschland kaufe, so hat sie herausgefunden, sei für die Vernichtung der Natur durch den Abbau seltener Erden verantwortlich.
Hanna Poddig nicht. An den Füßen trägt die 25-jährige Apokalyptikerin, die von den weggeworfenen Resten der zusehends verarmenden Mehrheitsgesellschaft zu leben vorgibt, heute ein paar grasgrüne Chucks. US-Schuhe, hergestellt aus Gummi aus südamerikanischem Tiefseeöl und türkischer Baumwolle, die in Bangladesh vernäht wurde, ehe eine Fabrik in Indonesien alles zusammenklebte. Daran ist Hanna Poddig nicht schuld. Sie hat die Schuhe sicher irgendwo aus dem Müll geklaubt wie der große Original-Schenker ÖffÖff. Denn sie hält "einen Ausstieg aus dem momentanen business as usual für notwendig", wie sie später im ZDF-Chat verkünden wird. Wenn doch nur alle Menschen ihre Schuhe aus dem Müllkübel ihres Nachbarn sammeln würde! Wie schön könnte doch die Welt sein!
Jetzt ist aber erstmal Märchenstunde mit der antiautoritären Grinsebacke, die schon mal ein Buch mit dem Titel "Radikal mutig: Meine Anleitung zum Anderssein" geschrieben hat und seitdem als Koryphäe für wirre Weltverweigerung gilt. Die Medienarbeiterin mit der guten Botschaft, für die Polizisten generell Angehörige einer "kriminellen Vereinigung" (Poddig) sind, verbreitet durch ihre schiere Anwesenheit schlechtes Gewissen um sich: Sie muss doch ran, wenn Castoren zu blockieren sind, sie muss sich radikal gentechnikfrei ernähren, sie quittiert Hinweise darauf, dass guter Wille allein keine Welt ändere, mit kopfschüttelndem Zweifel.
Eine Glaubenskriegerin im deutschen Fernsehen, ausgewiesen mit Abitur und abgebrochenem Studium, unterwegs als Marketingagentur für ein Leben im Märchenwald aus Öko und Bio, genfrei und glutenarm. Mit ihrer Maite-Kelly-Gedächtnisfrisur, einer recht mutwilligen Wiederaufführung der Wildwest-Perücke der Laura Ingall aus "Unsere kleine Farm", demonstriert Hanna Poddig zeitlose Engstirnigkeit. Da sie keinen Bock hat, die Welt zu nehmen, wie sie ist, wird diese Welt sich ändern müssen, soll sie Gnade finden vor den Augen der Medienarbeiterin, die in einer "12er-Veganer-WG" (taz) lebt und "viele Bedürfnisse einfach nicht hat", die andere meinen haben zu müssen.
Da müssen die sich eben mal ändern, sagt Hanna Poddig, der die Grundrechte anderer sowenig bedeuten wie Grundgesetz und Meinungsfreiheit. Umerziehung ist ihre Aufgabe, die Drohung mit der Klimapeitsche ihre Methode. Als der Kommunismus unter der Last der eigenen Verbrechen zusammenbrach, war die Wichtigtuerin aus Weltfremdenhausen vier Jahre alt, seitdem, so fühlt sie es, ist die Situation auf der Welt immer nur schlimmer geworden. Poddig erinnert keinen Eisernen Vorhang und keinen Quecksilbersee von Bitterfeld, sie weiß nichts von Buna und Leuna, von Giftgasfrabiken in der Sowjetunion, von Schüssen an der Mauer, von Gefängnisstrafen für Straßenmusikanten und Studienverbot wegen Schallplattenschmuggel. Aus ihrer Sicht, der Sicht eines verzogenen Wohlstandbauchkindes aus dem tiefen Westen, dessen einziges Leid stets darin bestand, die Geige selbst zur Klavierstunde tragen zu müssen, wird alles immer nur schlimmer. Alle fortlaufend
immer ärmer, die Umwelt immer kaputter. Der Planet, von Medienarbeitern schon Mitte der 50er Jahre für immer totgesagt, immer töter. Das Klima außer Rand und Band. Und selbst Gerechtigkeit noch ungerecht bis dort hinaus.
Sie hat keine Argumente, keine Fakten, sie weiß von nichts und das nicht mal genau. Aber sie ist, wie die wundervollen Aeronauten seinerzeit so zutreffend sangen, zuverlässig "Gegen alles", emanzipiert von Inhalt und Sinn, losgelöst von Fakt und Wirklichkeit. Ein Indentifizierungsangebot auf amöbischer Ebene, wer Bauchgrummeln hat wegen irgednetwas irgendwo, ist hier herzlich eingeladen, die Patschhände aneinanderzuhauen: Wir müssen das Klima retten, wir müssen das Wachstum anders definieren, Wohlstand muss wieder heißen, dass man sich manchmal eine warme Suppe leisten kann und als Fortschritt reicht es völlig, wenn alles so bleibt.
Solche finsteren Figuren mit solchen fürchterlichen Frisuren füllen im Gebührenfernsehen die Hauptsendezeit, wenn Adolf Hitler Sommerpause macht. Nach Sendeschluß bekommt das Kampagnen-Girlie der außerparlamentarischen Anmaßung sogar noch Sendezeit im GEZ-Internet. Dort stellt die "engagierte Antimilitaristin" (Selbstbeschreibung) die Grundzüge ihrer Gesellschaftsutopie vor - ein Land, indem "Menschen gleichberechtigt auf Augenhöhe miteinander koopetrieren können" (O-Ton), schreibt sie an einem Computer, der ganz ohne seltene Erden erbaut wurde; in einem Chat, der völlig ohne Atomstrom um die Erde geht. Gemeint ist "also eine Welt ohne Zwangskollektive, Staaten, Nationen oder Grenzen". Wer dort das Sagen hat? Naheliegend: "Ich bin kein Fan von Demokratie", gesteht die künftige Königin von Deutschland, "weil ich das Prinzip Herrschaft ablehne".