Wenn man sich in Kambodscha selbstständig macht (Teil 1)

Im vorigen Gastbeitrag hatte ich ja angekündigt, dass ein weiterer mit diesem Thema folgen wird. Don Kong ist so gut und stellt sie in sein Blog ein. Dies ist vor allem an die Leser in Deutschland und an Neuankömmlinge gerichtet. Gerade in der Hochsaison mit dem bestem Wetter, dass man sich vorstellen kann, mag sich so der ein oder andere wünschen, dem Klima und den Problemen in Deutschland den Rücken zu kehren. Für manche klingt das alles logisch, aber man muss sich manchmal wundern, welche falschen Vorstellung Leute manchmal haben (ich kenne das von meinem englischsprachigen Blog).

Was qualifiziert mich, hierüber Ratschläge und Hinweise zu erteilen? Also ich betreibe seit 1989 mit, um und in Kambodscha Geschäfte. Das fing in der Touristik, landläufig auch Reisebranche genannt, an und ging über Import/Export und freie Mitarbeit bei einem größeren ausländischen Investor, Besitz einer Kautschukplantage (ehemals 50 ha, nunmehr nur noch 10 ha) bis zum heutigen Betreiben eines sog. Boutique Hotels als Ruhestandsprojekt. Meine Verbindung zu Kambodscha kommt von meiner Freundschaft zu einem Khmer, den ich bereits damals 1989 kennengelernt habe und selbstverständlich wegen meiner Frau, die ich im Übrigen über meinen Freund kennengelernt habe.

In einem vorherigen Beitrag hat Don Kong ja bereits darauf hingewiesen, dass hier eine Arbeit als angestellter Mitarbeiter so gut wie nicht zu finden ist, es sei denn, man wird von Deutschland aus geschickt. Aber deutsche Firmen gibt es hier so gut wie nicht; es sind ein paar NGOs hier, vor allem die GTZ, die evangelische Kirche und Siemens natürlich. Wer hier aber auf Freiwilligenbasis arbeiten will, findet übers Internet genug Adressen. Vorsicht ist aber in jedem Fall geboten, da es unter den NGOs auch ein paar weniger koschere Organisationen gibt. Besonders die Waisenhäuser sind ziemlich in Verruf.

Da es in dieser Hinsicht nicht viel Möglichkeiten gibt, suchen Auswanderungswillige nach einem Geschäft, das man hier als Ausländer betreiben kann. Manche kommen als Rentner hierher und haben auf einmal die große Chance ihres letzten Lebensabschnitts. Da war vor gut 2 Jahren ein Rentnerehepaar, deren Weg hierher in der Sendung Hallo-Deutschland verfolgt wurde. Die beiden hatten eine Bäckerei in Deutschland, die sie wegen zu großem Konkurrenzdruck aufgeben mussten und glaubten dann, hier mit ihrer kargen Rente auszukommen. Die Frau fing als Beschäftigungstherapie dann prompt an, Kuchen zu backen, war damit erfolgreich und wurde schließlich auch im französischen Fernsehen erwähnt, was zu einer gut dotierten Anstellung in Siem Reap führte. Tolle Geschichte, aber eine unter hunderttausend.

Was kann man als Ausländer hier machen?

Auswanderer, die es in den Süden ziehen, egal, wo sie hingehen, denken da zunächst einmal an eine kleine Strandbar. In meiner langen Zeit in der Reisebranche habe ich solche Leute überall kennengelernt, ob in Spanien oder in Kenia - Bar, Restaurant, Imbissstube, das sind so die gängigen Geschäfte. Es ist ja an und für sich nichts falsch daran, aber ob es dann zum Überleben reicht, ist die andere Frage. Vielfach gibt es am jeweiligen Ort auch schon ein Überangebot.

Was nun Kambodscha angeht, so ist die Nachfrage nach deutschen oder deutschverwandten (schweizer oder österreicherischen) Lokalen begrenzt. Es gibt ein ganz gutes Schweizer Lokal in Phnom Penh und das andere bekanntere deutsche Lokal ging von selbst ein; einmal, weil der Mietvertrag nicht verlängert wurde und dann auch weil der gute Mann verstarb. Hier in Sihanoukville gibt es vielleicht eine Handvoll, wovon ich nur ein paar kenne. Eines ist schon wirklich lange hier (Bavaria) und ein weiteres, auch schon einige Zeit (Biergarten) und, die wie es scheint, erfolgreich tätig sind. Seit ein paar Monaten wurde das ergänzt durch den Beer Garden, der wohl vor allem wegen seiner Übertragung der Bundesliga favorisiert wird; objektiv kann ich das nicht beurteilen, da ich es noch nicht besucht habe.

Damit dürfte der Bedarf an deutschen Lokalen erschöpft sein. Der Schnitzelwirt hat nach dreijährigem Dahinsiechen aufgegeben und ist dem Vernehmen nach Deutschland oder Österreich zurückgekehrt. Ich weiß gar nicht, wann das Hofbräuhaus aufgehört hat zu existieren. Es machte mir von Anfang an jedoch nicht den Eindruck, als ob es lange vor allem wegen der Lage überleben würde. Die Wurstfabrikation war ja keine schlechte Idee, aber insgesamt als Geschäftsmodell wenig erfolgversprechend, was sich ja dann auch bewahrheitete.

In jedem Fall sollte man nicht Hals über Kopf hier einreisen und sich in ein solches Wagnis stürzen. Räume und Einrichtung sind hier schnell gefunden; normalerweise ist das auch noch preiswert. Je nach Lage kann man ein sog. Reihenhaus mit einem Stock, das für ein Lokal geeignet ist, für $350 bis $500 mieten. In besseren Lagen muss man da schon mit erheblich mehr rechnen. Serendipity geht schon in den 3000-Dollar-Bereich. Die Einrichtung ist billig, wenn man sich mit Rattanmöbeln begnügt. Gasherd und Kühlschränke können sogar gebraucht gekauft werden.

Mit der Eröffnung zum Beginn der Hochsaison kommen dann auch schon wahrscheinlich recht viele Gäste, aber sobald der Neuigkeitseffekt vorbei ist, wird es zunehmend ruhiger und in der Regenzeit kann man die Gäste dann schon wirklich zählen. Strom ist teuer und trotz ausreichender Versorgung gibt es immer mal wieder Ausfälle, d. h. man sollte sich schon einen Generator, auf schön deutsch auch Notstromaggregat, zulegen. Personal bekommt man schnell, aber von echtem Service haben die wenigsten was gehört. Wenn die Betriebskosten bezahlt sind, bleibt zum Leben nicht mehr viel übrig. Man braucht vielleicht keine weitere Miete, weil man über dem Lokal wohnt, oder Geld für die Verpflegung, aber nur für ein mickriges Taschengeld arbeiten wollen ja die wenigsten, nehme ich an.

In der Mehrheit gibt es hier ja englischsprachige Expats mit eigenen Lokalen. Da ist ein ständiges Übernehmen und Versuchen, es wieder abzustoßen. Anders ist es wohl auch nicht bei den deutschen Lokalen, auch wenn wegen der geringen Anzahl nicht so auffällig. Ich kann das allerdings nicht so ganz richtig beurteilen, da ich selten in ein deutsches Lokal gehe. Ich habe ja schließlich mein eigenes kleines Restaurant, wo ich auch deutsche Gerichte bekomme. Es gibt natürlich auch erfolgreiche Etablissements. Die sind meist an der Beach Road und Serendipity angesiedelt. Die machen einen enormen Barumsatz in der Hauptsaison und haben auch in der Regenzeit ihr Publikum. Monkey Republic, Led Zephyr, Mick and Craig´s beispielsweise. Auf den Inseln machen viele in der Hauptsaison auch nicht zuletzt wegen des Barumsatzes ihren Schnitt. In der Regenzeit schaut es da aber genauso trübe aus.

Wenn man sich dann dennoch entschließt, eins aufzumachen oder was besser ist, zu übernehmen, sollte man sich jedoch vergegenwärtigen, dass die meisten keine normale Buchführung haben. Viele arbeiten noch mit Eingangs- und Ausgangsbüchern, die man ja x-beliebig gestalten kann, sollte man den Wunsch haben, sein Lokal zu verkaufen. Dies gilt im Übrigen nicht nur für Restaurants/Bars, sondern für jegliche Geschäftsübernahme. Eine EDV-Buchhaltung sollte in jedem Fall vorhanden sein, sodass man den Wareneinstand mit den verkauften Speisen überprüfen kann. Heutzutage kann man in jedem Geschäft eine Quittung verlangen, sogar im traditionellen Markt. Wer keine und nur lückenhafte Buchhaltung hat, ist in meinen Augen suspekt. Betriebsprüfungen gibt es hier für Kleinbetriebe (noch) nicht, sodass die Buchhaltung wirklich für die Messung des Erfolgs wichtig ist. Sie muss in sich schlüssig sein. Es kann jedenfalls nicht schaden einen ortsmäßig erfahrene(n) Mann oder Frau zu haben. Auch wenn der Geschäftsverlauf der Vergangenheit keine Garantie für die Zukunft ist, so ist er doch ein wichtiges Beurteilungskriterium.

Anmieten von Geschäftsräumen

Beim Mietvertrag ist darauf zu achten, dass er mindestens so lange läuft, bis die Investition hereingewirtschaftet wurde; das kann je nach Geschäftsplan zwischen 5 und 10 Jahre dauern. In jedem Fall sollte eine Mindestlänge von 5 Jahren vereinbart werden. Die Kaution beläuft sich hier normalerweise für Lokalräumlichkeiten zwischen 3 und 6 Monatsmieten; manche Vermieter fordern ein Jahr, darauf sollte man sich jedoch nicht einlassen. Bevor man den Vertrag unterschreibt und die Kaution leistet, sollte man sich eine offizielle Übersetzung des Mietvertrags anfertigen lassen. Oftmals stimmt die Originalversion nicht mit der dazugelieferten Version in englischer Sprache überein.

Der Behördenkram gehört natürlich auch dazu. In jedem Fall benötigt man eine sog. Business License, die zwischen $60 und $120, je nach Betriebsgröße kostet. Für Kleinbetriebe ist eine Registrierung als Körperschaft (Corporation) wirklich nicht notwendig. Strom- und Wasserkautionen müssen geleistet werden. Hier schwankt die Höhe erheblich, je nach Verhandlungsgeschick und Betriebsgröße. Da die wenigsten außer ein paar Wörtern kein Khmer sprechen, kann es da leicht zu Problemen kommen. Andererseits kommen Neuankömmlinge ja meist über einen Agenten oder Makler auf das Geschäft oder die Mieträume.

Die Agenten kassieren meist 3 % vom Übernahmewert, die sich der Vermieter und der Mieter üblicherweise teilen, oder 1 Monatsmiete bei Vermietungen. Die streichen die Agenten meist ganz für sich ein. Diese Agenten übernehmen auf Wunsch den ganzen Behördenkram, kassieren dafür Provisionen oder Gebühren. Wenn man da nicht aufpasst, kann das erheblich sein. Insgesamt jedoch ist die Übernahme/Eröffnung eines Restaurants/Bar nicht allzu schwierig. Wie gesagt, ein ortskundiger Berater wäre von großem Vorteil.

Die Schwierigkeiten stellen sich beim Betreiben ein. Das Haus kann nicht ganz so stabil sein, wie es aussah und man hat ewige Reparaturen. Da ist vielleicht das Dach undicht; die Stromleitungen sind katastrophal und führen oft zu Bränden. Wasserleitungen sind oftmals minderer Qualität und es kann zu Rohrbrüchen kommen. Der Vermieter tritt für solche Reparaturen nicht ein, es sei denn, es ist im Vertrag festgelegt. Es ist auch schon passiert, dass der Vermieter sein Gebäude verkauft und der Käufer, den Mieter nicht haben will. Die sagen dann einfach, am nächsten Ersten muss das Haus geräumt sein - Mietvertrag hin oder her. Mann kann da natürlich gerichtlich dagegen angehen, aber das dauert und wenn der neue Besitzer genügend Kontakte hat, kann er sogar mit der Polizei anrücken. Alles schon passiert, also Vorsicht.

In jedem Fall ist der Traum vom langsameren Leben in tropischen Gefilden bald ausgeträumt, denn das Betreiben eines Restaurants ist ein Knochenjob, bei dem man 8 bis 10 Stunden im Laden steht, und wenn man keinen Ruhetag einlegt, 7 Tage die Woche. Die Vertrauenswürdigkeit des Personals ist auch nicht so gegeben. Das ist ja auch in Deutschland nicht anders und auch hier verschwindet so der eine oder andere Dollar in den Taschen der Mitarbeiter. Großes Geld ist in jedem Fall mal nicht zu verdienen. Wie gesagt, das Lokal populär zu machen ist das A und O; dazu gehören Gästebewertungen im Internet und Werbung vor Ort. Ein französischer Bekannter von mir hatte ein nettes, modernes Restaurant. Es bot leicht gehobene Küche und war eigentlich nicht teuer. Er hatte nur in der Trockenzeit offen. Zwei Saisons ging es, aber danach war aus. Es war einfach nicht rentabel.

(Fortsetzung folgt)

Bildquelle: http://thephnompenhkhmer.com


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