Michail Gorbatschow (geb. 1931) machen den Ostdeutschen Mut.
Geburtstagsfeier für eine Todgeweihte: 40 Jahre DDR.
Es ist die Geburtstagsparty einer Todkranken: Im Herbst 1989 wird die DDR 40 Jahre alt. Die politische Führung des
ostdeutschen Unrechtsregimes feiert die vermeintlichen Erfolge des Arbeiter- und Bauernparadieses. Die Arbeiter und Bauern feiern nicht - sie demonstrieren lautstark gegen die
immer gravierenderen Missstände im Land. Ihr wichtigster Verbündeter im Oktober vor 25 Jahren ist ausgerechnet Honeckers Ehrengast: Michail Gorbatschow, der große Bruder aus
Moskau: "Gorbi, Gorbi", rufen die Menschen, "Gorbi hilf' uns!". Gorbi hilft - und wie: In einer spontanen Stellungnahme watscht er die reformunwillige DDR-Regierung im Westfernsehn ab:
"Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!"
Biografisch gesehen ist Michail Gorbatschow sehr früh dran. Geboren 1931 macht er rasch Parteikarriere. Von seiner Heimat,
dem Nordkaukasus, zieht es ihn über die die Jugend- und Regionalgruppierungen der herrschenden kommunistischen Partei bis hinauf in die Staatsspitze. Ungewöhnlich jung wird er erst
Generalsekretät, dann übernimmt er die Führung im Obersten Sowjet. Gegen alle Widerstände der Alteingesessenen wir Gorbatschow zum Shootingstar der schwächelnden Sowejtunion. Nahezu
revolutionär ist sein politisches Doppelprogramm von Glasnost und Perestrojka: Die Öffentlichkeit wird auf einmal besser informiert und in der Wirtschaft hält das Prinzip Eigenverantwortung
Einzug. Wer bei so viel Reformeifer nicht mitzieht (und das sind nicht wenige in der Sowjetführung), der wird ausgetauscht. Die Gefahr dieser mutigen Politik: Gorbatschow kommt im Westen besser
an als im Osten (zumindest unter den führenden Politikern). Darüber wird er stürzen, aber er war eben nicht zu spät dran: Seine nüchterner Blick auf die Dinge, sein Loslassen von
überkommenen Ideologien sind wuchtige Schläge gegen die Altherrenriege um Erich Hobecker und die Mauer. Gorbatschows Mutmacher-Statement in der Tagesschau heute vor 25 Jahren hat die
DDR-Bürger darin bestärkt, die Friedliche Revolution zu einem erfolgreichen Ende zu führen.