Wer ist schon Brus oder Muehl gegen Ophelia!

Das mumok hat einen troll! ZAK RAY wusste, was ein richtiger Troll so macht und verschreckte bei ihrer Aktion „mumok troll“ anlässlich der Serie Redefining Action(ism) während des ImpulsTanz Festivals einige Damen aus der Mittelschicht.

Was ist eigentlich ein Troll? Soweit wir wissen, lebt er hoch im Norden und entwickelte sich von einem Riesen bis hin zu jenen putzigen Lebewesen, die wir heute damit assoziieren. Wikipedia weiß es wie immer besser und definiert ihn als allgemeinen Ausdruck „für jede Art von mehr oder weniger menschengestaltigen Fabelwesen“.

Aber es gibt, Wikipedia sei Dank, noch eine zweite Definition: Als Troll bezeichnet man im Netzjargon eine Person, welche Kommunikation im Internet fortwährend und auf destruktive Weise dadurch behindert, dass sie Beiträge verfasst, die sich auf die Provokation anderer Gesprächsteilnehmer beschränken und keinen sachbezogenen und konstruktiven Beitrag zur Diskussion enthalten. Dies erfolgt mit der Motivation, eine Reaktion der anderen Teilnehmer zu erreichen. In darauf bezogenen Bildern wird oft der aus der Mythologie bekannte Troll dargestellt. Ein gelegentlich gebrauchtes Synonym ist Twit (engl: Dummkopf).

So. Und jetzt? ZAK RAY, zu Gast im mumok anlässlich der Serie Redefining Action(ism), hat´s drauf. Die Grün-schwarz bekittelte Dame, anfänglich unter einer sicherlich heißen, weißen Gesichtsmaske verborgen, lieferte eine halbstündige Performance, in der sich die Grenzen der beiden Trollarten sichtlich verschoben. Wagte sie doch nicht nur eine spitze Attacke auf die Wiener Aktionisten im Besonderen und auf abstrakte Kunst im Allgemeinen. Sie erteilte am Ende auch noch eine Vorlesung über den seit dem Mittelalter juridisch besetzten Begriff „habeas corpus“. Dabei amüsierte sie das Publikum mit ihren launigen Ausführungen über die Tatsache, dass dieser Begriff obsolet wird. Angesichts der vielen Persönlichkeiten, die man heute dank des Internets hat und auch aufgrund der örtlichen Entgrenzung dieses Mediums selbst.

Zu Beginn jedoch verschreckte Zak Ray allerdings einige aus dem Publikum, die sich wahrscheinlich ganz und gar nicht für die Mittelschicht halten. Denn, so die Akteurin, alle, die so um sie herum stünden, würden doch selbiger angehören. Und schwupps, schon war die eine oder der andere Besucher plötzlich aus dem Raum verschwunden. Wo kommen wir denn da hin! Uns als Mittelschicht zu bezeichnen! Darauf folgte, wie in bester Unterschichtmanier, obwohl – politisch korrekt heißt das jetzt ja „in der Sprache des Präkariats“ – eine Tirade gegen die Videos in der Ausstellung „Mein Körper ist das Ereignis“ Wiener Aktionismus und internationale Performance. „Wo sind hier die Warnschilder!“, reklamierte ZAK RAY ohne Erfolg, denn das Publikum blickte stumm, in dem großen Raum herum. Ihre Argumentationspunkte gegen diesen „shit“ sind, wie in elitären Kreisen bekannt, wunderbare Untersuchungsthemen in kunsthistorisch-kultur- und gesellschaftspolitischen Studien als da wären: Wann ist man ein Künstler? Was bedeutet es, in einem Museum auszustellen? Wer bewertet Kunst? Warum sind die Wiener Aktionisten überhaupt berühmt? Kann man heute noch mit einer ähnlichen Aktion berühmt werden?

NEIN, natürlich kann man nicht, erfuhr man prompt, außer, ja außer man wird einmal zu einer Legende. Wie Ophelia. Jene tragische, weibliche Figur aus Shakespeares Hamlet, die sich angesichts ihrer unerwiderten Liebe ins kühle Nass stürzte und dort auch prompt ertrank. Opheliengleich setzte sich ZAK RAY die Maske ab und einen Kranz auf den Kopf. „I don´t know what the name of this Kranz on my head is in English“ ließ sie das verdutzte Publikum wissen, um dann darüber zu philosophieren, dass all die vermeintlich großen Namen, die in der Ausstellung im mumok zu sehen sind, nicht gegen Ophelia standhalten können. „Who knows Brus or Muehl? But everyone knows Ophelia!“ Selten hat man so eine vergnügliche, subversive, ratz-fatz funktionierende Umdrehung von geschlechtsbedingten Wertigkeiten erlebt, in der eine nicht einmal mehr lebende Frau Kunstgrößen des 20. Jahrhunderts im Handstreich blass aussehen lässt.

In der Schluss-Session ließen sich nur wenige dazu verleiten, mit ZAK RAY ein Selfie zu schießen. Die Zögerlichen beraubten sich nicht nur eines wunderbaren Erinnerungsfotos – mit oder ohne Kostümierung, sondern auch ZAK RAYs mündlicher Expertise, in diesem Augenblick selbst ein Kunstwerk gewesen zu sein. Beuys schau oba und Wurm gfrei di! Schade, dass die Performancekünstlerin und Kulturphilosophin Katherina Zakravsky nicht dabei war. Dieser gelästerte Cross-over-Angriff auf vermeintliche Autoritäten und Ordnungssysteme hätte ihr bestimmt gefallen!


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