Warum sehen wir uns eigentlich einen Film an? Hören und sehen wir gerne Geschichten? Wollen wir an etwas teilhaben, das so niemals in unserem Leben oder Umfeld passieren würde? Wollen wir in fremde Länder, Planeten oder sogar Dimensionen reisen? Vor der Realität flüchten, träumen? Von schönen Menschen und einem aufregenden Leben? Filmstudios scheinen zumindest zu wissen, was Menschen in die Kinos lockt und setzen seit jeher auf sogenannte Publikumsmagnete, um die Kasse zum Klingeln zu bringen. Die Qualität des Films tritt in der Massenproduktion zurück. Die Story ist sekundär, denn die Zuschauer wollen ja bloß ihre Stars sehen. Ich bin ja bestes Beispiel dafür, wenn ich mir, nur um meine Sucht nach Joaquin Phoenix zu befriedigen, Filme wie BUFFALO SOLDIERS oder LADDER 49 reinziehe. Um möglichst weitere 90 Minuten lang Bilder der oder des Begehrten zu erhaschen, nehm ich jeden noch so plumpen Film in Kauf, hauptsache der Bedarf ist erstmal wieder gedeckt. (Obwohl das heute tatsächlich nicht mehr so ist. Sind meine Ansprüche gestiegen? Offensichtlich.) Im Falle einer weiblichen Prominenz wird ihre Präsenz in der Regel auch durch ihre Garderobe erweitert. Denn wo heute jede Bloggerin auf der Welt zu einer Modeheldin aufsteigen kann, waren in Zeiten vor Modeblogs die Promis diejenigen, die Trends setzten und Trends vorführten (was heute mehr zu einem Vorführen tendiert, weniger zu einem Setzen).
Warner Brothers verfilmt nun ein mittelmäßiges Drehbuch und setzt für seine Hauptdarstellerin keine andere als Madonna ein. Es ist das Jahr 1987, Madonna steht auf der Höhe ihrer Karriere, was könnte den Erfolg des Films eher garantieren, wo DESPERATELY SEEKING SUSAN schon so ein Erfolg war? Als Regisseur wird James Foley beauftragt, der einige Musikvideos Madonnas drehte. Und für die Kostüme wurde die damals frische Kostümbildnerin Deborah L. Scott (Ihr wisst schon, BACK TO THE FUTURE, TITANIC undundund) engagiert, die in diesem Fall bloß Madonnas Stil nachahmen musste. WHO’S THAT GIRL ist zu einem dieser Filme geworden, die einem nur noch auf den Sack gehen. Die Geschichte ist lächerlich, die Schauspieler nervig und die Umsetzung so übel, dass man Gänsehaut vor lauter Fremdschämen kriegt. Das einzige, was den Film einigermaßen wieder hochzieht, ist Schauspieler Griffin Dunne und eben die Kostüme von Madonna.
Da hat sich nicht viel verändert, Nikki Finn (Madonna) trägt eine gebleichte Marilyn-Monroe-Frisur (die übrigens ihrerseits Opfer solcher Massenproduktionen war), buschige Augenbrauen und einen roten Lippenstift. Sie sitzt auf Grund von falschem Verdachts für einige Jahre im Gefängnis, soll nun entlassen werden und will sich rächen. Das ganze natürlich in einem komödiantischen Stil. So trashig sie aussieht, so tollpatschig verhält sie sich auch. Ihre Schuhe sind schon ganz ausgelaufen, ihre Netzstrumpfhose hat Laufmaschen und an ihrer frisch geklauten Kleidung hängen noch die Preisschilder. Dafür gibt’s aber viel Lack und Leder und einen Schlüssel als Kettenanhänger (der hier seinen inhaltlichen Grund hat, seither aber in jedem zweiten Schmuckgeschäft aufzufinden ist). Hier ist ihr Gefängnislook direkt nach ihrer Entlassung:
Ihr Hab und Gut sah übrigens wie folgt aus:
“Eine schwarze Lederjacke. Ein Plastikkamm blau. Zwei mit Nieten beschlagene Lederarmbänder schwarz. Und ein Lippenstift Höllenfeuerrot.” (“One black leather jacket, one plastic comb, blue two leather studded brvelets, black and one lipstick, fire-engine red.”)
Nur ein Beispiel dafür, dass in diesem Fall nicht nur der Film vom Star profitiert, sondern der Star auch von Film. Denn Madonnas Rolle ist bloß eine weitere Ausführung all ihrer Markenzeichen.
Für ihr Putfittuning hat sich Nikki entweder einiges zusammengeklaut oder hatte das ganze noch in ihrem Besitz. Eine schwarze Ledermütze mit einer schweren Silberkette umfasst, ein rot-gemusterter flatternder Minirock, statt des schwarzen Lederrocks und ein golden schimmernder Kurzpullover mit Cut-outs, aus denen ein schwarzer Lackbody herausblitzt. Mein Lieblingsoutfit im Film:
Ein bisschen lächerlich dagegen sieht Madonna in ihrem finalen Outfit aus. Schwarzweiß gepunktete Leggins mit schwarzen Lackbody und einem Tutu, dazu ihre Handschuhe und einem süßen Affenkopf-Plüsch-Umhängetäschchen. Alles zusammen jedoch mit Madonnas damals schon übertrainierten Beinen und ihrer schlechten komödiantischen Schauspielerei, dem ganzen Rumgehüpfe, nee, das ist einfach nicht cool. Übrigens trägt Madonna im Film die selben studded Boots (heute von Chloé), wie Jon Cryer in PRETTY IN PINK, nur in schwarz. Das müssen schon damals DIE Schuhe gewesen sein!
Zwischendurch folgt ein Auftritt, so wie ich Madonna immer am liebsten hatte: glamourös. In einem weißen Perlmuttkleid sieht sie wie eine 80er-Jahre-Version von Marilyn Monroe aus, mit meinem heiß geliebten Glamrock-Make-up. Woher sie das Kleid im Film erhascht haben soll, wird nicht verraten und die Szene ist auch leider viel zu kurz. Bemerkenswert aber, dass Nikki, sobald sie in diesem Kleid steckt und so herausgeputzt ist, sich plötzlich ganz elegant verhält, keine so schrillen Töne mehr anschlägt und sich einfach wie eine vornehme, verführerische Frau verhält. Nicht, dass ich diese Art von Zurückhaltung mehr schätzen würde, aber weniger nervig als die herkömmliche Art ihrer Rolle ist es auf jeden Fall!
Sympathisch wird Nikkis noch so schlimmer modischer Fehlgriff jedoch, wenn man bedenkt, welches Schönheitsideal offenbar in den höheren Kreisen zu dieser Zeit galt. Meine Lieben… es sind wieder die Pastellhexen!