Wenn der Verstand bremst – die Psychologie des Laufens

Wenn der Verstand bremst – die Psychologie des Laufens Positive Einstellung ist gefragt! Sieht man sich nämlich in der Lage, ein Ziel zu erreichen, so wird man es wahrscheinlich auch schaffen. Das ist schon mal klar! Man braucht aber nicht nur die Motivation und die positiven Gedanken, sondern immer wieder auch eine Bestätigung, dass man es schaffen kann. Das kann aber auch nach hinten los gehen – heute ein paar Situationen, wie dich dein Verstand langsam macht.
Wenn man einmal den Schweinehund besiegt hat, dann läuft’s eigentlich von alleine. Und wenn’s einmal richtig läuft, dann kann man durch nichts gebremst werden! Außer vom eigenen Kopf! Denn immer wieder sehe ich, wie man sich durch negative Gedanken in die Knie zwingt. Schlechte Trainings- und Wettkampfergebnisse bestätigen die miese Form, auch wenn es objektiv keinen Grund für die schlechte Leistung gibt. Ich möchte heute ein paar Gefahrenquellen präsentieren, die ich in meiner Praxis immer wieder miterlebe.

Leistungseinbußen in kurzer Zeit 

Die Hausstrecke wird bekannterweise regelmäßig gelaufen und man bekommt sehr oft eine Rückmeldung, wie die Form ist. Manchmal passiert es jedoch, dass die gewohnte Strecke auf einmal ungewohnt anstrengend wird. Vergleicht man die Zeiten, so kann es schon passieren, dass der Pace für dieselbe Strecke mit ähnlichem Puls um 15 bis 30 Sekunden langsamer ist. Es hat den Anschein, dass man von einem Training aufs andere um eine halbe Minute langsamer geworden ist! Gibt man dieser Verschlechterung nämlich eine zu große Bedeutung, glaubt man tatsächlich, dass man schlechter geworden ist.

Meine Tipps:

  • niemand wird in einer Woche um Welten schlechter, außer er ist davor einen Marathon gelaufen
  • forsche nach, was die Gründe für diesen Ausreißer sein könnten (Temperatur, Schlafqualität, Ernährung, Stress,…)
  • ist es tatsächlich eine Verschlechterung? (falsche Aufzeichnung von Puls/GPS)
  • ist diese Verschlechterung stabil – wie fühlt es sich das nächste Mal an? 

 

Testläufe bestätigen schlechte Form 

Wenn du nämlich die oben angeführten Punkte befolgst, dann kann sich schon das nächste Problem einschleichen – ein zu vieles Nachdenken und Analysieren! So interessant auch meine im Training eingesetzten Testläufe sind, so gefährlich können sie bei der Analyse sein. Hat man nämlich einen kurzfristigen Einbruch, so ist man viel sensibler und die Trainingsdaten werden aufmerksamer und intensiver bewertet. Das kann eine Negativspirale auslösen:

  1. Ergebnisse werden als „Verschlechterung“ interpretiert
  2. bei der nächsten Trainingseinheit läuft’s wieder nicht gut
  3. ein Testlauf soll die Form überprüfen
  4. die Erwartungshaltung vor dem Testlauf steigt
  5. wenn dieser Testlauf wieder schlecht ist, dann bin ich in einem Übertraining
  6. und der Testlauf ist tatsächlich schlechter… 

Jedes negative Trainingsergebnis wird wie so oft mehr bewertet als ein positives. Es verankert sich leichter im Kopf und geht nur schwer wieder raus. Lass diese negativen Gedanken gar nicht in deinen Kopf hinein und du wirst ohne Probleme dein Ziel erreichen!

Meine Tipps:

  • mach derartige Testläufe nicht zu oft – einmal im Monat ist ausreichend
  • bewerte die Herzfrequenz neutral, auch wenn einmal ein schlechteres Ergebnis gelaufen wurde
  • lauf in dieser Zeit öfters ohne Pulsmessung, dann fehlt dir die Rückmeldung
  • laufe einen Wettkampf! Maximalbelastungen sind stabiler als submaximale Belastungen 

 

Zu früh am Höhepunkt 

Doch auch Wettkämpfe können ein psychisches Formtief verursachen. Jeder kennt das Gefühl nach einem großen Wettkampf, wenn man in ein Motivationsloch fällt. Das ist auch normal und gehört zum „Abtrainieren“ dazu. Gefährlicher für den Trainingsaufbau hingegen ist ein Trainingswettkampf, der einen zu hohen Stellenwert hat. Mit einem Trainingswettkampf möchte man ja die aktuelle Form auf einer Unterdistanz unter Wettkampfbedingungen überprüfen. Dieses Ergebnis ist teilweise auch mitentscheidend für die Erreichung des eigentlichen Hauptziels.
Wenn ich zum Beispiel einen 10km-Lauf unter 45:00 Minuten laufen möchte, dann wäre es gut, wenn ich 5km bereits um die 21:00 Minuten laufen kann. Geht man bei diesem Testlauf unter Wettkampfbedingungen mit der Einstellung an den Start, dass man die Unterdistanz schaffen muss und es das einzige und wichtigste Ziel ist, kann man dem Körper das Gefühl geben: wenn ich diese Zeit laufen kann, dann hab ich’s für diese Saison geschafft. Die Höchstform kann so bereits Wochen vor dem eigentlichen Ziel erreicht werden und er Körper baut frühzeitig ab.

Meine Tipps:

  • bereite dich für Trainingswettkämpfe nicht speziell vor
  • lauf mehrere Wettkämpfe aus dem Training heraus
  • gib bei den Trainingswettkämpfen zwar alles, vergiss aber nicht das eigentliche Hauptziel 

 

Motivation kann bremsen 

Extreme Motivationsschübe sind immer gefährlich. Viele Läufer haben nämlich nicht zu wenig Motivation, sondern zu viel davon! Wie schon in einem der letzten Berichte erwähnt, passieren gerade in jenen Phasen, in denen der Sportler die größte Motivation hat, auch die größten Trainingsfehler und verletzen sich.
Doch nicht nur eine Verletzung kann uns (gezwungenermaßen) in die Knie zwingen, sondern auch die immer wiederkehrende positive Rückmeldung des Körpers: „ich bin zu allen in der Lage, ich bin unverwüstlich“! Dadurch steigt wiederum die Erwartungshaltung und der Kreislauf beginnt wieder von vorne!

Meine Tipps:

  • lass die überschüssige Motivation bei Alternativsportarten aus
  • plane gezielt Erholungswochen ein, auch wenn du mehr laufen möchtest
  • begeistere andere (noch nicht) Läufer und übertrage die Motivation – so haben mehrere was davon :-)

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