Wer beherrscht Ihr Projekt?

Von Projektgeschichten
„Hey, ein Projekt beim neuen Arbeitgeber – und gleich mit soviel Verantwortung!“
Zwei hochmotivierte Frischlinge Maximilian K. und Johanna B. fingen beide vor kurzem als Projektmitarbeiter bei der Münchener Niederlassung der Knowlagefactory an. Knowlagefactory hatte sich zum Ziel gesetzt, das Unternehmen mit einer Wissensmanagement- und Collaboration Plattform auszustatten, um den Wissensaustausch und Vernetzung zwischen den Niederlassungen zu gewährleisten. Bis jetzt fehlte der Knowlagefactory eine einheitliche, unternehmensweite Lösung - und das sollte so schnell wie möglich geändert werden. Ein Unternehmen lebt schließlich von dem vernetzten Wissen und dem schnellen Erfahrungsaustausch der Mitarbeiter.
Die Frischlinge sollten das Projekt leiten. Eine gute Wahl! Maximilian hatte als Wissensmanager und Kollaboration - Profi viel Erfahrung. Johanna als Projektmanager und Social Media Profi hatte das nötige methodische Wissen für Kommunikation und Projektmanagement.
Im Projektauftrag waren Ziele und klare Prioritäten formuliert – Userakzeptanz stand an der ersten Stelle. Die Plattform sollte einfach zu bedienen sein, die tägliche Arbeit von mehr als 300 Mitarbeitern unterstützen und für unkomplizierten Austausch untereinander sorgen. Die Münchner Niederlassung sollte als Pilotprojekt dienen, gefolgt von einem unternehmensweiten Rollout. Soweit so klar stand alles im Projektauftrag.
Das Projekt ist Neuland für die Knowlagefactory, aber nicht für Maximilian und Johanna! Voller Elan machten sich die beiden an die Arbeit und nahmen Kontakt mit anderen Niederlassungen auf, um sich einen ersten Überblick über die bisherige Arbeitsweise und Wissensaustausch zu verschaffen. Die Niederlassungskollegen zeigten großes Interesse an einer gemeinsamen Plattform
Da Maximilian und Johanna die Unternehmensabläufe noch nicht gut kannten, erstellten sie eine kurze Mitarbeiterumfrage, um die künftigen User in den Auswahlprozess miteinzubeziehen (Akzeptanz zu schaffen), die Wichtigkeiten der einzelnen Anforderungen zu bestimmen und somit das geeignete Tool für Knowlagefactory zu finden. Das Projektteam war hoch motiviert und freute sich auf eine spannende Aufgabe. Die zukünftigen User waren als Ideengeber und Unterstützer dabei. Stakeholder von der besten Sorte.


Die kalte Projektdusche kam ganz überraschend in Form einer Email: Die Knowlagefactory – Leitung habe sich bereits für eine „geeignete“ Lösung entschieden – es sei nicht mehr notwendig sich mit Anforderungen und Umfragen zu beschäftigen. Außerdem sei soviel Kommunikation zum jetzigen Zeitpunkt quer durch alle Niederlassungen Zeitverschwendung. Es reicht, wenn zum Rollout alle Betroffenen informiert werden. Das Projektteam darf ab sofort implementieren, damit das Projekt nach vorne kommt! Maximilian und Johanna verstanden die Welt nicht mehr...
Und das war der Hintergrund der Entscheidung, den Projektleitern die Führung ihres Projektes abzunehmen: Die Unternehmensleitung hatte schon längst ein sehr günstiges Angebot über 300 Lizenzen von einem befreundeten Hersteller bekommen. Darum war das Projekt gestartet worden, was nicht kommuniziert worden war. Dieses versteckte Ziel beendete den Auswahlprozess. Gegenargumente der beiden Projektleiter und Widersprüche zu den bereits bekannten Anforderungen wurden vom Auftraggeber nicht akzeptiert.
Die Versuche von Johanna und Maximilian, die Bedenken „nach Oben“ zu äußern, scheiterten: man verstehe die Bedenken nicht – das Projektteam wurde höflich gebeten sich mit der Auswahl zu arrangieren und die User ebenso möglichst schnell von der Wahl zu überzeugen.



Maximilian und Johanna begleiteten nun mit gemischten Gefühlen „das Anfang vom Ende“ – Ein Projekt, das höchstwahrscheinlich zum scheitern verurteilt ist, da das günstige Angebot wichtiger schien, als der Nutzen einer geeigneten Lösung für das gesamte Unternehmen. Die Userakzeptanz, einfache Bedienbarkeit, Arbeitserleichterung für über 300 Mitarbeiter wurden ignoriert. Knowlagefactory wollte ursprünglich eine Plattform schaffen, um Wissensaustausch im Unternehmen zu ermöglichen, dabei vergaß das Unternehmen, auf Wissen der eigenen Mitarbeiter zurückzugreifen und aus den Erfahrungen vieler ähnlicher gescheiterter Projekte zu lernen. Wie das Projekt ausgehen mag ? Wie so viele Projekte eben. Es wird umgesetzt und eine Lösung installiert. Das eigentliche Problem (unzureichende Wissenskommunikation) bleibt bestehen, auch wenn niemand mehr darüber spricht. Das Gefühl der Resignation macht sich breit. Auch das kennen viele Projekte.
Aus den Betroffenen die Beteiligten machen – die Verantwortung für eine Veränderung an die Mitarbeiter zu übergeben – das fordert Vertrauen in ihr Potential und ihr Wissen. Es erfordert den Mut, neue Wege zu gehen – sichert aber langfristig Wachstum, stetige Weiterentwicklung und schlussendlich auch wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. 


Entscheider planen oft nach harten wirtschaftlichen Kennzahlen („das günstigste Angebot zählt“) und vergessen dabei die Menschen, die diese Veränderungen tagtäglich tragen und umsetzen werden. Eine scheinbar kleine Veränderung in einer Organisation lässt sich nur von oben aus durchsetzen, wenn sie von allen Beteiligten verstanden, akzeptiert und schlussendlich gelebt werden kann. Entscheidungen, die nur nach nach Kennzahlen und Fakten getroffen werden und die die nicht messbaren Kriterien außer Acht lassen , bringen nur eine kurzfristige „Verbesserung“ aber keine erfolgreiche, dauerhafte und tiefgehende Veränderung, die von so vielen Unternehmen angestrebt wird.
Und dafür, finden wir, sind Wissensmanagement-Projekte im Stil der Knowlagefactory einfach zu teuer. Ziel verfehlt. 



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