Wenn einer anfängt, verändert sich die ganze Welt!

Von Wernerbremen


Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Günter Haubold erzählen:

„Teufelskreis der schlechten Laune“

„Ilse und Bernhard zanken sich.
Ilse sagt zu Bernhard: „Du bist doof!“
Bernhard sagt: „Und Du bist eine Ziege!“
„Und Du hast einen Vogel mit Brille!“, entgegnet Ilse.
„Du bist ein dummes Kamel“, antwortet Bernhard.

Großmutter Kull sitzt im Garten. Sie hört, wie sich die beiden zanken.
„Hört auf mit dem Streit“, sagt sie, „sonst geht es Euch so wie dem Milchmann.“
„Was für ein Milchmann?“, fragt Bernhard.

www.badische-zeitung.de

„Kennt Ihr die Geschichte nicht?“, fragt Großmutter Mull.
Ilse und Bernhard sagen nein.
„Dann hört mal zu“, sagt Großmutter Mull.

"Es waren einmal ein Milchmann und eine Milchfrau.
Sie hatten auch einen Sohn, der hieß Emil. Und alle drei vertrugen sich gut.
Eines Nachts hatte die Milchfrau schlecht geträumt.
Als sie aufwachte, hatte sie ganz schlechte Laune.
Sie ging in den Laden. Da sah sie, wie der Milchmann ein wenig Milch verschüttete.
Sie schrie: „Kannst Du nicht besser aufpassen, Du Tolpatsch! Und Du willst Miclhmann sein?“

Nun hatte der Milchmann auch schlechte Laune.
Da machte die Ladentür „klinggelingeling“ und die Lehrersfrau kam in den Laden.
Sie sagte fröhlich: „Guten Morgen!“ „Morgen“, brummte der Milchmann, denn er hatte ja schlechte Laune, dann bediente er die Lehrersfrau und sagte: „Macht eine Mark zwanzig.“

Die Lehrersfrau gab dem Milchmann einen Fünfzigmarkschein.
Da brüllte der Milchmann: „Ich bin doch kein Wechselautomat! Lieber trinke ich meine Milch alleine.“

Oh, wie sich die Lehrersfrau aufregte. Ihr Hals war ganz rot, als sie den Laden verließ.
Jetzt hatte sie auch schlechte Laune.
Zu Hause saß der Lehrer am Frühstückstisch. Er wartete auf die Brötchen. Er war ein bisschen nervös und trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte.
Da zischte seine Frau ihn an:
„Hier ist doch kein Schützenfest, dass Du dauernd trommeln musst. Und Du willst Lehrer sein?“
Da war der Lehrer wütend, Er sprang auf und rannte in die Schule.
Oh, was hatte er für eine schlechte Laune!
In seiner Klasse saßen dreißig Schulkinder. Eines der Kinder ist Emil, der Sohn des Milchmanns.
Die Kinder schrieben einen Aufsatz. Emil war fast fertig, da machte er einen dicken Tintenklecks.
Als der Lehrer das sah, donnerte er los: „Du Schmierfink, Du Dreckspatz, Du Unglücksrabe!“
Da klingelte es und Emil ging nach Hause. Er war wütend. Emil hatte eine Stinklaune.
Zuhause begegnete er seiner Mutter, der Milchfrau.
Die hatte inzwischen wieder gute Laune. Sie sagte zu Emil: „Warst Du auch schön artig? Hast Du den Lehrer auch nicht geärgert?“

Emil sah seine Mutter an. Er schluckte einmal und noch einmal.
Dann sagte Emil: „Ich…“

Großmutter Mull hörte auf zu erzählen.
„Erzähl weiter, Großmutter Mull“, sagte Bernhard, „wie geht die Geschichte zu Ende?“
Und  sie erzählte weiter: „Emil schluckte seine schlechte Laune einfach hinunter. Dann lachte er und sagte: „Ich habe vielleicht einen Hunger!“ Wie klug der Junge war! Wäre er nicht so klug gewesen, müsste meine Geschichte wieder von vorn beginnen.“


Ihr Lieben,

ich gebe zu, es handelt sich bei dieser Geschichte um eine Geschichte für Kinder. Auch ist diese Geschichte ein wenig alt.

Wer von unseren Kindern oder Enkelkindern weiß heute noch, was ein Milchmann ist oder ein Milchladen. Ich erinnere mich noch genau daran. In diesen Läden gab es in den 1950er Jahren eigentlich nur wenig zu kaufen, vor allem Milch, Quark, Sahne, Butter und in bescheidenem Maße Süßigkeiten, hinter denen wir Kinder sehr her waren.

www.gelsenkirchner-geschichten.de

Aber wenn wir diese Geschichte aufmerksam lesen, dann entdecken wir bemerkenswerte Parallelen zu unserem Alltag. Es ist doch eigentlich erschreckend, welche Folgen es hat, wenn nur ein Mensch schlechte Laune hat und diese an anderen Menschen auslässt. Das kann sich dann fast unendlich fortsetzen.
Wenn wir Gutes in dieser Welt bewirken wollen, wenn wir etwas in dieser Welt verändern wollen, dann müssen wir aus diesem Teufelskreis des Reagierens ausbrechen.
Natürlich gibt es Zeiten, in denen wir traurig sind oder sogar schlechte Laune haben.
Dann sollten wir uns auch nicht zu einer künstlichen Fröhlichkeit zwingen.

Aber es darf nicht geschehen, dass Menschen, die uns gar nichts getan haben,
unter unserer schlechten Laune leiden müssen.

Wir sollten uns das immer wieder bewusst machen und dann wie der Junge in unserer Geschichte zwei Mal schlucken und dann dem anderen Menschen, der nichts für unsere schlechte Laune kann, mit Freundlichkeit und Liebe begegnen.
Anschließend können wir unsere schlechte Laube ja weiter pflegen. Aber in den meisten Fällen wird das gar nicht nötig sein, denn mit anderen Menschen fröhlich umzugehen, macht selber fröhlich.

Ich wünsche Euch eine gute Nacht und morgen einen richtig gut gelaunten Tag mit ganz viel Freude in Eurem Herzen

Quelle: Astrid Müller



Euer fröhlicher Werner aus Bremen

Quelle: Karin Heringshausen