Vor Kurzem hab ich per whatsapp einen Link zu diesem Artikel geschickt bekommen, in dem Jesper Juul sich endlich über die Mediennutzung äußert. Ich habe ihn ignoriert und ziemlich barsch geantwortet, dass ich dafür keine Zeit habe und widmete mich wieder den interessanten Gesprächen auf Twitter - während meine Kinder neben mir spielten, kreischten, lachten, weinten, jammerten, aßen. Ich nahm sie in den rechten Arm, während die linken Hand und die Augen weiter den Buchstaben und Texten auf dem Bildschirm folgen - die Sekunden, Minuten, Stunden zogen dahin und ich fand kein Ende, weil es doch gerade so interessant war, der Austausch mit den Menschen hinter den Profilen, von denen man immer mal wieder etwas mitbekommt über Tweets und Fotos, Anekdoten, Blogartikel, Bilder, Geschichten, Erlebnisse, Erfahrungen, verweifelte Hilferufe, Freude, Angst, Traurigkeit, Spaß, Lustiges, Ernstes, Spannedes. . Ich meinte die Menschen hinter den Profilen zu kennen, zu mögen, für wichtig zu nehmen - und schwupp, auf einmal teilt da jemand den Artikel, den ich vorher per whatsapp geschickt bekommen habe und dem ich keine Bedeutung, keine Aufmerksamkeit geschenkt habe. Wie verrückt ist das? Jemand, der mir so wichtig ist, dass meine Handynummer bekannt ist, über die wir bei whatsapp in Kontakt sind, bekommt eine plumpe Antwort und keine weitere Beachtung, während ich auf Twitter auf einmal aufmerksam werde, wenn der Artikel in meine Timeline schwappt. Wenn ich ihn nun schon zweimal in mein Sichtfeld gespült bekomme, muss ich ihn doch mal lesen, diesen Artikel über Smartphones auf der Familieninsel - und dass sie dort eben nix zu suchen haben.
Und irgendwas hat er in mir ausgelöst, ich dachte immer wieder darüber nach, wie nebensächlich meine Kinder, mein Mann, mein Umfeld, die Wohnung, der Haushalt, die Menschen, denen ich begegne, die meine Handynummer haben und mir über whatsapp schreiben, geworden sind, weil ich in meiner Timeline von über 1000 Followern doch immer eine Frage zum Beantworten oder eine Antwort zum Erfragen finde. Bei Twitter gibt es immer irgendjemanden zu jeder Tages- und Nachtzeit, der eine mehr oder weniger hilfreiche Antwort auf eine mehr oder weniger schlaue Bemerkung von mir zu bieten hat. Und ehrlich gesagt hat es mich geschockt, traurig, verzweifelt und nachdenklich gemacht, wie viel Aufmerksamkeit mich Twitter und Facebook gekostet hat und wie diese bei dem Wichtigsten, was ich habe, abgezogen wurde - meinen Kindern.
Nicht dass Ihr das jetzt falsch versteht: Jeder einzelne Follower und Like hat mich stolz gemacht. Als ich die 1000 Follower bei Twitter überschritten habe, wusste ich selbst nicht, wie ich das in weniger als 3 Jahren schaffen konnte und wie mich so viele Menschen mögen können. Mögen? Ist das überhaupt das richtige Wort?
Auf der denkst habe ich einige davon selbst kennen- und schätzen gelernt, die mir sehr ans Herz gewachsen sind und die ich am Liebsten alle in meinem direkten Wohnumfeld hätte, um sie besser kennen zu lernen. Ja, kennenlernen - das möchte ich Euch, so richtig im echten Leben, wie früher - nicht über den Blog und über Artikel, die Momentaufnahmen des täglichen Lebens beschreiben, sondern in Echt - von Angesicht zu Angesicht - mit Haut und Haaren - die echte Stimme hören, nicht die Worte lesen, die ich beschönigen oder auch mit Sarkasmus und Humor spicken kann, um die Realität zu verwischen oder behelligen.Nach ein paar schlaflosen Nächten und meiner verzweifelten Situation, in der ich weder Ein noch Aus wusste, was ich noch versuchen sollte, um die Kleine ohne Schreien an die Tagesmutter zu gewöhnen, hab ich einfach die Reißleine gezogen und meine Accounts deaktiviert und an die Menschen hinter den Profilen, die mir besonders wichtig sind, folgende E-Mail geschrieben:
Durch Twitter seid ihr mir ans Herz gewachsen und deswegen möchte ich "nicht einfach so..." von der Bildfläche verschwinden sondern euch erklären bzw. darüber informieren, dass ich zwar nicht ganz weg, aber nicht mehr so präsent bin. Mir wächst das alles über den Kopf und das ganze online-leben nimmt zu viel Raum und Zeit ein, dass ich den Eindruck habe, meine Kinder haben nicht genug von mir. Schon im sogenannten Real Life bin ich oft nicht stark genug, nein zu sagen und mich auf das wirklich wichtige zu konzentrieren. Wenn dann noch Facebook und Twitter dazu kommen, die gefühlt nie still stehen und mehr Themen und Gespräche bieten als ich jemals lesen kann, überfordert mich das. Ich habe die 1000-Follower-marke bei Twitter geknackt, was mich sehr freut. Und doch ziehe ich die Reißleine, weil mir das einfach zu groß wird. Twitter und Facebook habe ich deaktiviert und nun 30 Tage Zeit, meinen Alltag neu zu sortieren und mich auf mich und meine Mädels mit allem, was dazu gehört, zu Konzentrieren. Danach werden meine Profile endgültig gelöscht. Ihr seid mir durch eure Blogs, Begegnungen, Nachrichten und vor allem als Mensch hinter dem Profil ans Herz gewachsen und ich werde weiterhin eure Blogs lesen und in meiner Blogroll behalten. Ich würde mich freuen, wenn Ihr auch ab und zu vorbei schaut. Mein Blog bleibt bestehen, nur der Inhalt ändert sich etwas, denn ich schreibe ihn jetzt nur noch für mich - als Erinnerung und zum Nachlesen und Erfahrungen festhalten, vielleicht auch ab und zu was Hilfreiches, wenn ich irgendetwas herausgefunden habe, was vielleicht auch andere interessieren könnte. Es wird noch einen letzten Kooperations-Artikel geben, zu dem ich mich verpflichtet habe. Vielleicht irgendwann später mal die eine oder andere Buch-Rezension, dann aber nur über Bücher, die mich wirklich interessieren - ich freue mich schon so sehr auf das Buch vom Wunschkind-Blog, das wahrscheinlich (hoffentlich) dann mein Alltags-Rettungs-Anker wird, so wie der Blog jetzt auch schon ist. So manche Unsicherheit konnte mir darüber vertrieben werden. Ich wünsche Euch mit Euren Blogs und auf den Social Media-Kanälen sowie auch und in allererster Linie im Real Life mit Euren Lieben ganz viel Freude und Erfolg und dass Eure Wünsche und Ziele erreicht werden. Sollte jemand nach mir fragen, dürft Ihr gern auf meinen Blog verweisen, denn darüber bin und bleibe ich erreichbar. Ich denke Euch für den netten Austausch, die Kommentare, Nachrichten und alles, was ich von Euch lesen durfte. Bis bald. Herzlich, Eure Reni
Ihr habt mir gefehlt und immer wieder kam ich in die Versuchung, auf mein Handy zu schauen und den Twitter-Button zu suchen - und nicht zu finden. Und immer wieder habe ich mir dann ins Gedächtnis gerufen: Die Kinder sind da und das Wichtigste! Also legte ich das Handy wieder weg und wir hatten wirklich eine gute Zeit zusammen - wir spielten, kreischten, lachten, weinten, jammerten, aßen - ja, natürlich hatten wir auch einige Termine und Erledigungen zu tun, aber eben gemeinsam und mit Spaß und voller Aufmerksamkeit von mir. Das hat uns allen sehr gut getan. Meine Gedanken sortierten sich, meine Sorgen wurden weniger, ich sammelte mich und hatte wieder genug Aufmerksamkeit für meine Kinder. Ich bin froh und dankbar für dieses Umdenken, das stattgefunden hat - durch diesen einen Artikel und die Problematik der Eingewöhnung der Kleinen, über die ich auch noch einen Artikel verfassen werde.
Ich bin also wieder da bzw. bleibe bei Twitter und Facebook und werde auch den Blog so weiterführen wie bisher. Ich werde mich wieder bzw. weiterhin auf meine Kinder und das konzentrieren, was mir wichtig ist. Wenn dann noch Zeit bleibt, werde ich mich online sehen und von mir hören lassen. Das wird vielleicht etwas seltener sein und ich werde mich nicht mehr an jeder Diskussion (besonders nicht an denen, die mich eher aufregen als mir hilfreich sind - und leider gibt es davon aktuell einige) beteiligen, aber Ihr dürft Euch sicher sein, dass ich in der Zwischenzeit im Real Life Freude habe und trotzdem von Euch etwas mitbekomme. Zuhören / Lesen ist ja meist viel wichtiger als Reden / Schreiben - sowohl im echten Leben als in der Online-Welt. Es wäre schön, wenn es mir (und Euch, wenn Ihr möchtet) gelingt, einige von Euch wiederzusehen oder kennenzulernen bei den anstehenden Bloggertreffen, um Online- und Real Life miteinander zu vereinbaren.