Der amerikanische Professor für Physiologe Benjamin Libet (1916-2007) löste eine neuzeitliche Diskussion über den “Freien Willen” aus. In seinem Libet-Experimente wies er nach, dass das menschliche Gehirn selbständig einen Entscheid fällt, bevor unser Bewusstsein sich entschließt, eben das zu tun.
Unsere hochgelobte Entscheidungsfreiheit scheint demnach sehr begrenzt zu sein. Es gibt wohl einen kleinen Spielraum. Aber Erziehung, kultureller Kontext, politische Meinung, eigenen Überzeugungen, finanzielle Mittel, Gesundheit usw. machen, dass wir sehr vieles, für was man sich auch entscheiden könnte, nicht einmal in Betracht ziehen!
Thomas Mann zeigt in seinen großen Romanen, wie seine Protagonisten halt genau diejenigen Werte haben, die in ihrer sozialen Klasse üblich sind, und dass daher ihr Handeln genau ihrer jeweiligen Norm entspricht.
Kürzlich habe ich folgenden Satz gelesen:
“Wenn ich Deine Gene hätte und in Deiner Umwelt aufgewachsen wäre, dann wäre ich Du.”
Ein banaler Satz eigentlich. Trotzdem lässt er mich aufhorchen: dann wäre ich nämlich nicht nur Du, sondern ich würde auch genau so entscheiden, wie du das jetzt tust.
Und ich würde mich in Deiner Rolle vielleicht sogar wundern, wie derjenige, der dann in meiner Haut wäre, handelt und denkt.
Vielleicht sind wir gar nicht so weit davon entfernt.
Im Haus am Fjord / 59cm x 40cm / Pastell auf Papier / 2005, Nr.05-018