Humor ist gesund. Und mit Humor lässt es sich manchmal auch besser über ernste Themen sprechen. Unter diesem Motto steht das Festival SAUER MACHT LUSTIG, das vom 09.-12. Oktober 2014 im DISTEL Theater in der Friedrichstraße stattfindet. Es widmet sich den verschiedenen Machtdimensionen von Lachen und Humor – was macht ein solidarisches, subversives, komplizenhaftes, verletzendes oder ausgrenzendes Lachen aus? Das Festival besteht aus zahlreichen Kabarett-, Comedy- und Workshop-Programmen. Wir sprachen mit den beiden Veranstalterinnen des Festivals Ulrike Schaper und Ilka Eickhof.
CHASED: Wie kamt ihr auf die Idee, das SAUER MACHT LUSTIG Festival ins Leben zu rufen?
Ulrike: Am Anfang stand eher nur eine vage Idee, dass wir ein Projekt zusammen machen wollten, das Sexismus und Geschlechterstereotype kritisch aber unverbissen thematisiert. Im Rahmen unserer Überlegungen und Recherchen sind wir dann auf das Thema Humor gestoßen und uns ist klar geworden, wieviel Humor mit Macht in sozialen Beziehungen zu tun hat. Daher haben wir dann den Humor als Ausgangspunkt genommen, um eine Veranstaltung um dieses Thema zu bauen. Rückblickend habe ich dann bemerkt, dass der Humor mich wissenschaftlich und persönlich eigentlich schon länger immer mal wieder beschäftigt und es passt auch zu Ilka und mir weil, wir beide sehr ironisch sind und sowieso viel lachen, wenn wir zusammen sind, aber wie gut das Thema eigentlich auch biographisch zu uns passt, ist mir erst im Nachhinein aufgefallen – es ist halt immer das Fällige, was einem zufällt.
Ilka: Wie Ulrike schon sagte ging und geht es immer recht humorvoll zu, wenn wir uns getroffen haben. Wir haben beide aber auch einen typisch norddeutschen Humor, würde ich sagen, das passte einfach. Gleichermaßen haben wir uns oft über ähnliche Dinge empört was Sexismus angeht – ob im Job (an der uni) oder im Berliner Alltagsleben. Vielleicht, weil wir viele sehr ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Am Anfang sollte es bei dem Festival vor allem um Empörung gehen, jetzt im Nachhinein denke ich, vielleicht, um die Wut und Machtlosigkeit, die wir oft fühlen, zu kanalisieren? Im Endeffekt haben wir sie dann eigentlich viel besser kanalisiert – und statt Wut im Zentrum des Ganzen stehen zu haben, schauen wir jetzt auf eine mögliche Gegenstrategie, das Lachen.
CHASED: Was erwartet das Publikum?
Ulrike: Puh, wir haben in letzter Zeit so viele Kurztexte zum Festival formuliert, dass es mir fast schwer fällt, nicht aus Versehen in diese Formulierungen zurückzufallen. Also, es gibt ganz unterschiedliche Veranstaltungen, Comedy/Kabarett und Podiumsdiskussionen oder Vorträge direkt im Anschluss, in denen dann z.B. die Bedeutung und auch das kritische Potential von Geschlechter- und Herkunftsstereotypen in der Comedy thematisiert werden kann. Dazu gibt es einen Abend mit Internetclips zum Thema, Workshops, in denen man sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Humor auseinandersetzen kann, Lachyoga, um einfach mal ohne Grund zu lachen, und ein Konzert von einer Band die, wie ich finde, richtig ironische, humorvolle Musik macht, obwohl ich das schwer zu beschreiben finde, wie sie das eigentlich erreichen. Und eine Party. Also ein sehr buntes und vielfältiges Angebot an verschiedenen Kunst- und Veranstaltungsformaten. Am besten ist es, einen Blick auf unsere Festivalwebseite zu werfen – da bekommt man einen guten Überblick über das Programm.
Ilka: Hoffentlich etwas, was es nicht erwartet. Eine Überraschung, ein Moment, in dem das Denken kurz innehält – nur dann passiert tatsächlich was im eigenen Kopf. Ein Sich-in-Frage-Stellen, oder sich und seine Umwelt mal kurz aus der Distanz betrachten, vielleicht über sich lachen, vielleicht über andere lachen, vielleicht aber auch nachdenklich werden. Unser Programm ist super, gefällt mir sehr gut, wir haben wunderbare Comedians und Diskussionspartner – ich glaube, viele der Leute die kommen haben auch deswegen zugesagt, weil ihnen das Festival inhaltlich gut gefällt, und das fühlt sich gut an. Ich hoffe, diese Stimmung können wir auch in den vier Tagen des Festivals verbreiten. Die Workshops, das Konzert und das Kurzfilmprogram spricht sehr unterschiedliche Leute an, denke ich, so ist ein bisschen was für jeden und jede dabei.
CHASED: Ihr nennt das Festival ein „machtkritisches“ Festival. Was genau macht es „machtkritisch“?
Ulrike: Das Festival thematisiert Humor in verschiedenen gesellschaftlichen Machtverhältnissen, fragt in unterschiedlichen Formaten nach seiner Funktion, um z.B. Personen aufgrund bestimmter sozialer Kategorien, wie dem Geschlecht aber auch der vermeintlichen Herkunft, mittels Witzen abzuwerten oder auszugrenzen. Mit diesen machtvollen Humormechanismen, die sich z.B. in sexistischen und rassistischen Scherzen finden, wollen wir uns kritisch auseinandersetzen. Aber eben auch damit, welche Rolle der Humor für die Auseinandersetzung mit diesen Machtstrukturen und Machtpraktiken haben kann. Kann z.B. Comedy dazu beitragen, alltäglichen Rassismus bewusst zu machen und zu kritisieren? Und wo sind die Übergänge, wo die Witze selbst wieder Gefahr laufen, Stereotype zu reproduzieren und damit zu verfestigen?
Ilka: Was macht es machtkritisch? Das Festival schaut thematisch auf eine Struktur, die wir im Alltag recht wenig hinterfragen – weil wir diejenigen sind, die die Struktur strukturieren, um mit Bourdieu zu sprechen. Wir wollen uns ein wenig von der Struktur entfernen und noch einmal genauer hinschauen, auf die verschiedenen Zusammenhänge und Dynamiken, die da sind, historisch gewachsen, zum Teil. Das ist das machtkritische daran, darüber nachzudenken, wer hier wen betrachtet, mit oder über wen lacht, wer da welche Macht hat über wen – rein kommerziell / wo liegt das Interesse, aber damit eng zusammenhängend natürlich auch inhaltlich.
Chased: Wie würdet ihr die Situation und die Herausforderungen beschreiben, denen man sich stellt, wenn man in Berlin ein Satirefestival auf die Beine stellt?
Ulrike: Also eine Herausforderung ist sicher, dass es in Berlin gleichzeitig immer so ein riesiges Angebot gibt. In einer kleineren Stadt hätte so ein Festival unter Umständen keine Konkurrenzveranstaltung, so dass es leichter ist, viele Leute zum Kommen zu bewegen. Auf der anderen Seite ist großartig, dass es hier eben auch eine gute Infrastruktur gibt.
Als Haupthürde habe ich die ganzen bürokratischen und rechtlichen Rahmenbedingungen empfunden – vor allem, dass keine Stelle sich für Auskünfte zuständig fühlt und man sich von Sachbearbeiter_in zu Sachbearbeiter_in telefoniert und am Ende aus einem bunten Strauß von widersprüchlichen Informationen selbst die plausibelste raussuchen muss. Aber das ist sicher nicht spezifisch für Berlin.
Ilka: Es war erstmal recht schwierig überhaupt einen Spielort zu finden. Bei vielen sind wir gleich abgewiesen worden, und die Distel war eigentlich der einzige Ort, wo sofort inhaltliche Unterstützung signalisiert worden ist – das finden wir super, wenn das klappt können wir das gerne hier machen. Im Gegensatz dazu hat uns der bürokratische Apparatus hinter so einem Festival – Steuer, Künstlersozialkasse, Abgaben, Versicherungen etc. – viele Nerven und weiße Haare gekostet. Das ist für uns fast ein Grund, ein solches Festival nicht noch einmal in Deutschland zu organisieren, die Hilfestellung die auch der Staat selbst hier anbietet tendiert gegen null. Inhaltlich gab es keine Herausforderungen – bisher waren alle höchst unterstützend was unser Festival angeht, was uns sehr freut!
Chased: Worauf freut ihr euch bei dem Festival am meisten?
Ulrike: Aufs Lachen – ich liebe das Gefühl bei einem intensiven Lachanfall die Kontrolle zu verlieren.
Ilka: Auf den Moment wo es losgeht, und ich kann dann zu Urike sagen: „Siehste, wir haben es geschafft, wir hatten eine Idee und haben das jetzt einfach realisiert, wie toll ist das denn!“ Und dann lachen wir laut, und dann können wir über unser nächstes Projekt nachdenken!