Wenn Ehefrauen zu Mörderinnen werden

Von Nicsbloghaus @_nbh

20 Minuten online:  von Omid Marivani

Der Iran verzeichnet eine steigende Zahl von Frauen, die ihre Ehemänner ermorden – aus Verzweiflung über ein Rechtssystem, das sie systematisch benachteiligt.

Gerichtsurteile gegen Frauen, die ihre Ehemänner ermordet haben sollen, waren einst eine Seltenheit im Iran. Heute sind diese Geschichten so alltäglich, dass sie – zumindest dort – kaum noch Aufmerksamkeit erregen. Fälle wie das Steinigungsurteil gegen Sakineh Mohammadi Ashtiani, das im Westen hohe Wellen schlägt, sind die Ausnahme. «Die Alltäglichkeit mordender Ehefrauen ist ein neues Phänomen im Iran», sagte ein iranischer Anwalt, der anonym bleiben wollte, gegenüber «Mianeh», einem iranischen Nachrichtenportal. «Ich kann mich kaum an solche Fälle in den vergangenen 30 oder sogar 20 Jahren erinnern.»

Genaue Statistiken sind kaum verfügbar, aber die Sozialforscherin Samira Kalhor hat die Berichterstattung über solche Fälle im Jahr 2007 analysiert und Folgendes entdeckt: 22 Prozent aller Familienmorde entfielen auf Frauen, die ihre Ehemänner umbrachten, 27 Prozent auf Männer, die ihre Ehefrauen umbrachten. Diese Zahlen berücksichtigen keine Fälle, in denen die Frau als Komplizin verurteilt wurde, was offenbar ein häufiges Phänomen ist.

Früher vor allem «Ehremorde»

Schahla Moazzami und Mohammad Aschuri, zwei Professoren an der Universität Teheran, haben eine der wenigen Studien zu diesem Thema durchgeführt. Sie fanden heraus, dass bei der Tötung von Ehemännern nur ein Drittel der Verbrechen von den Ehefrauen selbst begangen wird. In den übrigen Fällen war eine Drittperson involviert, die in ihrem Auftrag handelte. Oft handelte es sich dabei um Männer, die eine Affäre mit den Frauen hatten. Aschuri sagte gegenüber der iranischen Tageszeitung «Hamschahri», dass Frauen im Iran wenig Verbrechen begehen, mit Ausnahme von Mord.

Das ist eine bedeutende Verschiebung innerhalb der iranischen Gesellschaft, wo traditionell so genannte «Ehrenmorde» vorherrschten: Artikel 630 des iranischen Strafgesetzes erlaubt einem Mann, sowohl seine Ehefrau als auch ihren Liebhaber zu töten, wenn er sie in flagranti erwischt. In der Realität begehen Männer «Ehrenmorde» vor allem aus Eifersucht und Argwohn – oder einfach um die Ehe zu beenden. Wenn Frauen ihre Ehemänner töten, geschieht dies laut den verfügbaren Daten in zwei Drittel der Fälle aus Rache für deren Untreue.

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