Wer bin ich – wer will ich sein?

Karneval - alle verkleiden sich - und ich? Ich mach(t)e mit, ich verkleide(te) mich auch, aber dieses Jahr nicht. Dieses Jahr bin ich ICH - und zwar wirklich ICH! Das wünsche ich mir.

Immer wieder und immer öfter spüre ich, dass ich im Real Life ganz schön einsam bin und sehr wenig Gleichgesinnte habe oder es nicht merke, weil ich selbst unter Druck stehe.

Wann immer ich unter Menschen gehe, setze ich mein unsicheres Lächeln auf, damit bloß keiner merkt, wie sehr ich versuche, den anderen gefallen, das zu sagen, was sie hören wollen, so auszusehen, dass bloß kein Fleck oder sogar Loch an meiner Kleidung ist, dass an meinen Kindern keiner was auszusetzen hat usw. Wenn mir Menschen entgegenkommen, lächle ich sofort, manchmal grüße ich sogar. Wenn ich in Gedanken war und vergessen habe zu grüßen, mach ich mir nachher Vorwürfe, weil derjenige ja jetzt denken könnte, dass ich unfreundlich bin. Wenn ich mich gerade um meine Kinder gekümmert habe und deswegen mit Menschen, die mit mir in einem Raum oder einem Geschäft oder sonstwo waren, mal keinen Smalltalk gehalten habe, überlege ich nachher, was die jetzt wohl über mich denken. Wenn ich mein Kind im Kinderwagen beruhigen wollte und ein Lied gesungen habe und erst später merke, dass jemand hinter mir war, frage ich mich, was derjenige wohl jetzt über mich denkt (wie schief ich wohl gesungen habe z. B.)

Und ich hasse diese Gedanken. Ich will diese Gedanken nicht denken. Ich möchte einfach so sein wie ich bin und mit meinen Kindern so umgehen, wie ich eben mit ihnen umgehe. Ohne zu denken, was die anderen wohl denken. Ohne so zu sein, wie ich glaube, was die anderen von mir erwarten. Ich will mich nicht so verhalten, dass ich für jeden als die perfekte Mama, der perfekte Mensch, die perfekte Nachbarin, die perfekte Frau, die perfekte Kollegin, Tochter, Arbeitnehmerin, Schwester, Freundin, Bekannte, Kundin, Patientin, Fußgängerin, Anruferin, Autofahrerin, usw. da stehe. Ich will ich sein und auch so wirken. Ist doch egal, was die anderen denken, reden - ja, es ist sogar egal, was sie sagen. Und was interessiert mich, was der Mann hinter mir, den ich noch nie gesehen habe, denkt, wenn ich meinen Kindern etwas vorsinge. Auch wenn er meint, dass ich schief singe. Piepegal! Ihm muss es doch nicht gefallen. Das Feedback meiner Kinder, dass sie darüber lachen oder dadurch beruhigt werden, ist doch viel viel wichtiger.

Woher kommt das eigentlich, dass mir das so wichtig ist?

Ich glaube, irgendjemand hat es mir vorgelebt oder in die Wiege gelegt. Im Grunde ist man ja den Menschen der eigenen Familie oft ähnlicher als man sich wünscht oder es selbst glaubt. Und ich denke, dass meine Mama und auch meine Großeltern da sehr ähnlich sind. So oft habe ich gehört - besonders die Stimme meiner Oma ist mir jetzt im Kopf, als säße sie neben mir „Was sollen denn die Leute denken?". Sie hat mir sogar gesagt, dass ich immer eine heile Unterhose und heile Socken anziehen muss, weil es ja sein kann, dass ich mal vom Rettungsdienst abgeholt werden muss und sie dann über meine kaputten Sachen lachen. Was für ein Schwachsinn. Ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass der Rettungsdienst Zeit dafür hat, sich meine Socken genauer anzuschauen, denn wenn ich in diese missliche Lage komme, dann brauche ich Hilfe und nicht jemanden, der meine Socken-Löcher begutachtet (ganz davon abgesehen, dass ich keine Löcher in Unterwäsche oder Socken habe). In der Theorie weiß ich, dass das völliger Quatsch ist. Und wenn sie Zeit haben oder Lust, darüber zu lachen, dann habe ich es wenigstens geschafft, jemandem ein Lächeln auf's Gesicht zu zaubern.

Es zog sich schon immer so durch, dass ich die liebe nette Schülerin, Freundin, Klassenkameradin, usw. war und eher ausgenutzt wurde als dass mich jemand nicht mochte. Nur zu Hause war ich rotzfrech - wurde mir auch oft gesagt. Im außerhäusigen Umfeld wurde mir das Buch empfohlen „Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überallhin" oder es wurde mir von einer Seminarleiterin gesagt: Stell Dein Licht nicht unter den Scheffel. Leichter gesagt als getan, wenn einem zu Hause beigebracht wurde, dass der Klügere nachgibt und dass man Bescheidenheit äußern sollte und dass Mädchen nie das letzte Wort haben. So schwierig, diese Sachen abzulegen.

Wenn ich in Spielgruppen komme, halte ich Augenkontakt mit den anderen Müttern und fühle mich nicht wahrgenommen oder sogar abgewiesen, weil eben sie genau das tun, was ich mir so sehr für mich wünsche: Sie gucken in erster Linie auf ihre Kinder und auf sich und erst, wenn da alles gut ist, dann suchen sie das Gespräch. Ich suche zuerst den Augenkontakt, meist mit dem Baby auf dem Arm und der Großen an der Hand, um zu gucken, worüber man sich austauschen könnte. Ich gebe sehr oft meine Erfahrungen weiter, wenn ich gefragt werde, was für Angebote es für Mamas mit Kindern in Leverkusen gibt, ich gebe meine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse oder Blog-Adresse weiter mit dem Hinweis, dass ich ihnen dazu ja was zuschicken kann. Manche melden sich - sporadisch, bedanken sich für die Tipps und das war's. Weil sie einfach zu sehr mit sich und ihren Kindern beschäftigt sind und keine Zeit für mehr haben. Oder weil sie schon ein festes Netz an Freunden haben und ich da eben nicht mehr reinpasse. Das tut weh, weil ich eben Zeit und auch Hoffnung investiert habe, um Kontakt aufzubauen, dadurch meine Kinder mal kurz links liegen gelassen oder mitgeschleift habe - und wieder umsonst. Bekannte, sogar die ganz in der Nähe wohnen, haben schon so oft gesagt, wir melden uns, wir treffen uns bald und dann können wir in Ruhe quatschen. Und sie tun es nicht - und ich melde mich immer wieder, frage wie es geht, bekomme kurze Antworten und den Hinweis, dass sie sich melden - wenn sie mehr Zeit haben, wenn sie aus dem Urlaub kommen, wenn der Hamster nicht mehr krank ist, wenn die Schwiegermutter ihr Auto wieder hat, bla bla bla und ich hoffe darauf, ich gebe nicht auf und melde mich immer wieder. Warum eigentlich? Ich bin doch bescheuert, oder? Weil ich verdammt noch mal Anerkennung will, echte Freunde, Bekannte, Leute, mit denen ich mich treffen, austauschen, unterhalten kann, etwas unternehmen kann, nicht allein zu sein, bestenfalls dann natürlich auch noch, dass die Kinder miteinander spielen können. Ich bin in vielen Spielgruppen oder anderen Angeboten für Kindern, weil ich immer die Hoffnung daran setze, dass ich irgendwann die Freundin dort treffe, die auch Kontakte sucht und mit der dann mehr als nur ein sporadischer Kontakt entsteht. Es klappte bis heute nicht. Sogar habe ich, als ich neu nach Leverkusen gezogen bin, eine Online-Gruppe gegründet mit dem Thema „Neu in Leverkusen". Wir haben uns ausgetauscht, persönlich getroffen und wer ist geblieben? 2 Freundinnen mit ihren Männern, die inzwischen auch Kinder haben. Was ist geblieben? Austausch per whatsapp, hin und wieder ein Treffen, wir sind zwar gleichgesinnt, aber so wie ich mir eine echte Freundschaft vorstelle, ist es nicht. Warum nicht?

Inzwischen glaube ich, dass es an mir liegt. Bin ich zu aufgeschlossen? Bin ich zu selbstkritisch? Zu unsicher, mache mir zu viele Gedanken, bin nicht „echt", bin nicht wie ich bin. Menschen wie mich, Mitläufer, die keine eigene Meinung haben, alles für andere tun würden und dabei oft selbst auf der Strecke bleiben, gehen unter, werden ausgenutzt, werden nicht gebraucht und verlieren Energie für Menschen, die es nicht wert sind. Und dadurch haben sie keine Energie für Menschen übrig, die es wert sind oder übersehen sie oder werden übersehen, weil sie „eine graue Maus" sind, keine Ecken und Kanten haben, keine eigene Meinung vertreten, weil sie immer das sagen, was andere hören wollen. Das will doch keiner.

Manchmal glaube ich, ich bin zu empathisch und ich habe zu viele Seminare gemacht, in der es darum geht, das Gegenüber zu sehen, zu verstehen und darauf einzugehen, um denjenigen nicht vor den Kopf zu stoßen. Dabei verliere ich mich selbst und weiß schon gar nicht mehr richtig, wer ich bin, was ich bin, was ich will und ich versuche, meine Ecken und Kanten zu verstecken, um zu zeigen, dass ich gut bin und dass man mich mögen kann. Das Gegenteil passiert, denn wenn man „aalglatt" ist, flutscht man durch's Netz, weil die mit den Kanten hängen bleiben - im übertragenen Sinne: man erinnert sich an sie, sie bleiben hängen im Kopf, auch wenn es vielleicht das Eine oder Andere gibt, was stört. Es allen recht zu machen, schafft man sowieso nicht. „Everybody's darling - everybody's depp" sagte mal jemand zu mir.

Und weil ich immer versuchte, nach außen so zu sein, allen zu gefallen, war ich damit selbst unzufrieden und das führte dazu, dass ich innerhalb meiner Familie als rotzfrech bezeichnet wurde, weil ich da alles raus ließ, was ich mich außen nicht traute. Wie bekloppt, oder? Die Menschen, die mir am nächsten und wichtigsten sind, verletze ich damit, um nach außen bei Wildfremden gut da zu stehen. Blöder geht's nicht. Besser spät als nie, dass ich das erkenne, erfahre, verinnerliche und umsetze.

Deshalb dieser Text - für mich als Motivation und als Ansporn, nun wirklich damit anzufangen. Jeden Tag in kleinen Schritten. Morgen ist Karneval - viele verkleiden sich, um mal jemand anders zu sein. Ich verkleide mich, um mal ich selbst zu sein.

In dem Sinne! ALAAF!

Wer bin ich – wer will ich sein?

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