Ein Konzept, das heutzutage als investigativer Journalismus durchgeht, wie die "Stern"-Reporterin Nina Plonka in einem
Enthüllungsstück beim "Stern" beweist. Hier geht es um "einen der führenden Islam-Hasser Deutschlands", der zum Glück "bald vor Gericht" stehen. Nina Plonka sagt: "Recht so". Und findet den Umstand, dass "im Internet um Spenden für seine Verteidigung gebettelt wird, grotesk".
So weit, so bescheiden anspruchsvoll. Wenn Frauen hassen, halten sie sich auch ohne genaue Werkkenntnis häufig ganz von selbst an Hitlers Propaganda-Richtlinien - wie Männer übrigens auch. Doch wenn Investigativreporter hassen, wird es schnell schlimmer, wie Nina Plonka beweist, indem sie versucht, den "führenden Islam-Hasser Deutschlands", der "Michael Mannheimer" (Foto oben, mit stieren Augen) genannt wird, in "zwei Worten" zu beschreiben. Diese zwei Worte sind streng subjektiv und lauten "hochgradig unangenehm". Klingt weniger nach objektivem Journalismus als nach Schmierblatt. Aber Plonka hat eben erst angefangen, sich eine Art Wutrausch aus den Finger zu tippen.
"Seine hasserfüllte, propagandistisch-verdrehte Sicht auf den Islam, die stierenden blauen Augen mit den winzigen Pupillen, sein wulstiger Hals unter dem haarlosen Kopf, seine aggressiven Handbewegungen, all das ruft tiefe Abneigung hervor", schreibt sie stellvertretend für das ganze deutsche Volk, das bekanntlich "nicht aus lauter vernünftigen Urteilsfähigen, sondern aus ebenso schwankenden wie zu Zweifel und Unsicherheit geneigten Menschenkindern" besteht.
Der Text, für den sich Plonka mit Mannheimer traf, hieß später „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ und es lässt sich denken, wer hier die offene Gesellschaft vertrat. Es war Nina Plonka, die ganz genau ihrer Tätigkeitbeschreibung nachgeht: "Sie hat nicht objektiv auch die Wahrheit, soweit sie den anderen günstig ist, zu erforschen, um sie dann der Masse in doktrinärer Aufrichtigkeit vorzusetzen, sondern ununterbrochen der eigenen zu dienen."
Eine Arbeit, die lässig mit der halben Wahrheit auskommt, weil es auf den Rest nicht ankommt, wenn Hasser Hasser hassen. Weil Mannheimer "grundsätzlich Islam und islamistisch gleichsetzt und der rechtsgerichtete Internetseiten verteidigt, die zum bewaffneten Widerstand gegen Menschen mit anderen Ansichten aufrufen" nehme sich das Amtsgericht Heilbronn den Mann nun vor, frohlockt das schreibende Standgericht, das in seinem Schaffenprozess längst schon keinen Konjunktiv mehr braucht. Schuldig ist, wen das "Gericht sich vornimmt", ganz ohne Ansehen der Person, wenn diese "hochgradig unangenehm" ist.
Leider nehmen "die Rechtspopulisten um Mannheimer so etwas nicht einfach kommentarlos hin", beklagt die 31-Jährige, die "seit der Gründung des Teams Investigative Recherche" für den "Stern" Aktenrecherche betreibt. Frech und wahrscheinlich auch mit "stieren blauen Augen" sähen die längst schuldig gesprochenen Rechtspopulisten "die Verbreitung ihrer kruden Weltsicht in Gefahr". Weshalb sie nun, und das ist mehr als ungeheuerlich, "das angebliche Unrecht, das man einem der ihren antut", auf einer "Internetplattform" kritisieren.
Ja, wo leben wir denn? Kann hier inzwischen jeder wie er will? Wie kann es sein, dass die Anhänger Mannheimers jetzt "im Netz um Spenden für einen Mann betteln", einen Mann, "der seinen tatsächlichen Namen nicht preisgeben will und nur von hinten fotografiert werden möchte" (Plonka)?
Vermutlich soll niemand seine stieren blauen Augen sehen. Wobei Nina Plonka seltsamerweise befürchtet, dass der Prozess, in dem der hochgradig unangenehme Mann mit dem wulstigen Hals, dem haarlosen Kopf und den aggressiven Handbewegungen demnächst auftreten wird, zur "idealen Bühne für die öffentliche Ausbreitung der intoleranten Weltanschauung" werden könne. Erfreulicherweise lebt Nina Plonka auch hier Toleranz vor. Sie akzeptiert, dass ein öffentliches Verfahren nicht zu vermeiden ist, nachdem sich Mannheimer geweigert habe, einen Strafbefehl anzuerkennen. Nun werde das Gericht aber "hoffentlich feststellen, was die Staatsanwaltschaft in den Gedanken des Islam-Hassers bereits erkannt hat: stumpfe Volksverhetzung", schreibt die Schreibtisch-Reporterin.
Hier am Schluss findet der Leser also doch noch die investigative Enthüllung, die über die Beschreibung körperlicher Merkmale hinausgeht: Gedanken stehen hier vor Gericht. Das hatten wir auch lange nicht.