Schon von weitem kann man sie riechen. Sie riecht nach alten Büchern.
Es ist als würde man die Tür zu einem gigantischen Antiquariat aufreißen, als würde sich ein Sturm aus purem Bücherstaub erheben und einem der Moder von Millionen verrottender Folianten direkt ins Gesicht wehen. Es gibt Leute, die diesen Geruch nicht mögen, die auf dem Absatz kehrtmachen wenn er ihnen in die Nase steigt. Zugegeben, es ist kein angenehmer Geruch, er ist hoffnungslos unmodern, er hat mit Zerfall und Auflösung zu tun,mit Vergänglichkeit und Schimmelpilzen- aber da ist noch etwas anderes. Ein leichter Anflug von Säure, der an den Duft von Zitronenbäumen erinnert.Das anregende Aroma von altem Leder. Das scharfe, intelligente Parfüm der Druckerschwärze. Und schließlich, über allem, der beruhigende Geruch von Holz. Ich rede nicht von lebendem Holz, von harzigen Wäldern und frischen Fichtennadeln ich rede von totem, entrindetem, gebleichtem, gemahlenem, gewässertem, geleimten, gewalzten und beschnittenen Holz - kurz : Papier.
Oh ja, meine Freunde, ihr riecht ihn jetzt auch, diesen Duft, der euch an vergessenes Wissen und uralte handwerkliche Traditionen erinnert. Und nun könnt ihr den Wunsch, so bald wie möglich ein antiquariates Buch aufzuschlagen, kaum noch unterdrücken, nicht wahr?
Und hier fängt die Geschichte an!Und wie recht er hat! Als ich diese Worte am Anfang des Abenteuers las, hätte ich alles darum gegeben, meine Nase in ein altes Buch zu stecken und einen tiefen Atemzug zu nehmen, denn ich liebe diese Geruch auch.Ich bin sofort in die Geschichte gefallen, hab es mir zwischen den Zeilen gemütlich gemacht, wurde zu Hildegunst, habe mich eingedeckt mit dieser vollkommenen Liebe zum Detail, habe mir all diese Fantasie in den Schlaf mitgenommen, meinen Alltag damit ausgeschmückt. Ich habe vorsichtig und Häppchenweise diese Geschichte genossen, zu sehr war sie gefüllt mit liebevoll und wortreich gezeichneten Figuren, Gegenständen, Orten. Diese Kreativität hat mich sprachlos gemacht.
Beim Lesen habe ich mir gewünscht selbst den Weg nach Buchhaim zu finden, so wunderschön habe ich mir diese Stadt vorgestellt. Eine ganze Stadt nur dem Lesen und den Büchern gewidmet, was für ein Traum! Wenn ich also irgendwann einmal irgendwo stranden sollte, dann bitte nicht auf einer einsamen Insel, sondern in Buchhaim.
Hildegunst von Myhenmetz hat gerade erst seinen Dichtpaten verloren, Danzelot. Dieser hat ihm ein Manuskript vererbt, dessen Autor er finden soll.Es ist das vollkommenste, was je geschrieben worden ist. Danach hat Danzelot aufgehört, selbst zu schreiben, da er wusste, er würde niemals dieses Niveau erreichen und damit könnte er nicht leben. Diesem Schreiber legte er ans Herz nach Buchhaim zu gehen, dort wäre er gut aufgehoben. Er hat nie wieder von ihm gehört, und so möchte er, dass Hildegunst ihn findet.
Ich habe diesen Text gestern nach beendigen des Buches geschrieben ( Vorsicht, Spoiler):
Die Tränen laufen mir über die Wangen. Es ist unglaublich. Wann habe ich mich das letzte Mal so gefühlt? Bei Harry Potter? Diese Welt, die er erschaffen hat, kann ich nicht vergessen. Ich fühle mich wie Danzelot, der nie wieder etwas schreiben wollte, nach dem er so etwas vollkommenes gelesen hat. Und nun habe ich auch etwas so vollkommenes gelesen, von der ersten Seite bis zur letzten.Ich weine, um den Schattenkönig, der so menschlich gezeichnet wurde, obwohl er Monster ist. Ich habe seine Schönheit mit Hildegunst sehen können. Seine Trauer gespürt. Wie er sich gefühlt haben muss, all die Jahre in Schloss Schattenhall. Ich kriege eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. Diese Geschichte nimmt mich so mit.Ich hab ihn sehen können, wie er in seinem Schloss umherwandert, gefolgt von seinen Untertanen, den Lebenden Büchern. Die Büchern mit Augen, Beinchen, Zähnchen und Ärmchen. Und doch ist er so einsam gewesen. Aus Wut wurde Traurigkeit.Ich habe so oft die Luft angehalten, zum Ende hin hat mich die Spannung fast in den Wahnsinn getrieben. Moer hat es ganz richtig gemacht, dieses ganze Buch, alle Kapitel sind so detailreich beschrieben, voller Kurzgeschichten und Nebeninformationen damit wir den Schattenkönig noch besser verstehen, sein Schicksal. Umso intensiver erleben wir das Ende der Geschichte. Ich habe seinen letzten Wunsch noch einmal das Sonnenlicht zu sehen, zu spüren, so nachempfunden, als wäre ich er gewesen. Ich habe mit Hildegunst geweint, der ihn davon abhalten wollte, das Sonnenlicht zu sehen, und gleichzeitig war ich froh, um seine Freiheit und dass er endlich glücklich war. Sie werden mir alle fehlen. Und die Buchlinge! Ach, die Buchlinge... Ich wäre bei ihnen geblieben, in ihrer Grotte voller Bücher.
Ich bin nach der Geschichte in einen langen, traumlosen Schlaf gefallen. Und am morgen blickte ich wehmütig auf die ersten Seiten, auf die gezeichneten Bilder und war traurig um die Seiten, die es nicht mehr zu lesen gab. Traurig, um den Schattenkönig, über den ich nichts mehr lesen könnte. Die Figur, die mir am liebsten ist.
Ich bin in dieses Buch eingetaucht, abgetaucht, und kann mich nur schwer davon lösen.
Anfangs war die Geschichte etwas zäh, aber manchmal gibt es Bücher, da muss man sich erstmal durch die ersten 100 Seiten durchkauen, dann nimmt die Geschichte richtig an Fahrt auf. Es gibt noch so vieles darüber zu sagen und gleichzeitig auch wieder nichts. Ein ums andere Mal beweist Walter Moers, dass ihn das Orm durchflutet hat.
So viel Witz, Ideenreichtum und dieser skurrile Unterton machen dieses Buch einmalig. Es ist weder ein Kinder- oder Jugendbuch noch ein Buch für Erwachsene. Es lässt sich nicht einordnen, und das muss es auch gar nicht. Das Buch steht für sich.
Es ist als würde man die Tür zu einem gigantischen Antiquariat aufreißen, als würde sich ein Sturm aus purem Bücherstaub erheben und einem der Moder von Millionen verrottender Folianten direkt ins Gesicht wehen. Es gibt Leute, die diesen Geruch nicht mögen, die auf dem Absatz kehrtmachen wenn er ihnen in die Nase steigt. Zugegeben, es ist kein angenehmer Geruch, er ist hoffnungslos unmodern, er hat mit Zerfall und Auflösung zu tun,mit Vergänglichkeit und Schimmelpilzen- aber da ist noch etwas anderes. Ein leichter Anflug von Säure, der an den Duft von Zitronenbäumen erinnert.Das anregende Aroma von altem Leder. Das scharfe, intelligente Parfüm der Druckerschwärze. Und schließlich, über allem, der beruhigende Geruch von Holz. Ich rede nicht von lebendem Holz, von harzigen Wäldern und frischen Fichtennadeln ich rede von totem, entrindetem, gebleichtem, gemahlenem, gewässertem, geleimten, gewalzten und beschnittenen Holz - kurz : Papier.
Oh ja, meine Freunde, ihr riecht ihn jetzt auch, diesen Duft, der euch an vergessenes Wissen und uralte handwerkliche Traditionen erinnert. Und nun könnt ihr den Wunsch, so bald wie möglich ein antiquariates Buch aufzuschlagen, kaum noch unterdrücken, nicht wahr?
Und hier fängt die Geschichte an!Und wie recht er hat! Als ich diese Worte am Anfang des Abenteuers las, hätte ich alles darum gegeben, meine Nase in ein altes Buch zu stecken und einen tiefen Atemzug zu nehmen, denn ich liebe diese Geruch auch.Ich bin sofort in die Geschichte gefallen, hab es mir zwischen den Zeilen gemütlich gemacht, wurde zu Hildegunst, habe mich eingedeckt mit dieser vollkommenen Liebe zum Detail, habe mir all diese Fantasie in den Schlaf mitgenommen, meinen Alltag damit ausgeschmückt. Ich habe vorsichtig und Häppchenweise diese Geschichte genossen, zu sehr war sie gefüllt mit liebevoll und wortreich gezeichneten Figuren, Gegenständen, Orten. Diese Kreativität hat mich sprachlos gemacht.
Beim Lesen habe ich mir gewünscht selbst den Weg nach Buchhaim zu finden, so wunderschön habe ich mir diese Stadt vorgestellt. Eine ganze Stadt nur dem Lesen und den Büchern gewidmet, was für ein Traum! Wenn ich also irgendwann einmal irgendwo stranden sollte, dann bitte nicht auf einer einsamen Insel, sondern in Buchhaim.
Hildegunst von Myhenmetz hat gerade erst seinen Dichtpaten verloren, Danzelot. Dieser hat ihm ein Manuskript vererbt, dessen Autor er finden soll.Es ist das vollkommenste, was je geschrieben worden ist. Danach hat Danzelot aufgehört, selbst zu schreiben, da er wusste, er würde niemals dieses Niveau erreichen und damit könnte er nicht leben. Diesem Schreiber legte er ans Herz nach Buchhaim zu gehen, dort wäre er gut aufgehoben. Er hat nie wieder von ihm gehört, und so möchte er, dass Hildegunst ihn findet.
Ich habe diesen Text gestern nach beendigen des Buches geschrieben ( Vorsicht, Spoiler):
Die Tränen laufen mir über die Wangen. Es ist unglaublich. Wann habe ich mich das letzte Mal so gefühlt? Bei Harry Potter? Diese Welt, die er erschaffen hat, kann ich nicht vergessen. Ich fühle mich wie Danzelot, der nie wieder etwas schreiben wollte, nach dem er so etwas vollkommenes gelesen hat. Und nun habe ich auch etwas so vollkommenes gelesen, von der ersten Seite bis zur letzten.Ich weine, um den Schattenkönig, der so menschlich gezeichnet wurde, obwohl er Monster ist. Ich habe seine Schönheit mit Hildegunst sehen können. Seine Trauer gespürt. Wie er sich gefühlt haben muss, all die Jahre in Schloss Schattenhall. Ich kriege eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. Diese Geschichte nimmt mich so mit.Ich hab ihn sehen können, wie er in seinem Schloss umherwandert, gefolgt von seinen Untertanen, den Lebenden Büchern. Die Büchern mit Augen, Beinchen, Zähnchen und Ärmchen. Und doch ist er so einsam gewesen. Aus Wut wurde Traurigkeit.Ich habe so oft die Luft angehalten, zum Ende hin hat mich die Spannung fast in den Wahnsinn getrieben. Moer hat es ganz richtig gemacht, dieses ganze Buch, alle Kapitel sind so detailreich beschrieben, voller Kurzgeschichten und Nebeninformationen damit wir den Schattenkönig noch besser verstehen, sein Schicksal. Umso intensiver erleben wir das Ende der Geschichte. Ich habe seinen letzten Wunsch noch einmal das Sonnenlicht zu sehen, zu spüren, so nachempfunden, als wäre ich er gewesen. Ich habe mit Hildegunst geweint, der ihn davon abhalten wollte, das Sonnenlicht zu sehen, und gleichzeitig war ich froh, um seine Freiheit und dass er endlich glücklich war. Sie werden mir alle fehlen. Und die Buchlinge! Ach, die Buchlinge... Ich wäre bei ihnen geblieben, in ihrer Grotte voller Bücher.
Ich bin nach der Geschichte in einen langen, traumlosen Schlaf gefallen. Und am morgen blickte ich wehmütig auf die ersten Seiten, auf die gezeichneten Bilder und war traurig um die Seiten, die es nicht mehr zu lesen gab. Traurig, um den Schattenkönig, über den ich nichts mehr lesen könnte. Die Figur, die mir am liebsten ist.
Ich bin in dieses Buch eingetaucht, abgetaucht, und kann mich nur schwer davon lösen.
Anfangs war die Geschichte etwas zäh, aber manchmal gibt es Bücher, da muss man sich erstmal durch die ersten 100 Seiten durchkauen, dann nimmt die Geschichte richtig an Fahrt auf. Es gibt noch so vieles darüber zu sagen und gleichzeitig auch wieder nichts. Ein ums andere Mal beweist Walter Moers, dass ihn das Orm durchflutet hat.
So viel Witz, Ideenreichtum und dieser skurrile Unterton machen dieses Buch einmalig. Es ist weder ein Kinder- oder Jugendbuch noch ein Buch für Erwachsene. Es lässt sich nicht einordnen, und das muss es auch gar nicht. Das Buch steht für sich.