Gerade musste ich wieder an einen Schultag 1980 denken. Es muss der 9. oder 10. Dezember des Jahres gewesen sein, als die Lehrer (oder war es der Direktor?) und zwangen, unsere schwarzen Armbinden abzunehmen. Die hatten wir angelegt, um unsere Trauer und Bestürzung zum Tode John Lennons zu zeigen. In meiner Erinnerung war das der erste große Musiker, dessen Tod mich bestürzte. Dessen Tod mir nahe ging. Waren doch vor Lennon schon viele viel zu früh gegangen, waren wir doch zu jung, um dies zu fassen. Lennons Tod aber, der hat uns alle mitgenommen.
Aber auch inspiriert. War es doch genau jene Zeit, als ich immer öfter zur Klampfe griff. Der jahrelange Violinenunterricht hatte die Grundlagen geliefert, die großen Rockstars lieferten den Ansporn. Einmal zu werden wie sie. Nur ein ganz klein wenig. Was dann doch nichts geworden ist. Sicher, ich spiele inzwischen ganz passabel. Aber wer sind wir denn schon? Eine Frage, die sich mir, zugegebenermaßen, nur selten stellt. Schließlich ist ja jeder irgendwer und und irgendwas geworden. Und doch komme ich mir an Tagen wie diesen vor wie ein winziges Staubkörnchen. Ein Staubkörnchen in einem Universum, in dem Bowie die Sonne ist, Lemmy der Saturn, Lennon Jupiter und Cobain zumindest noch der Mond.
So ein richtig großer Fan von Bowie war ich nie. Musste ich aber auch nicht sein. Das ist eben der Unterschied. Zwischen den Bands, die man gut findet und den Musikern, die man nicht unbedingt gut finden muss, weil sie es eben nunmal sind. Oder waren. New Model Army, Pearl Jam, Foo Fighters. Das sind so meine drei Lieblinge derzeit. Früher waren es mal Deep Purple, Uriah Heep, Led Zeppelin. Die Zeiten ändern sich eben. Und mit ihnen hat sich mein Musikgeschmack geändert. Ein wenig nur. Rock muss es noch immer sein. Pop hab ich nie gemocht. Schlager schon gar nicht. Punk schon mehr.
Und dann gibt es eben jene, die über allem stehen. Die man nicht anhimmelt, die man nicht regelmäßig hört, die man nicht an die Jugendzimmerwand pinnte. Die man aber ebenso oder gar mehr achtet und verehrt. Als Musiker. Wie David Bowie. Ein Großteil seiner Musik hat mich nie erreicht. Zu fern waren seine Welten von den meinen entfernt. Und doch fühlte ich mich mit ihm verbunden, wenn ich versuchte, Heroes oder Space Oddity auf der Holzklampfe zu covern. Das ging meistens schief und so haben die Songs Bowies nie den Weg in unser Nachspiel-Repertoire gefunden. Aber das spielt auch keine Rolle.
Heute bin ich traurig. Morgen werde ich die Klampfe in die Hand nehmen. Und es noch einmal versuchen. Mit den Heros, oder Major Tom. Ground Control to Major David: Gute Reise, ruhe in Frieden!