Wie viel ist uns eigentlich Kleidung wert?
Quelle: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de
Einige werden jetzt vermutlich denken: sehr viel. Und ihre Kreditkartenabrechnungen werden ihnen wahrscheinlich auch recht geben.
Aber nur, weil man viel für Kleidung bzw. seinen persönlichen Stil ausgibt, muss man diese Kleidung ja nicht schätzen. Sieht man sich die Masse an Konsumtempeln an wird wohl klar, dass sich diese eher nicht mit hochqualitativer Kleidung finanzieren lassen, sondern mit billigst produzierter Massenware, die trotz kleinem Preis einen hohen Aufschlag hat.
Die „Krot“ fressen natürlich wieder die anderen. In diesem Fall die Näherinnen in Fernost, die für unsere „Fast Fashion“ zwölf Stunden pro Tag in baufälligen Fabriken schuften. Oder die Arbeiter in der Türkei, die für unsere Jeans im neugekauften Used-Look eine Staublunge in Kauf nehmen müssen.
Mittlerweile hat sich der Teufel der Textilriesen auch in Österreich breit gemacht, kaufwillige Konsumopfer strömen in Scharen dorthin um Massen an absolut minderwertiger Billigkleidung mit nach Hause zu nehmen und vielleicht noch ein hübsches Video des Einkaufswahnsinns ins Netz zu stellen.
Und wenn uns die hübschen, neuen Teile, die sich oft beim ersten Waschen unwiederbringlich verziehen, nicht mehr gefallen, stopfen wir sie in die Altkleidercontainer, die eh überall herumstehen. Damit auch noch die armen Afrikaner was zum Anziehen haben. Die wenigsten wissen, dass diese Schwemme an „Gratiskleidung“ die afrikanische Textilindustrie ruiniert hat. Denn die gespendeten Kleider werden nicht umsonst an die Armen verteilt, sondern über Zwischenhändler auf Märkten verkauft. Die Zwischenhändler wiederum verdienen sich dabei ein goldenes Näschen. Gemäß dieser Doku soll ja besonders deutsche (und wahrscheinlich auch österreichische) Ware sehr begehrt unter den Händlern sein, weil kaum getragen.
Der Ausweg aus dieser Neukaufspirale wird im Internet ja viel diskutiert. Second Hand scheint, nach dem kompletten Verzicht auf Shopping, zumindest die zweitbeste Lösung zu sein. Doch nur, weil man die Kleidung Second Hand nun noch billiger bekommt, konsumiert man folgerichtig nicht zwangsläufig weniger.
Auch eine Leidenschaft fürs Nähen erhöht nicht unbedingt die Wertschätzung für Kleidung. Man weiß nun zwar, wie viel Arbeit in einem Kleid steckt, doch auch wie schwierig es ist so ein Stück passgenau hinzubekommen. Dementsprechend viele Fehlschläge, die ja auch irgendwo hinmüssen, muss man hinnehmen, bis endlich mal ein Teil so sitzt, wie es sitzen sollte.
Selbstgemachte Kleidungsstücke, egal wie sie sitzen, haben für den Produzenten einen viel höheren Wert als für einen möglichen Konsumenten, der darin nur ein Kleidungsstück unter vielen sieht. Dementsprechend uneins ist man sich dann auch bei der Preissetzung.
Doch ein Business, dass 22 Saisonen kennt und bei dem der komplette Wertschöpfungsprozess vom Design zur Auslieferung innerhalb von 3 Wochen bewältigt wird, kann uns keine höhere Wertschätzung lehren. Warum auch? Ist doch schlecht fürs Geschäft.
Also liegt es an jedem einzelnen von uns sich dagegen zu wehren und einen kleinen Beitrag zu leisten. Vielleicht sich nicht jede Woche mit der besten Freundin auf die Suche nach dem neuesten Must-Have begegeben. Vielleicht nicht jedes Jahr die Garderobe, oder zumindest große Teile davon, komplett überarbeiten. Vielleicht nicht immer dem Bedürfnis erliegen noch mehr besitzen zu müssen, weil man hat es sich ja verdient.
Vielleicht einfach mal ein bisschen genügsamer durchs Leben gehen.
** „Wir“, damit nehme ich mich persönlich nicht aus. Auch mein Konsumverhalten ist nicht immer mit dem verträglich, das ich eigentlich kritisiere. Was nicht heißt, dass es mich deshalb nicht umso mehr stören kann. Nur eines kann ich mit gutem Gewissen behaupten: Österreichs neuester Riesen-Textilimporteuer wird mich sicher nicht sehen!