Wenn Grube eine Grube gräbt...

Von Lutz Hausstein
… muss er sich damit nicht zwangsläufig für die Tieferlegung eines Bahnhofs qualifizieren. Stattdessen sollte er vielmehr tunlichst darauf achten, nicht Hals über Kopf in die Tiefen seiner eigenen Baugrube hineinzustolpern.
Wenn nun der Bahnchef Rüdiger Grube den Grünen von Ministerpräsident Kretschmann „Volksverdummung“ und „Wählertäuschung“ vorwirft, betritt Grube unsicheren Baugrund, der ihm selbst unter den Füßen wegzubrechen droht. Sein Kritik gründet darauf, dass die Verträge zum Bau des Tiefbahnhofs „Stuttgart 21“ so verfasst worden seien, dass ein Ausstieg daraus praktisch unmöglich wäre. Dies sei den Grünen von Beginn an bekannt gewesen sei, so Grubes Vorwurf.
Folgt man jedoch Grubes Logik, bemerkt man zunehmend, wie dessen eigene Füße im schlammigen Untergrund versinken. Sofern man den Grünen diesen Vorwurf berechtigt entgegenhalten kann, besaßen diese das Wissen darüber jedoch keineswegs exklusiv. Gleiches müsste einer SPD wie auch einer CDU vorgehalten werden. Wie ließe sich dieses Wissen über die Unabänderlichkeit des Vertrags aber mit der Einberufung einer überparteilichen Schlichtungskommission unter der Leitung des Ex-CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler vereinbaren, deren Ende immer als ergebnisoffen dargestellt wurde? Sollte demzufolge diese Schlichtung nur öffentlichkeitswirksam den Anschein erwecken, dass sachorientiert nach der objektiv besten Lösung gesucht werde, die auch eine Ablehnung des Tiefbahnhofs ermöglicht hätte? War dann die über Wochen im Fernsehen übertragene Diskussionsrunde nicht, wie von vielen Kritikern schon von Beginn an bemängelt, eine einzige PR-Show, um den Schein einer Basisdemokratie aufzubauen?
Über den so schon halb im Morast eingesunkenen Grube bricht nun jedoch die eigens aufgestellte und mühevoll abgedeckte Grube vollständig herein. Waren die Umstände der Verträge allen politischen Parteien bekannt, so ist es schlicht unmöglich, dass dies ausgerechnet der direkte Vertragspartner, die Deutsche Bahn, nicht gewusst haben kann. Weshalb teilte der Chef der Deutschen Bahn diese Kenntnisse nicht schon vor einem halben Jahr der Öffentlichkeit mit? Warum entsandte Grube gar zu den öffentlich übertragenen Schlichtungsgesprächen mit seinem Technikvorstand Volker Kefer einen eigenen Vertreter, wenn schon damals feststand, dass es aufgrund der Verträge nur zu einem Weiterbau des Tiefbahnhofs kommen könne?
Grube bestätigt mit diesen Äußerungen nur, was eine Vielzahl der Kritiker immer wieder betont hatte. Die medienwirksam inszenierte Schlichtung kannte von Beginn an nur ein Ergebnis: den Weiterbau von „Stuttgart 21“. Die vermeintliche Ergebnisoffenheit sowie die Bestellung des sich als kritischer Konservativer gerierenden Heiner Geißler als Schlichter sollte der Bevölkerung nur Sand in die Augen streuen und ihr den Eindruck vermitteln, dass ihre machtvolle und fachlich fundierte Kritik ernst genommen würde. Doch weder eine demokratische Teilhabe der Bevölkerung noch eine sachliche Auseinandersetzung nach inhaltlichen Kriterien waren von Beginn an gewollt und geplant. Die Entscheidung war schon längst gefällt – sie musste nur noch verkauft werden.

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