Ein kleiner Tausendsassa
Hat man Kinder, die vieles gerne tun und dies nicht einmal so schlecht, gerät man rasch unter Verdacht, zur Sorte ambitionierter Eltern zu gehören, welche sie zum eigenen Verwirklichungsprojekt machen und sie im Förderwahn durch die verschiedensten Arten von Disziplinen jagen und zu Bestleistungen prügeln. Dem ist aber nicht immer so.
Die Kinder können anfänglich einfach nur in die Schule gehen und vielleicht noch ein Tschutti- und ein Schwimmtraining besuchen. Mit der Klasse nehmen sie dann zum Plausch an den Vorausscheidungen für den schnellsten Züri-Hegel teil. Dummerweise qualifizieren sie sich, und weil sie alles so lustig finden und auf ihre Leistung natürlich auch etwas stolz sind, gehts dann weiter in die nächsten Runden. Das Einmaleins sitzt gut, die Freude am Rechnen ist gross, und schon sitzen die Kinder in der Mathi-Gruppe und bereiten sich auf die Mathi-Olympiade vor. Weil sie auch das spannend finden und neugierig sind, wies weitergeht, bleiben sie am Ball. Im Instrumentalunterricht schlägt man ihnen den Stufentest vor, und weil sie diesen ganz ordentlich bestehen, erhalten sie gleich eine Empfehlung zum Besuch eines Intensivprogramms. Gleichzeitig flattern die Anmeldungen für den Schülergarten ins Haus, und weil es letztes Jahr so lässig war, möchten die Kinder auch diese Saison gärtnern. Oder aber ins Judo gehen oder gar Skateboard fahren, weil die Ferienkurse so Spass gemacht haben. Und dann kommt vom Schwimmen auch noch die Frage, ob die Teilnahme am schnellsten Züri-Fisch etwas wäre…?
All die Geister, die auf den Plan gerufen wurden, wird man so schnell nicht wieder los. Und es waren nicht die Eltern, die sie heraufbeschwört haben.
immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich
Habt ihr auch Kinder, die vieles gerne tun? Sind bei euch auch schon Steine einfach so ins Rollen geraten? Hat man euch auch schon verdächtig, “Förder-Wahn-Eltern” zu sein?