Die Diskussion ist nicht neu, doch sie ist noch zu keinem eindeutigen Ergebnis gelangt. Wer bezahlt das Netz? Kann ein Netzbetreiber auch von Inhalteanbietern Geld verlangen, damit er ihre Inhalte durchs Netz schleusen kann?
Glasfaser Kabel (Foto: Deutsche Telekom)
Am Anfang war ein Netz, wo klar war, an den Treffpunkten bringt jeder seine Leitungen mit und die Vermittlungsrechner werden geteilt. Gibst Du mir 1 Terabyte, geb ich Dir auch 1 Terabyte, irgendwie klappte das schon. Mit Chats oder einfachen (Text)emails mag sich heute keiner mehr zufrieden geben, auch auf dem Handy nicht. Es müssen Musikstücke und Videos in bestmöglichster HD-Qualität sein und am besten jeden Tag jede Stunde in neuer Clip, ein neuer Song, immer mehr.
Die logische Folge: Die Datenmengen steigen und steigen und steigen und die Netze laufen über. Also ausbauen. Doch der Ausbau kostet Geld. Neue Router, Switche, Vermittlungsrechner und vor allen Dingen Leitungen, am besten Glasfaser. Die gibts nicht zum Nulltarif.
Wer solls bezahlen? Die Netzbetreiber, klar. Von welchem Geld? Da streiten sich die Gelehrten. Wird ein historisches Modell mit Grundgebühr und Verbrauchspreisen berechnet, könnte man mit der Grundgebühr die Existenz und den Weiterbau des Netzes bezahlen. Den Datenverbrauch kann man nach MagaByte oder Giga/Tera sonstwas Byte berechnen, nur fürchten viele User das Risiko, weil sie ihre Datenmengen nicht abschätzen können. Also wollen sie eine Flatrate zum festen Preis.
Dann würde aber der Sommerfrischler, der nur am Wochende kurz 2 Mails checkt und der Power-Sauger, der permanent online ist, das gleiche bezahlen, ist das auf die Dauer “gerecht” ?
Oder könnte man von Anbietern, die das Netz mit unglaublichen Datenmengen “füttern” und belasten auch einen Obulus fordern? Klingt verlockend, aber wo fängt das an und wo hört das auf? Wer entscheidet, welche Inhalte das Netz überlasten? Oder müßten dann alle Inhalteanbieter was zahlen? Und was passiert mit Anbietern, die nichts zahlen wollen oder können? Und was ist mit den Nutzern, die selbst auch Inhalte anbieten?
Die sogenannte Netzneutralität wäre dahin.
Netzneutralität besagt, daß das Netz alles transportiert, was ihm gegeben wird, ohne Rücksicht auf Herkunft und Inhalt, das geht das Netz gar nichts an. Das klingt logisch und vernünftig. Aber es muß wird logischerweise Ausnahmen geben. Muß das Netz auch Daten transportieren, die das Netz stören oder beschädigen können? (z.B. Viren) Muß das Netz Daten transportieren, die gegen Gesetze verstoßen? Wer außer Sender und Empfänger darf sich die Daten anschauen, um sagen zu können, das transportieren wir, das aber nicht? Fragen über Fragen.
René Obermann, CEO der Deutschen Telekom (Foto: Deutsche Telekom)
Telekom Chef Rene Obermann denkt laut über eine Kostenbeteiligung von Google und Co. an den Netzkosten nach. Entschieden ist noch nichts, aber es wird innerhalb der Telekom und auch im Netz heftig diskutiert.
Was sollten wir daraus lernen: Internet ist speziell im mobilen Bereich oft noch zu teuer, besonders, wenn der Kunde noch nicht weiß, wieviel er braucht und keinen speziellen Tarif dafür gebucht hat. Hier müssen Mechanismen her, die auch den Einsteiger vor einem Kostenschock bewahren, automatisch und ohne, daß der Kunde nachfragen muß. Das Netz muß neutral bleiben, wo immer es geht. Was aber sicher erlaubt ist, daß unterschiedliche Geschwindigkeiten und Prioritäten zu unterschiedlichen Preisen angeboten werden. Es muß nur gewährleistet sein, daß auch der Kunde mit niedriger Priorität seine Daten dorthin bekommt, wo er sie hinhaben will und sie von überall her herunterladen kann, wo er Daten her haben möchte.
Schon heute kennen wir verschiedene Preise für DSL-1000, DSL-6000 oder DSL-16000. In vielen Fällen reicht die langsame Geschwindigkeit, das ist auch und gerade im Mobilfunk so. Wir müssen eine Diskussison über die Netzqualität lostreten, mit nachvollziehbaren Kriterien, die jeder User verstehen und begreifen kann. Für eine bestimmte nachprüfbare und garantierte Qualität sind die Kunden eher bereit etwas zu bezahlen, als für undurchschaubare Tarifmodelle mit zig Optionen, die sie nicht brauchen oder verstehen.
Der “Es muß immer noch billiger werden” Trend ist schick, aber so ganz langsam sollte sich herumsprechen, welche Risiken und Nebenwirkungen dieser Billig-Trend am Ende hat. Wenn “teuren” Anbietern die Kunden davonlaufen, weil es ihnen zu teuer ist, dann reagieren diese Firmen in Panik, lagern ihre Betriebe aus oder beginnen wie wild zu sparen. Die Folge: Noch mehr Kunden hauen ab.
Es muß der Branche gelingen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Die Branche muß ehrlicher und durchschaubarer werden. Das wird nicht einfach, das wird wehtun, wenn altbekannte Wahrheiten, über die keiner sprechen mag, nachprüf- und meßbar auf den Tisch kommen. Es wäre aber auch eine Chance für neue Angebote, die ihren Markt bei qualiätsbewußten Kunden finden. Und Qualität muß nicht immer “teuer” sein. Was “teuer” ist, sieht jeder anders. Die Wahlmöglichkeit muß bleiben.
Schlagwörter: Überlast, Deutsche Telekom, Kosten, Netzneutralität, René Obermann