Wenn wir einen Bundespräsidenten hätten...

Von Sf2000

... dann würden wir von dem dieser Tage sicherlich einiges zu hören kriegen, zum Beispiel zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. So würde das zum Beispiel klingen:

Und er stellte klar: Absprachen zwischen Regierung und den Betroffenen stünden nicht in Einklang mit den demokratischen Gepflogenheiten. "Das entspricht sowohl meinem grundsätzlichen Verständnis, dass die verbindliche Regelung von Rechten und Pflichten, die der Staat von Unternehmen oder von Organisationen oder von Personen erwartet, durch Gesetze erfolgt und nicht durch Verhandlungen und Vereinbarungen mit den jeweils Betroffenen."

tagesschau.de

So muss das halt stattdessen der Bundestagspräsident, also Norbert Lammert sagen, durchaus mal im Gespräch für das Amt, damals - von denen, die es werden konnten- auch durchaus mein Favorit, was schon fast eine Garantie dafür war, dass er es nicht wird. Stattdessen haben wir also Christian Wulff, der das Kunststück fertiggebracht hat, selbst als alle Augen und Ohren auf ihn gerichtet waren, als es um die Entlassung eines gewissen Bundesbankvorstandes ging, nicht ein zitierbares Wort zu äußern. Scheinbar hat er nicht mal hinter den Kulissen an den Strippen gezogen- das wäre wenigstens irgendeine Art von Aktivität gewesen, die ihm die FAZ dieser Tage ausgiebig unterstellt:

Die Verhandlungen über die Bedingungen für den Rücktritt von Sarrazin wurden offenbar allein von Vertretern des Bundespräsidenten geführt. So heißt es im Umfeld der Deutschen Bundesbank.

FAZ.net

Das wäre ja zumindest irgendeine Reaktion auf die Frage gewesen, aber all das, was die Frankfurter Allgemeine zu dem Thema zu schreiben hat, wird bereits ausgiebig dementiert, was dann wohl bedeutet, dass er garnichts gemacht hat oder zumindest gerne garnichts gemacht hätte. Man könnte nun darauf ausweichen, zu sagen: Das war eine "drittrangige Personalfrage" - so schreibt die FAZ das dann heute in ihre Onlineausgabe, wenn auch im eher vorwurfsvollen Ton, aber ich denke mittlerweile nicht mehr, dass es das war.

Auf jeden Fall wäre es eine Chance gewesen für ein Staatsoberhaupt, das sich vielleicht sogar zwei volle Amtszeiten lang mit der Frage von gesellschaftlichem Zusammenhalt und sozialem Frieden auseinandersetzen muss. Die Chance lag nicht in der Entscheidung übers Sarrazins Zukunft, sondern gerade darin, diese Frage von der Person Sarrazins zu entkoppeln und zu seinem ureigenen Anliegen zu machen. Dass die Menschen Antworten suchen, ist mal offensichtlich - dass sie vom Politstadl keine Antworten bekommen, die über Absichtserklärungen oder die Feststellung, dass es "ein großes Thema" wäre, hinausgehen, ist ebenso offensichtlich.

Aber wir bekommen nichts. Die Wochen gehen ins Land, und der Mann hat wirklich noch keinen Satz gesagt, der irgenjemandem in Erinnerung hätte bleiben können, das ist angesichts der vielen Gelegenheiten schon durchaus eine Leistung. Und leider füllt die Lücke nicht nur Herr Lammert, sondern auch Gestalten wie Stephanie von Guttenberg, die hat nämlich - man möchte sich schreiend am Boden wälzen - auch ein Buch geschrieben. Rein theoretisch geht es darin um Kindesmißbrauch, aber eigentümlicherweise geht es in der Debatte, die geführt wird, um Pornos. Scheinbar war Imbißsylt da ihrer Zeit (und der Gattin der Deutschem ihrem Minister) vorraus.

Entsprechend sieht die WELT (zumindest online) ihre Chance gekommen, die Bundespräsidentenlücke zu füllen (auch wenn man dort diesen Anfall so gut wie möglich wegversteckt hat):


Guttenberg weckt Sehnsucht nach einer Königsfamilie

Welt
.de

Da bleibt einem ja wirklich nur noch das Wetter.

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